Verschwörungstheorien auf dem Vormarsch

Hinweis: Das ist kein Text für Leute, die Ihre Vorurteile von der Corona-Diktatur bestätigt wissen wollen!

Derzeit erleben Verschwörungstheorien eine Renaissance. Als jemand, der sich schon seit vielen Jahren in der Industrial-Szene bewegt, bin ich mit allerhand kruden Vorstellungen vertraut, hatten doch die Begründer des Genres eine Freude daran, mit solchen Versatzstücken zu spielen. Nazi-Ufos, Hohlerde, Aldebran, Area 51 – um nur einige Stichworte zu nennen. In den 1990ern populär war auch ein gewisser Erich von Däniken, der alternative Erklärungen für historische Ereignisse gab; nicht selten spielten dabei Außerirdische eine entscheidende Rolle. Manches davon war interessant, anderes nur albern. Als ausgebildeten Chemiker und damit Naturwissenschaftler faszinierte mich an den Geschichten vor allem, wie weit manche Anhänger dieser Theorien gingen. So wurde zu den Nazi-Ufos gleich mal eine alternative Physik dazu geliefert. Bei den Erklärungen zur Anti-Gravitationskraft bin ich dann aber ausgestiegen.

Verschwörung ist nicht gleich Verschwörung

Vieles, von dem da geraunt wurde, war für mich nur eine skurrile Geschichte. Ob nun die Nazis schon Ufos hatten (als wenn die V2-Raketen-Technik als Erfindung nicht schon beeindruckend genug gewesen wäre), spielt für mein Leben keine Rolle und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal, ob die US-Regierung Aliens in der Mojave-Wüste festhält.

Aber es gibt andere „Verschwörungstheorien“, die nicht so lustig sind. Ich rede jetzt nicht von dem hirnverbrannten Quatsch, den Attila Hildmann verbreitet. Unsinn, der durchaus gefährlich werden kann, wenn viele Menschen den Müll glauben, den der verwirrte Veganer da von sich gibt. Mir geht es vielmehr darum, dass um uns herum eine Menge Dinge passieren, die man durchaus als Verschwörung begreifen kann.

Laut Duden ist eine Verschwörung die „gemeinsame Planung eines Unternehmens gegen jemanden oder etwas (besonders gegen die staatliche Ordnung)“. Will man das Ganze nicht so groß aufhängen, kann man es auch Intrige oder Komplott nennen und schnell wird klar, dass das Ganze nicht so ungewöhnlich ist, wie man anfangs vielleicht denken mag. Eine Preisabsprache zwischen großen Marktteilnehmern, so wie es immer wieder bei den Spritpreisen geschieht, könnte man also als Verschwörung bezeichnen. Oder die Intrige von Politikern, die einen aussichtsreichen Kandidaten aus den eigenen Reihen oder denen des Gegners zu Fall bringen wollen. Im etwas kleineren Rahmen ließe sich auch das gezielte Mobbing eines Kollegen, mit dem Ziel ihn aus der Firma zu ekeln, oder ein betrügerischer Verkauf, an dem mindestens zwei Parteien beteiligt sind, als Verschwörung bezeichnen. Stichwort Cum-Ex. Wir sehen also, „Verschwörungen“ sind allgegenwärtig. Wie viele Opfer es bei dieser Verschwörung / der Intrige / dem Komplett gibt, entscheidet wesentlich darüber, wie wichtig wir das Thema als Einzelner und als Gesellschaft nehmen. Wenn zwei Leute den Kaufpreis eines Autos zu ihren Gunsten manipulieren, schaut ein Dritter in die Röhre, wenn das ganze Geldsystem manipuliert wird, trifft es uns (fast) alle.

Eine Verschwörungstheorie ist – auch hier bemühen wir wieder den Duden – die „Vorstellung, Annahme, dass eine Verschwörung, eine verschwörerische Unternehmung Ausgangspunkt von etwas sei“. Dass heißt, wir nehmen einen Missstand wahr und vermuten bestimmte Kräfte dahinter, die durch ihr Wirken diesen Missstand erzeugen und davon profitieren. In der Geschichte lassen sich zahlreiche Beispiel dafür finden, dass Verschwörungen aufgedeckt worden, von den geheimen Zusatzprotokollen zum Hitler-Stalin-Pakt bis zur Iran-Contra-Affäre der CIA. Bis zu ihrer Aufklärung und bis Beweise dafür vorlagen, war jede Erklärung zu diesem Thema nichts weiter als eine Theorie, genauer eine Verschwörungstheorie. Und die Beteiligten haben selbstverständlich alles geleugnet und jeden diskreditiert oder gar aus dem Weg geräumt, der zur Aufklärung beigetragen hätte.

