Noise vom (laufenden) Band

Noise gehört für mich zu den Genres, die ich eher zwiespältig betrachte. Zum einen ist eine ähnliche Entwicklung wie im Techno zu beobachten. Die technischen Gerätschaften, mit deren Hilfe Mensch den Krawall erzeugt, sind heutzutage erschwinglich geworden und defacto kann jeder, der ein wenig Geld in die Hand nimmt und sich die notwendigen Verzerrer, Effektgeräte und Manipulatoren kauft, hier einsteigen. Sicher: Wie beim Techno auch gilt es, ein paar Dinge zu lernen, bevor etwas Brauchbares aus den Lautsprechern dröhnt aber allzu hoch ist die Schwelle nicht, die es hier zu überschreiten gilt.
Der verhältnismäßig leichte Zugang zum Noise-Aktivisten-Dasein hat positive und negative Seiten. Als positiv betrachte ich die Selbstermächtigung, die der D.I.Y.-Attitüde innewohnt. „Keiner schreibt mir vor, wie Musik zu klingen hat, ich mache, was mir gefällt und was ich für richtig halte.“ Viele der Aktivisten sind untereinander vernetzt, tauschen Ideen und Tonträger aus, stellen Konzerte auf die Beine etc. Sie sind – keine Selbstverständlichkeit in unserer Konsumwelt – aktiv, schaffen etwas Neues, Eigenes. Der negative Teil dieser Entwicklung ist jedoch, dass Vieles, was da an Noise zu hören ist, recht wenig Interessantes bietet.

Gerade die drei hier zuerst beschriebenen Tonträger zeigen das sehr deutlich. Das Kreativste an den Veröffentlichungen aus dem Hause Tourette Tapes ist noch der Name „Spalttonband“ für ein Split Tape. Die Verpackung ist eher preiswert – Plastetüte mit Pappeinlegern, zusätzliche Informationen gleich null. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit mancher Veröffentlichungen stellt sich dann in aller Deutlichkeit, vertieft man sich in den akustischen Teil. Vorab gleich soviel, dass ich unabhängig vom Inhalt auch den Sound nicht so super finde. Bei einer Musik, bei der quasi jede Frequenz zählt, wäre ein wenig mehr Klarheit wünschenswert.

 

SBR / Skullwall

S.B.R. / Skullwall – Spalttonband #7 (MC, The Tourette Tapes)

Welcher der beiden beteiligen Künstler auf welcher Seite zu hören ist, bleibt ein Rätsel doch gehen wir einmal davon aus, dass die handbeschriftete Seite der Kassette die A-Seite ist, dann sollte der „Maschinennoise“ von S.B.R. stammen. Man kann sich das Ganze so vorstellen, dass hier jemand seine Maschine z.B. zur Bearbeitung eines Werkstückes einschaltet und dann den Raum verlässt. Je nachdem, wie viel Metall gerade abgefräst werden muss, ändert sich der Sound ein wenig, bleibt dabei aber immer in einem recht eng abgesteckten Rahmen. Man kann sich das Ganze auch als eine Art Fahrgeräusch vorstellen, das sich je nach Untergrund ändert oder halt nicht. Je nach durchquerter Landschaft hört man noch das eine oder andere Nebengeräusch und das war’s dann.  Gut, das Ganze hat einen mehr oder weniger meditativen Charkter, wenn man sich bei Krawal entspannen kann. Bei mir funktioniert das ganz gut.

Seite 2 – also höchstwahrscheinlich SKULLWALL – hört sich kaum viel anders an. Dunkles Gedröhne ohne allzu viele Höhen und gelegentlich kreischt es metallisch. Das hört sich an wie Unterwasser, alles fließt auf und ab, ständig in Bewegung. Nach der Hälfte der Zeit gibt es einen kurzen Zwischenstopp und dann geht es unbeirrt weiter. Gegen Ende scherbelt es noch einmal richtig und das war’s dann.

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XEDH / Flutwacht

XEDH & Flutwacht – Masked Source (MC, The Tourette Tapes)

