Helene Fischer in der Tonart auf Deutschlandradio Kultur – eine Reaktion

In der Sendung TonArt des Deutschlandradio Kultur lief ein Beitrag über Helene Fischer. Dabei sollte die Sendung eigentlich Tonkunst präsentieren. Detlef Schweiger, Kopf der Dresdner Industrial Formation SARDH findet das kritikwürdig. Und nicht nur das, er sieht den Auftrag des Senders in Frage gestellt…

Liebe Deutschlandkulturradiomacher,

entsetzt über den Helenefischerbeitrag in TonArt habe ich spontan nach der Aufforderung der Moderatorin in der Sendung die unflätige Mail gesendet. (Sollten mehr als 10 Emails mit dem Betreff „Aufhören“ oder „Abschalten“ die Redaktion innerhalb der ersten Minute erreichen, würde der Song ausgeblendet. c|d) Genug Hörer waren schneller und sorgten für den angemessenen Abriss des Fischer-Stücks im Sender.

Die Mail
„Ausschalten den ganzen Beitrag !!!
Sendet TonART – keinen Müll !!!
Viele experimentelle Klangarten werden von DR ausgelassen und nun noch sowas…
Detlef Schweiger

Nicht dass die Analyse vom kommerziell hoch erfolgreichen Gemache einer Fischer für ein Kulturradio auch Gegenstand sein kann, ist das Schlimme, sondern dass hier wiedermal Sendeplatz vergeudet wurde, der für die vielen unterbeleuchteten Gefilde echter TonART nicht bereit gestellt wird, wie es einem sogenannten Kulturradio ja eigentlich im öffentlichen Auftrag anheim gestellt ist, sich um die Abbildung des gesamten kulturellen Schaffens zumindest in seinem unmittelbaren Sendebereich (Deutschland) insbesondere um das gesamte vor allem zeitgenössische Klangschöpfertum zu bemühen.

Als Stammhörer des DRK von Eurem Beginn an bin ich dankbar für viele interessante, informative, hörenswerte … Radiostunden tags und nachts aus den letzten 24 Jahren!
Aber Eure musikalische Redaktion läßt mich mehr und mehr den Kopf schütteln: Da ist im Verlauf der letzten zehn Jahre ein Weichspülprogramm ausgebreitet worden, dass zwar weiterhin im Gegensatz zum Kommerzradio „alternative“ Töne anschlägt, aber die klingen zunehmend wie die dort gesendeten, nur von im Kommerzradio eben nicht gesendeten Autoren… eine neue finnische Popband etwa… oder wieder ein Country-Talent aus Kanada…
manchmal schön zu hören, was in aller Welt so an Neben-Mainstream fabriziert wird: Da reicht auch schon mal der Erstling irgendwelcher Macher zur „Platte der Woche“… dann das von jüngeren Autoren aufgegossene Jazzgedudel ohne Inspiration und Wagnis, dass sich wie alles, in ein wohlgefühliges Tagesprogramm einpassen muss, damit nur keine Hörgewohnheiten verletzt werden…
Schon der schmierige Götz Alsmann durfte im DRK vor einigen Jahren breithals verkünden, dass ihn dass unangenehme Hören von Led Zeppelin im Alter von 13 Jahren darauf gebracht habe, die Musik verändern zu wollen…
Ich habe im Alter von 12 Jahren, die in Dresden damals einzig empfangbare Radio-Hitparade „Schlagerderby“ vom DLF ,moderiert von „Carlo“, gehört u.a. in der Konstellation: Platz 1 Heintje „Mama“ / Platz 2 Led Zeppelin „Whole lotta love“ – weiter hinten gab es noch mehr Schmalz und noch heftigeren Progrock etwa von Frumpy, Black Sabbath uvm… innerhalb einer Stunde.
Meine Weichen wurden damals eindeutig auf die innovative Schiene gestellt… weshalb ich (auch heute noch halbwegs verzweifelt) DLK höre…

Also: Den Check im Schmalz habt Ihr unter fair eingesetztem Voting für Eure Hörer schonmal gewonnen bzw. verloren.
Jetzt solltet Ihr den Check für mehr Wagnis im Klangprogramm wagen – Mehr Wagnis für unerhörte TonARTen !!!

Die gab es z.B. letztes Wochenende ganz in der Nähe Eurer Sendeanstalt beim 11. (!) Schlagstrom Festival Berlin – d.h. 11 Jahre innovatives Experimental-Musik-Programm nebst Medien- und Performance-Kunst.
Aus ganz Europa waren Gäste und Künstler in einer einmaligen Atmosphäre verbunden im historischen Gelände des stillgelegten Betriebsbahnhofs Berlin-Schöneweide.
Chris & Cosey, die Gründungsmitglieder der Industrial-Legende Throbbing Gristle waren da… viele junge Formationen experimenteller Klangarten, wie gestandene, wie auch die von mir seit 25 Jahren geführten SARDH…
Habt Ihr das irgendwie registriert bzw. reflektiert ?
Wenn ja, habe ich es verpasst – wenn nein, habt Ihr verpasst, Eurem öffentichen Auftrag nach zu kommen, auch die anders gearteten relevanten Kulturereignisse zu reflektieren… und das in diesem Fall womöglich schon über ein Jahrzehnt.

Die freilich ungewöhnlichen und z.T. harsch übers Trommelfell geführten TonARTen sollten eher Gegenstand sein für die durchweg mainstream-abseitig orientierte Hörerschaft des DRK, als eine unsinnige Provokation der Hörerschaft mittels Fischerin Helene !
Besonders die jüngeren Musikredakteure des DRK sollten sich angesichts ihrer schleichenden Mainstream-Andienung mehr den aktuellen innovativen z.T. sperrigen wie provokativen Klangarten öffnen !

Gelegenheit dazu gibt es z.B. zum „MORPHONIC LAB XIII : CONTARUM“ am 25.10.2014 im Barockpalais Großer Garten Dresden.
Hier wird u.a. der Eletronic- und Krautrock-Pionier, Kluster-Gründer ROEDELIUS auftreten, der an diesem Abend 80 Jahre jung wird !
Dies auch als Hinweis an Euch Radiomacher, dass wir uns nicht in einer kulturellen Nische befinden, was unsere Besucherzahlen zeigen, sondern in einer leider auch durch Eure Ignoranz besorgte zu geringe Medienpräsenz.
Schaltet doch Euer Radio auch mal hier ein !
Ihr seid herzlich willkommen !

Detlef Schweiger

www.schweigwerk.de
www.sardh.de
www.morphoniclab.de

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