Daneben gibt es aber auch Verschwörungstheorien, die auf mein Leben einen gewissen Einfluss haben. Und dazu gehört zum Beispiel 9/11.
[Trigger Warning] Ich bin davon überzeugt, dass die offiziellen Geschichten zum 11. September 2001, die Mär von den Hijackern mit den Teppich-Messern, ausgemachter Quatsch sind. Wer will, kann sich zu dem Thema unter dem Stichwort 9/11 Truther ein wenig schlau machen oder sich den aufschlussreichen Film Loose Change anschauen. Ich will das Ganze hier nicht über Gebühr ausdehnen, nur soviel: Ich bin davon überzeugt, dass die US-Regierung die Anschläge zumindest geduldet, wenn nicht gar selbst inszeniert hat. Im Zuge von 9/11 hat Herr Bush den Patriot Act durchgesetzt, der weitreichende Einschränkungen demokratischer Rechte für die Bürger aber auch für Besucher der Vereinigten Staaten mit sich brachte. Das Gesetz, das damals als temporäre Antwort auf den Terroranschlag gedacht war, ist heute übrigens in leicht abgeschwächter Form als Freedom Act noch immer in Kraft. Von manchen Kritikern wird diese Gesetzgebung als Staatsstreich bezeichnet.

Aber nicht nur US-intern hat der 11. September Folgen: Nachdem Bush den weltweiten Krieg gegen den Terrorismus proklamiert hatte, griff das US-Militär Afghanistan und Irak an, daneben mischt(e) man in Syrien und Libyen mit, um nur die größten Brandherde zu nennen. Nicht nur aus meiner Sicht ist das alles Teil eines geplanten Regime Changes, den andere vielleicht als die Errichtung der News World Order (N.W.O.) bezeichnen würden.

Geht man nun davon aus, dass der 11. September kein Angriff von außerhalb sondern ein „Inside Job“ war, gibt es eigentlich nur eine Folgerung, die man daraus ziehen kann: In den USA gibt es Kräfte (um mal das Ganze nicht allein auf die Regierung zu beschränken), die den Tod von tausenden Bürgern ihres Landes in Kauf nehmen, um ihre antidemokratischen Ziele umzusetzen und im Zuge militärischer Operationen die Welt nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Und ganz offensichtlich haben diese Kräfte die Macht, diese Vorhaben umzusetzen. Wenn man das glaubt, kann man diesen Kräften dann noch trauen, dass sie / die Regierung /die Eliten oder wie man diese Gruppe immer auch nennen will, nur das Beste für ihr Volk wollen?

Nun lebe ich nicht in den USA und könnte sagen, das geht mich nichts an. Aber auch hierzulande gibt es genügend Gründe, den Herrschenden nicht (mehr) zu trauen. Bevor ich darauf weiter eingehe, sollte ich erst einmal etwas zu meiner Vorstellung sagen, wie die Welt so funktioniert. Selbstverständlich habe ich meine eigene Verschwörungstheorie dafür.

Geld regiert die Welt

Als in der DDR Geborener bin ich mit der Gewissheit aufgewachsen, dass es sich unversöhnlich gegenüberstehende Klassen gibt. Nun ist es heute nicht mehr angesagt, Termini wie „Klasse“ zu verwenden, doch vielleicht lohnt sich ein Blick darauf, was damit gemeint war.

In der Schule mussten wir die Leninsche Klassendefinition lernen und die geht so:
„Als Klassen bezeichnet man große Menschengruppen, die sich voreinander unterscheiden nach ihrem Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen fixierten und formulierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach Art der Erlangung und der Größe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen. Klassen sind Gruppen von Menschen, von denen die eine sich die Arbeit einer andern aneignen kann infolge der Verschiedenheit ihres Platzes in einem bestimmten System der gesellschaftlichen Wirtschaft.“

Etwas einfacher ausgedrückt heißt das: Die Menschen, die Maschinen und Fabriken sowie Grund und Boden besitzen, können aufgrund ihrer Stellung die Besitzlosen dazu bewegen, für sie zu arbeiten. Zum Dank dafür stecken sich die Besitzenden den Großteil des erarbeiteten Reichtums in die eigene Tasche und werden so noch reicher.