Diese Veröffentlichung ist noch ein Stück schwerer zu durchschauen. Die beiden … Minuten langen Stücke heißen einfach „Untitled“. Auf dem Einleger wird FLUTWACHT als Quelle analoger Noise Loops angeben, Miguel A. Garcia aka XEDH als Beisteurer von Electronics. Ob die beiden, in mehrere Teilabschnitte untergliederten Stücke gemeinsam aufgenommen wurden oder ob sich die Musiker Soundfiles hin und her schickten, werden wir wohl nie erfahren, ebenso wenig, ob es ein inhaltliches Konzept gab. So bleibt „Masked Source“ einfach ein „Tape in der Tüte“…
Musikalisch ist die Kollaboration der beiden Musiker dann doch von der spannenderen Sorte, denn die Loops, die z.B. bei obigem Spalttape dauerhaft das Ohr penetrieren, werden hier mit elektronischen Noises, schrägen Frequenzen, Kratzen, Schleifen, Pfeifen aber auch elektroakustischen Phänomenen kontrastiert und gebrochen. Da macht das Zuhören auf Dauer schon deutlich mehr Spaß, weil Ohr und Gehirn auch etwas zu tun bekommen und das Spektrum der oftmals sehr dumpfen „Analogloops“ wird nach oben hin erweitert. Mancher Sound könnte einen Horrorfilm entstammen, anderes im Bauch eines Schiffes aufgenommen sein, wieder anderes Krach vom Schlachtfeld sein – Langeweile kommt da eher nicht auf. Sehr schön an diesem Split ist auch, dass es immer wieder Raum für zurückhaltende Noises gibt und nicht immer auf die 12 gehauen wird, so zum Beispiel am Ende von Seite A, wo man Ohrenzeuge einer akustischen Exploration wird – was genau der Künstler da erforscht, bleibt mir allerdings verborgen.

Auf Seite zwei scheint mir der Flutwacht-Anteil etwas größer, die Sounds sind etwas „konstanter“, maschineller und sehr meditativ. Doch die Garnierung durch XEDH macht auch hier wieder etwas mehr daraus, „ruhige“ Passagen mit „fitzelnden Elektronen“ lockern die Wall Of Noise-Anschläge auf und bieten dem Ohr Möglichkeit zur Entspannung. Überhaupt scheint mir dass die Idee für die Tourette Tape Fraktion zu sein, den Maschinen zwischendurch immer mal ein wenig Ruhe zu gewähren und lieber zusätzliche Klangquellen einzubauen, neue Frequenzfelder zu erforschen. Auf dieser Veröffentlichung gelingt das recht gut und es führt zu einem ausgeglicheneren Gesamteindruck. Ebenfalls positiv sind aus meiner Sicht die Vokalbeiträge, die zwar nicht auf gesangliche Spitzenleistung setzen, dafür aber dem Maschinensound eine menschliche Komponente  hinzufügen. Sicher ansprechend für ein breiteres Publikum ist zudem der sehr rhythmische Aufbau eines Teils der Stücke.
Insgesamt ein recht abwechslungsreiches Werk, schade finde ich nur, dass der Hörer nicht viel zur Idee erfährt, wenn es denn eine gab. Eine klanglich etwas ansprechendere Veröffentlichung auf CD wäre sicher keine schlechte Idee.

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Pale Sister

Pale Sister – No Future But The Death (The Tourette Tapes)

15 Unbenannte Stücke werden auf diesem Tape von Pale Sister in gerade einmal 24 Minuten „abgerubelt“. Kratzige Noise-Loops, metallisches Kreischen, Säge- und Fräsgeräsche, Fiepen und auch vokale Ausbrüche sorgen für eine recht heftiges klangliches Gesamtbild. Pale Sister – wer auch immer sich hinter diesem Namen verbirgt – machen wirklich keine Gefangenen und „Spaß“ macht ihr Werk auch keinen. Wie auch bei dem Titel „No Future But The Death“? Das ist in jeder Beziehung Harsh Noise, ohne Gefälligkeiten und Kompromisse. Sicher, die übersteuerten, wirren, gewalttätigen Klanglandschaften sind keine Neuerfindung von Pale Sister, hier ist aber jemand am Werke, der weiß, was er (oder sie) tut und die Mittel beherrscht, aus denen sich eine veritabel finster-bösartige Klangwelt zusammenschrauben lässt.
So energetisch das Ganze auch ist, gerade diese Veröffentlichung bestätigt meine grundsätzliche Einstellung gegenüber dem Phänomen Noise insbesondere dem Harsh Noise, dass der eher schlecht von Konserve funktioniert, da sich besagte Energie mittels einer Liveperformance erst wirklich vermittelt. Auf Tonträger gezogen, nervt er schnell oder langweilt. Auch wenn für Pale Sister beides  nicht zutrifft, fehlt am Gesamtbild einfach etwas.

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Andy Ortmann / Luca Sigurta

Luca Sigurtà / Andy Ortmann ‎- Split (MC, Tulip)

