The club|debil story

Alles begann im Jahr 1995. Ich saß mit einem Freund bei einem Bier im Studentenclub „Aquarium“ in Dresden. Ich sagte: „Dieses Jahr jährt sich der Todestag von Ian Curtis zum 15sten mal. Ich sollte eine Party machen.“ Er erwiderte: „Warum machst du es dann nicht?“ Ja, warum?

Ein paar Jahre später, 1999, engagierte ich mich stark in der Dresdner Independent & Dark Wave, organisierte regelmäßig Partys und legte auf. Zu dieser Zeit konzentrierte ich mich mehr und mehr auf experimentelle Musik. Einige Freunde aus Prag baten mich, für sie eine Show mit Skrol und Schloss Tegal auf die Beine zu stellen, was ich mit Hilfe von „Rosi“, einer bekannten Figur der Dresdner Musikszene, auch tat. So fand der erste Gig am 9. Juni 1999 im mittlerweile legendären Club Müllerbrunnen statt. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Namen für das Projekt und ich nannte es (für dieses einzige Mal) „ungehörig“.

Parallele Geschichte: Neben der Organisation von Konzerten gestaltete ich Radiosendungen (Hoersturtz – unangenehm fand ich heraus, dass es in Bayern ein gleichnamiges Label gab) und ich war an einem Fanzine namens „Gossips“ beteiligt. Als der Freund, der das Fanzine leitete, bei einem Autounfall ums Leben kam, war ich nicht bereit, die Idee, eine Publikation zu veröffentlichen, aufzugeben. Also gründete ich ein eigenes Heft und suchte dafür nach einem passenden Namen. Ich wollte einen Namen, der nicht direkt auf eine bestimmte Szene verweist, denn mein musikalisches und kulturelles Interesse war schon immer viel breiter gefächerte. Warum ich bei „debil“ gelandet bin, einem heutzutage wenig gebräuchlichen Wort, das so viel bedeutet wie „geistig beschränkt“, „dumm“, „Schwachkopf“, weiß ich nicht mehr. Ich denke, der Hauptgrund für diese Wahl war eine Anti-Haltung. In einer Zeit und in einem Umfeld, in dem jeder elitär sein wollte, habe ich mich für die Beschränkung entschieden.

Zurück zur Musik: In den frühen 2000er Jahren gab es einige Partys unter dem Namen „Tanz debil“, in Anlehnung an das bekannte Lied der Einstürzenden Neubauten – eine Querverbindung, die bei der Namensgebung keine Rolle spielt und mir erst später bewusst wurde. Die Konzerte fanden weiterhin unter verschiedenen Namen statt, ich erinnere mich nicht mehr an alle.
Zu dieser Zeit wurde klar, dass man eine Website haben muss und da debil.de schon weg war, entschied ich mich 2002 für club-debil.com als Plattform für das Magazin. Anfang 2003 änderte ich auch den Namen der Parties in club|debil. Zu dieser Zeit hatten wir nur ein oder zwei Konzerte im Jahr, daher bin ich mir nicht sicher, ob die auch so hießen, aber der Name verschmolz mit der „Organisation“.
2005 und 2006 waren die produktivsten Jahre in der club|debil-Geschichte mit mehreren Konzerten in der Sprungschanze, einem Club, den es inzwischen nicht mehr gibt, und in der Alten Feuerwache, unserem Stammlokal seit mehr als zehn Jahren. In dieser Zeit hat sich club|debil zu einem richtigen Club entwickelt, in dem viele Leute mithelfen, die Konzerte vorzubereiten und mit uns zu feiern. Um ein paar zu nennen und ihnen zu danken: Martyn, Mike, die drei Eric(k)s, Claudia, Gasi, Daniator…