Nun haben wir heutzutage zumindest in der „ersten“ Welt keine Verhältnisse mehr, wie zu Zeiten von Marx und Lenin, doch seien wir ehrlich: Grundsätzlich geändert hat sich nichts. Die einen müssen ihre Arbeitskraft verkaufen, um zu überleben, die anderen müssen eigentlich nur Ressourcen in Form von Investitionen, Material, Maschinen etc. zur Verfügung stellen. Es ist also durchaus legitim, von Armen und Reichen zu sprechen oder einer Arbeiterklasse und einer Klasse der Besitzenden. Dass das längst alles nicht mehr so trennscharf ist wie vor 150 oder 100 Jahren, ändert nichts an der grundsätzlichen Tatsache. Anders formuliert: Auch heute stehen sich „die oben“ und „die unten“ gegenüber, wobei die zahlenmäßig wenigen „oben“ einen Großteil der Besitztümer ihr eigen nennen, während die „unten“ von Lohnarbeit abhängig sind.

Wir leben ja angeblich in einer Demokratie. Wenn man genau hinschaut, geht die aber nicht soweit, dass man an dem grundsätzlichen Problem etwas ändern kann. Aus meiner Sicht ist das die (kapitalistische) Wirtschaftsordnung und der Privatbesitz an Produktionsmitteln. Wenn einige Wenige fast alles besitzen und „Geld Geld heckt“, wie man so schön sagt, dann kann sich auch mit der schönsten Demokratie nichts daran ändern, zumal mit Besitz auch Macht verbunden ist. Nur eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse hätte tatsächlich eine Demokratisierung zur Folge. Damit ist nicht gemeint, dass man die Armen reich macht und die Reichen arm (wobei das schon aufgrund der Zahlen zumindest gerechter wäre), sondern, dass man verhindert, dass sich Kapital in den Händen einer Minderheit „akkumuliert“. Im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung könnte man das zumindest ansatzweise lösen, indem Gewinne Einzelner massiv abgeschöpft und diese der gesamten Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden.

Die Aussage zur „angeblichen Demokratie“ war keine bloße Provokation. Theoretisch kann Jede und Jeder gewählt werden und im Parlament Entscheidungen treffen oder auch auf unterster Ebene in einem Verein oder einer Bürgerinitiative mitentscheiden, „wo der Hase langläuft“. Aber nicht erst seit gestern haben viele Menschen den Eindruck, dass sie über die wirklich wichtigen Dinge nicht mitreden können. Wie kann es sein, dass in einem reichen Land wie unserem Schulen verrotten, Kinder in Armut leben oder auf die nächsten Generationen höchstwahrscheinlich Altersarmut zukommt. Sind die Menschen und namentlich die sie vertretenden Politiker alle einfach nur zu dumm, ihre Interessen wahrzunehmen oder hat das andere Gründe. Werden nicht scheinbar systematisch Fehlentscheidungen getroffen, die der Masse schaden aber anderen – und das sind wieder nur wenige – nützen. Ich denke da zum Beispiel an das System der Riesterrenten.

Disclaimer – Weit entfernt von einer Diktatur

Zweifelsfrei lässt es sich als „systemkritischer Mensch“ in Deutschland angenehmer und sicherer leben als z.B. in Russland. Hierzulande kann man im Groben und Ganzen sagen und tun, was man will. Doch es gehört zur Wahrheit, dass es auch hierzulande Grenzen gibt, auch wenn die weiter gesteckt sind. Und damit meine ich nicht einmal die Gesetze, die ein offen autokratisches System logischerweise wesentlich restriktiver formuliert und handhabt als ein irgendwie demokratisch verfasstes. Ich meine damit, dass Leute die „den inneren Frieden“ oder auch nur mächtige Gegner stören, auf die eine oder andere Weise in die Schranken gewiesen werden, sei es durch gesellschaftliche Ächtung, wirtschaftlichen Ruin oder schlicht durch Mord und Totschlag. Wer das alles für Unsinn hält, der informiere sich zu Gustl Mollath, dem Themenkomplex Sachsensumpf oder schaue sich das reihenweise Ableben von Zeugen im NSU-Prozess an.

Sind das wirklich Einzelfälle oder sind das nur die Spitzen von zahlreichen Eisbergen, auf die unsere Gesellschaft immer wieder aufläuft? Ich kann keine Antwort auf diese Frage geben, bin aber sicher, dass all diese Fälle nicht dazu beitragen, das Vertrauen der Bevölkerung in die „herrschenden Eliten“ oder wie immer man das nennen will, zu verstärken.

Aber auch wenn man mal die ganz krassen Fälle weglässt, ist klar, dass die meisten von uns durch ihre wirtschaftliche Abhängigkeit erpressbar sind. Wer schwärzt schon seinen Arbeitgeber an, wenn er den Verlust des Arbeitsplatzes befürchten muss und dann vielleicht noch gerichtlich wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen zur Verantwortung gezogen wird? Oder im etwas größeren Maßstab: Welche Zeitung schreibt über ihren wichtigsten Anzeigenkunden negativ?

Sicher kann man hierzulande vieles an „Gegenwind“ durchstehen, indem man sich einen neuen Job (am besten noch in einer anderen Stadt) oder einen anderen potentiellen Geldgeber sucht aber a) überlegt man sich das gut und b) kann man auch Pech haben und man lebt dann von Hartz 4 oder muss „die Bude dichtmachen“.

Welche Verschwörung hätten Sie gern?

Bereits eingangs erwähnte ich Nazi-Ufos etc. Momentan hat die von Bill Gates inszenierte Zwangsimpfung gerade Hochkonjunktur oder die QAnon-Legende von den Andrenochrome-Cocktails aus Kinderhirnen. Wer nicht völlig verstrahlt ist, wird die meisten dieser Verschwörungstheorien schnell als das abtun, was sie sind: wirre Geschichten aus dem Land der Phantasie. Diese Art von obskuren Verschwörungstheorien in einen Topf mit anderen „Verschwörungen“ zu werfen, ist jedoch ein probates Mittel, echte Probleme zu verschleiern und die Beschäftigung damit zu diskreditieren.

Die aus meiner Sicht wichtigste „Verschwörung“ ist wie bereits ausgeführt, die des „großen Geldes“*. Unternehmen, deren Umsätze über denen eines kleinen Staates liegen und die tausende Steuerzahler beschäftigen, haben selbstverständlich einen großen Einfluss auf die Politik einzelner Länder und darüber hinaus. Doch das ist eigentlich nur der kleinere Teil des Problems. Der viel größere ist die aus dem Ruder laufende Finanzwirtschaft.

Aktuelle Ereignisse wie der Wirecard-Skandal, die kriminellen Cum-Ex-Geschäfte oder auch die Panama-Papers zur kreativen Steuervermeidung zeigen, dass die Herrschaften, die an den Geldquellen sitzen, keine Skrupel kennen, auch weil sie eigentlich nichts zu befürchten haben. Ein paar Figuren werden geopfert, der überwiegende Teil kommt ungestraft davon.

Aber selbst wenn man nicht ins offensichtlich Kriminelle abgleitet, haben es die großen Player geschafft, sich die Gesetze zu ihrem Vorteil zu gestalten. Unternehmen mit Millionenumsätzen wie Starbucks zahlen hierzulande kaum Steuern, und das, obwohl sie noch Teil der Realwirtschaft sind. Facebook, Google und Co. können sich ja wunderbar im virtuellen Raum der hiesigen Steuergesetzgebung entziehen. Nun könnte man behaupten, dass die Politiker einfach nur zu doof sind, sinnvolle und wirksame Gesetze zu verfassen. Sicher spielt auch das gegenseitige Ausstechen und sich-Vorteile-verschaffen eine Rolle aber ich glaube einfach nicht, dass die Entscheider einfach nur zu blöd sind. Die Großunternehmen haben sehr viel Geld und offensichtlich ist es einfacher und günstiger, in die Bestechung der Entscheider zu investieren, als Steuern zu zahlen. Hierzulande wurden ja auch schon Fälle bekannt, dass Mitarbeiter aus Wirtschaftsunternehmen Gesetzesvorlagen geschrieben haben, die dann 1:1 umgesetzt wurden. Man könnte dahinter Dummheit oder Faulheit in den Ministerien vermuten aber das ist mir, ehrlich gesagt, zu billig.
Selbst wenn alles rechtlich korrekt abläuft, muss man sich die Frage stellen, warum Branchenverbände (Autoindustrie, Pharma, Landwirtschaft) so viel Einfluss haben, dass immer wieder Gesetze in ihrem Sinn „korrigiert“ werden. Nehmen wir das Beispiel Landwirtschaft: 90 % der Deutschen würden für mehr Tierwohl auch mehr an der Fleischtheke bezahlen. Man könnte behaupten, dass das eine große Mehrheit ist, die umfassende Änderungen demokratisch legitimiert. Doch was passiert? So gut wie nichts.