Seit 1999 haben eine Vielzahl von Bands bei club|debil-Shows gespielt, um ehrlich zu sein, habe ich sie nie gezählt. Projekte aus ganz Europa, aus den Vereinigten Staaten, Japan, sogar aus Chile und Singapur. Obwohl ich die Zahl nicht kenne, erinnere ich mich daran, viele gute interessante Menschen getroffen zu haben, an gemeinsame tolle Nächte voller fantastischer Musik, an interessanter Gespräche und heftige Feiern…

club|debil war nie eine „professionelle Sache“ und wird sehr wahrscheinlich nie ein großer Hype oder unglaublich „erfolgreich“ werden. Aber wen kümmert’s? Wir machen weiter in unserer D.I.Y.-Ader, versuchen das Beste aus unseren Ressourcen zu machen, unterstützen Künstler und Kunst, die wir mögen. Vielleicht ist das eine Einschränkung, aber wir genießen es!

disorder, club|debil
Dresden, 2016

(Text veröffentlicht im Inlay des ersten club|debil samplers im Jahr 2016)

 

English

It all began in 1995. I was sitting with a friend drinking a beer in student’s club „Aquarium“ in Dresden. I said: “This year’s 15th anniversary of Ian Curtis‘ death. I should do a party.” He replied: “So why don’t you do it?” Yes, why?

A few years later in 1999 I was highly involved in the Dresden Independent & Dark Wave regularly organizing parties and DJing. At that time I focused more and more on experimental music. Some friends from Prague asked me to set up a show for them with Skrol and Schloss Tegal and I did with the help of “Rosi” a well-known figure in Dresden music scene. So the first gig took place June 9th at now legendary Club Müllerbrunnen. At this time there was no name for the project and I called it (for this only time) “ungehörig”, meaning as much as “indecent“.

Parallel story: Besides organizing shows I was doing some radio shows (Hoersturtz – uncomfortably I found out, that there was a label by the same name in Bavaria) and I was involved in a fanzine called “Gossips”. When the friend, who led the fanzine, died in a car accident, I wasn’t willing to give up the idea of releasing a publication. So I started one on my own, looking for a proper name. I wanted a name, that does not point you directly to a special scene, because my musical and cultural interest had always been much broader than one genre. Don’t ask me why; I ended up at “debil”, a nowadays unfamiliar German word, meaning as much as “intellectually limited”, “stupid”, “moron”. I think the main reason for that choice was an anti-attitude. At a time and in an environment, when and where everybody wanted to be elitist, I’ve chosen the limitation.

Back to music: In the early 2000 years, there had been some parties under the name “Tanz debil”, pointing to the well-known song of Einstürzende Neubauten – an implication that I realized not in the first row. The concerts where still held under different names, I don’t remember all of them.
At this time it became obvious, that you have to have a website and because debil.de was already gone, I decided for club-debil.com as the platform for the magazine in 2002. In early 2003 I also changed the name of the parties to club|debil. At this time we had only one or two concerts a year, so I’m not sure, if they were named the same way, but the name merged with the “organization”.
2005 and 2006 were the most productive years in club|debil history with several concerts at Sprungschanze, a club now gone, and Alte Feuerwache, our regular place for more than ten years now. Within that years club|debil had become a real club with a lot of people involved, helping to set up the shows and party with us. To name a few and to thank them: Martyn, Mike, the three Eric(k)s, Claudia, Gasi, Daniator…

Since 1999 a great number of bands have played at club|debil shows, to be honest, I never counted their number. Projects from all over Europe, from the United States, Japan, even from Chile and Singapore. Though I don’t know a number, I remember meeting a lot of fine people, together having great nights full of fantastic music, interesting talks and heavy celebrating…

club|debil never had been a “professional thing” and very probably will never become a big hype or incredibly “successful”. But who cares? We go on in our D.I.Y vein, trying to make the best out of our resources, supporting artists and art we like. Maybe that’s a limitation, but we enjoy it!

disorder, club|debil
Dresden, 2016

(Released as inlay for the first club|debil sampler in 2016)