* Eine kleine Anmerkung dazu: Wer Finanzwirtschaft gleichsetzt mit jüdischer Weltverschwörung, fällt auf uralte Stereotype herein. Selbstverständlich gibt es jüdische Bankiers. Aber auch Anhänger anderer Religionen oder Atheisten. Welchen Sinn hat eine Kritik am Finanzsystem, wenn man sich nur wenige Vertreter herausgreift und das auch noch aufgrund eines Merkmales wie ihrer religiösen Zugehörigkeit? Nicht zu vergessen, welche Folgen diese Art des „Denkens“ schon einmal gehabt hat.

Verschwörung – oder geht‘s eine Nummer kleiner?

Um das bisher Gesagte auf den Punkt zu bringen: Es ist wie eh und je, von der ersten Klassengesellschaft bis zum heutigen Tag gilt: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Das ist erst einmal keine Verschwörungstheorie sondern Fakt. Dass sich die Reichen und Mächtigen dabei wahlweise die Gesetze so hinbiegen, wie sie ihnen nützen oder gleich darauf pfeifen, ist auch nichts Neues. Heute ist das vielleicht nicht mehr ganz so einfach aber noch immer gang und gäbe. Auch ohne viel Heimlichkeit lassen sich viele Probleme mit guten Anwälten und viel Geld lösen oder es werden Prozesse so sehr in die Länge gezogen, dass den finanziell weniger Potenten die Luft ausgeht. Wie sagte schon Oma: Recht haben, heißt nicht Recht bekommen.

Kommen wir aber zurück zur Verschwörung und damit zu dem häufig verwendeten Begriff der „Eliten“. Dass es solch eine in sich geschlossene Gruppe gibt, darf zumindest bezweifelt werden. Dass alle die, die Geld und Einfluss haben, das Gleiche wollen, ist nicht anzunehmen. Doch das muss auch nicht so sein. Entweder sucht sich so ein „Elitärer“ sein eigenes Kämmerlein, wo er ungestört seinen Vorlieben frönen kann (ein Grund, warum sich in Deutschland so lange die Kleinstaaterei gehalten hat) oder er muss halt damit leben, dass nicht der ganze Kuchen auf seinem Teller landet, weil auch andere mitmischen. Wie auch immer die Partikularinteressen im Einzelnen ausgeformt sind: Relativ sicher ist, dass diejenigen, die Macht und Besitztümer haben, diese nur ungern teilen. Diese Leute sind in allen Gesellschaftsordnungen froh darüber, dass ein Großteil der Menschen damit zu tun hat, zu überleben oder sich mit irgendwelchem Unsinn beschäftigt, anstatt mit den wirklich wichtigen Fragen. Das System „Brot und Spiele“ hat sich seit vielen tausend Jahren bewährt, auch ein kleiner Krieg (Wake the dog) oder eine Katastrophe eignen sich hervorragend dazu, von größeren Problemen abzulenken. So sind, seit es Corona gibt, quasi alle anderen Themen aus dem Blickfeld der öffentlichen Diskussion verschwunden. Das heißt nicht, dass die Virusinfektion erfunden wurde, aber sie bietet eine günstige Gelegenheit, die Menschen von großen Fragen wie sozialer Sicherung, bezahlbarem Wohnraum, einem veralteten Bildungssystem oder bevorstehender Altersarmut abzulenken. Das Bild von den „normalen Menschen“ als Marionetten finde ich ehrlich gesagt nicht so passend, ich würde Machtausübung eher als eine Art Schachspiel ansehen. Und wie bei diesem Spiel, bestimmt da nicht nur einer, was passiert, sondern es gibt einen Gegner. Den suchen sich die Mächtigen dann entsprechend ihrer Interessenlage – also ob es nun darum geht, den Marktanteil auszubauen, neues Land zu gewinnen oder einen politischen Konkurrenten auszuschalten. Der Großteil der Beteiligten sind nur „Figuren“. Der Unterschied zwischen Spiel und Realität ist allerdings, dass die Figuren im wahren Leben aus ihrer Rolle ausbrechen können, auch wenn das nicht allzu häufig geschieht.

There’s no business like family business

Kommen wir vom Schachspiel als grundsätzlichem Bild der „Fernsteuerung“ von Menschen aber zurück zur Verschwörung. Eine Verschwörung wird es erst dann, wenn sich mehrere zusammentun und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Es gibt nicht den einzelnen Schachspieler: Unter den gegebenen Umständen hat niemand die Macht, irgendetwas allein zu erreichen. Als Großfamilie, Unternehmen oder Organisation lassen sich jedoch die Kräfte Vieler bündeln. Hier kann man schon von Verschwörungen sprechen, wenn die Ziele auf ungesetzlichen Wege erreicht werden sollen und dem Eigenwohl und nicht dem der Gesellschaft dienen. Der offizielle Sprachgebrauch nennt das Ganze dann eher organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität oder Terrorismus – im Prinzip ist die Bezeichnung Verschwörung aber nicht falsch, denn – erinnern wir uns – eine Verschwörung ist eine „gemeinsame Planung einer Unternehmung, die gegen jemanden oder etwas (besonders gegen die staatliche Ordnung) gerichtet ist“. Wie gesagt: Man kann das auch Intrige oder Komplott nennen und damit wird klar, dass das nichts Außergewöhnliches ist. Der griechisch-römische Pantheon ist voll davon, die halbe Weltliteratur dreht sich um diese Themen. Für uns relevant wird das Ganze erst, wenn es das eigene Leben betrifft. Und da ich leider nicht zu den oberen 10 % gehöre, ist die „Geldverschwörung“ für mich die wichtigste. Sicher würde ich das anders sehen, wenn mir ein multinationaler Konzern wie Amazon gehören würde.

Schlusswort:

Wir leben in einer Welt, in der zahlreiche Interessengruppen zu Gange sind. Wir mögen es uns wünschen, dass alle diese Interessengruppen mit offenen Karten spielen, so dass wir die Chance haben, uns für oder gegen deren Tun zu entscheiden. Realistisch ist das jedoch nicht. Es war schon immer so und es wird auch immer so bleiben: Es gibt verschiedene Stufen der „Einweihung“ in ein Thema. Manche Menschen haben mehr Informationen als andere und sehen nicht nur das Detail eines Bildes, sondern mehr davon oder auch das große Ganze. Das birgt leider die Gefahr, dass sie dieses (Herrschafts)wissen für ihre Zwecke ausnutzen. Andere streuen gezielt Falschinformationen, um Menschen für ihre Zwecke zu manipulieren. Und das funktioniert auch häufig, denn nicht jede Lüge oder Halbwahrheit lässt sich als solche erkennen. Hinzu kommt, dass wir auch besonders gern die Wahrheiten glauben, die in unser Weltbild passen und tendenziell eher nicht bereit sind, einmal erlangte Vorstellungen wieder zu revidieren. Wer an die jüdische Weltverschwörung glaubt, der fühlt sich darin bestätigt, wenn am letzten Bankenskandal ein Jude beteiligt war. Dabei blendet er aus, dass es daneben noch zehn andere, nicht-jüdische Mittäter gibt.

Da es tatsächlich Verschwörungen auf verschiedenen Ebenen und verschiedener „Härtegrade“ gibt, werden auch Verschwörungstheorien nicht aussterben. Wir sollten uns allerdings davor hüten, unsere Weltsicht auf eine in sich geschlossene Theorie aufzubauen, die alle Schuld einer bestimmten Gruppe von Menschen zuschiebt. Auf der anderen Seite sollte sich jede und jeder ein wenig Misstrauen gegenüber allen Autoritäten bewahren. Denn dass die nicht immer das Beste für alle wollen, das ist aus der Geschichte hinlänglich bekannt.

Nachschlag & Exkurs: Die Mondlandung – ein kleines Gedankenexperiment

Das war mal als Anfang gedacht, passte aber nicht so richtig rein. Wegwerfen wollte ich es auch nicht…

In diesem kleinen Exkurs soll dazu dienen, „Beweise“ für Verschwörungstheorien kritisch zu hinterfragen. Nicht immer ist alles so, wie es scheint. Oder: Es könnte aber auch so sein…

Nehmen wir als Beispiel die Mondlandung der Amerikaner im Jahr 1969. Manche Verschwörungstheoretiker behaupten, die habe nie stattgefunden und haben dafür ihre Beweise.

Überlegen wir uns die Rahmenbedingungen: Die USA befinden sich im „Kalten Krieg“ der Systeme mit den Sowjets. Gerade mal 12 Jahre zuvor hatte der Klassenfeind den Sputnik ins All geschossen, vier Jahre später der erste Sowjetbürger die Erde umkreist. Wer als als Erster auf dem Mond landet, beweist damit auch, dass sein System das bessere ist.
Die Raumfahrt steckt damals noch in den Kinderschuhen: Die damals im Einsatz befindlichen Computer waren nicht nur schwer, ihre Leistungsfähigkeit war ein Witz gegen die eines aktuellen Smartphones.

Stellen wir uns also vor, ihr richtet die Mission zum Mond aus, die unbedingt ein Erfolg werden muss. Zum einen geht es um das politische Prestige, zum anderen ist auch klar, dass zu viele Fehlschläge zu einer Einstellung des Programms führen können. Um das Interesse an der bemannten Raumfahrt anzuheizen, habt ihr beschlossen, die Landung live (mehr oder weniger, da Verzögerung) zu übertragen. Ganz im Ernst: Würdet ihr euch darauf verlassen, dass technisch schon irgendwie alles funktionieren wird? Also ich nicht. Ich hätte garantiert die Mondlandung in einem Studio aufgebaut, um im Fall der Fälle die benötigten Bilder zu bekommen. Klar auch, dass dieses „Backup“ völlig geheim bleiben muss, damit nicht die Mission von vornherein in Zweifel gezogen wird.

Warum spinne ich diesen Gedanken so aus? Weil es Menschen gibt, die an der Authentizität der Mondlandung zweifeln und eine ganze Menge „Beweise“ ins Feld führen, warum die berühmten Aufnahmen von Neil Armstrong nicht auf dem Mond entstanden sein können. Glauben wir mal, dass die Kritiker damit Recht haben, beweist das dann tatsächlich, dass die Amerikaner nicht auf dem Mond waren? Nicht unbedingt, denn es könnte ja sein, dass die Übertragung der Landung nicht wie geplant funktioniert hat, und um sich nicht zu blamieren, hat die NASA die Studiobilder eingespielt. Oder anders ausgedrückt: Selbst wenn die Zweifler an der Mondlandung einen Fehler in den Bildern entdeckt haben, ist das nicht der Beweis dafür, dass das Ereignis nicht stattgefunden hat.

Vielleicht fragt ihr euch, was dieser ganze Exkurs eigentlich soll. Ich will damit nur bebildern, dass aus A nicht immer zwangsläufig B folgt. Also wenn die Bilder von der Mondlandung nicht echt sind, heißt das noch lange nicht, dass die Mondlandung nicht stattgefunden hat. Vielleicht ist einfach nur die Kamera ausgefallen oder die Übertragung unterbrochen worden und man hat sich halt mit Tricks beholfen…

6 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben. Die Olle Mondlandung musste mit rein 🙂
    Meine Lieblings VT ist immer noch Pearl Harbor. Meiner Meinung hätten sie es verhindern können, doch sie wollten es nicht. Damit war ein Kriegseintritt für die USA ganz offiziell. Zum Thema Bürger opfern. Gute Literatur und aktuell gibt es ja, die diesen Ansatz verfolgen.

    1. Danke für die Blumen! 🙂
      Was Pearl Harbour betrifft, so steht das eigentlich fest, dass man das hätte verhindern können. Ist also keine Verscdhwörungstheorie mehr 😉

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