Wenn ich mich bei den Tourette Tapes fragte, ob meine Abspieltechnik zu schlecht ist und mein Eindruck einer extrem dumpfen Aufnahme vielleicht falsch ist, so beweist mir dieses Tape, dass ich richtig liege. Denn anders als die preiswerten (Harsh) Noise-Veröffentlichungen bildet dieser Tonträger das komplette Frequenzspektrum ab. Andy Ortmann und Lucas Sigurta sind halt Klangkünstler…
Auch wenn ich nicht allzu viel Ahnung von seinem Schaffen habe, der Name Andy Ortmann war mir nicht völlig unbekannt. Bei Disogs ist zu erfahren, dass in Chicago ansässige „Transgressive Sound/Visual/Conceptual Artist“ seit Anfang der 1990er experimentelle Musik veröffentlicht und dies häufig mittels besonders gestalteter Tonträger, wie auch in diesem speziellen Fall – dazu aber später mehr. Daneben ist er u.a. im Trio Panicsville aktiv und leitet das Nihilist Records Label.
Seite A des Splittapes bespielt Ortmann per EMU Modular Synthesizer mit zwei Stücken, mit dem vertrackt rhythmischen „rhythmus“ (sic!) und das wirr-verspielte „bacterial“. Während es zu Ersterem nicht viel zu sagen gibt – „rhythmus“ ist zwar meilenweit von Techno & Co entfernt aber, wenn auch holprig rhythmisch, so doch rhythmisch und mit allerhand Geräuschen garniert, zeigt sich „bacterial“ wesentlich abwechslungsreicher. Da bimmelt und kratzt es, gluckert und brummt es, dass es eine wahre Freude ist. Hören nicht mit Schmerzen sondern mit Freuden.

Ortmann’s italienischer Kollege Luca Sigurtà kommt etwas erdiger daher, zurückhaltende Noises von sehr bass-brummig über Regenschauerrauschen bis hin zu hohen Fietschtönen werden übereinander geschichtet, so dass sich der Hörer auf einen sich kontinuierlich ändernden Trip unterschiedlicher Intensität begibt. Mal ist der Sound unmittelbar und direkt, wie wenn man neben einem Kühlaggregat steht, mal eher unterschwellig, wie wenn man die Geräusche einer Stadt aus der Ferne hört. Teilweise fühle ich mich an die MC von XEDH erinnert. Stück 1, „Flow Flow Flow“, ist dabei vom Experimental-Musiker Andrea Ics Ferraris „remixt“,
„Flow Flow“ beginnt mit „klappernden“ elektronischen Geräuschen, die von einem brummenden Bass verdrängt werden, den seinerseits Kratz- und Pfeiffgeräusche überlagern. Später kommt zeitweise ein rhythmscher Loop hinzu. Ob es sich bei „Flow Flow“ um die Basis für „Flow Flow Flow“ handelt, lässt sich nur schwer sagen.

Ein Wort noch zum Äußeren der auf 50 Stück limitierten Kassette. Die kommt – völlig unbeschriftet – in eine hübschen Filzhülle (bei mir schon nach kurzer Zeit mit Katzenhaaren verseucht) und einem einfachen Einlagezettel. Nicht die hohe Verpackungskunst aber ganz nett und so auch noch nicht gesehen.

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Kadef / Napalmed

Kadef / Napalmed – Untitled (MC, no label)

Bei dieser Veröffentlichung musste ich unbedingt zugreifen. Wer von Euch hätte nicht auch gern so ein ansprechendes, dreieckiges und grünes Objekt in seinem Haushalt? In seinem Inneren findet sich ein Tape mit einer braunen und einer grünen Seite. Die erdfarbene Hälfte hat Kadef mit dem Titel „Triste Rispe“ in drei Teilen bespielt. Hinter dem Projektnamen versteckt sich der polnische Musiker Kalojan Witanski, der seit Mitte der 1990er Jahre mit zahlreichen Tonträgern an das Licht der Öffentlichkeit getreten ist. Hier präsentiert er drei recht kakophonische Stücke, die nach gestörter Radiosendung aus der Irrenanstalt klingen. Neben den atmosphärischen Störungen bestimmen elektronisch verfremdete Schreie das Klangbild. Es rumpelt, kratzt und quietscht, dass es eine wahre Freude ist.
Seite 2 – in Grün gehalten – enthält ebenfalls ein dreiteiliges Stück mit dem witzigen Titel, „Split Peas vs. Greenpeace“. Verantwortlich dafür zeichnet Radek K. aka Napalmed. Die tschechische Noiseband, mittlerweile zum Soloprojekt geschrumpft, ist ebenfalls seit Mitte der 1990er aktiv.
Alles beginnt eher recht entspannt mit wirren, flirrenden Geräuschen über elektronischen „Schüssen“. Abschnitt II beginnt eher „verträumt“, mit stark verhallten Kratz- und Klopfgeräuschen, bevor eine brüchige Harsh Noise Schicht darüber gebügelt wird.  Doch dabei bleibt es nicht, was dann folgt kann man eigentlich nur „experimentell“ nennen, weil es sich schwer beschreiben lässt. Abwechslungsreiche synthetische und manipulierte Sounds, die immer wieder die Richtung wechseln.

Alles in allem ein interessantes Werk im Noise Genre, das mit gerade einmal 11 veröffentlichten Exemplaren einer großen Hörerschaft leider vorenthalten bleibt.

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Napalmed

Napalmed – Napalmed (MC, Ascarid Records)

Diese Tape aus dem Jahre 2010 gehört zu den jüngeren Werken der tschechischen Noiser. Es enthält  pro Seite drei Stücke, die alle einen Titel haben, wie er der Namensvergabe digitaler Fotos üblich ist: 100821_2, 100821_3 bis 7. Eine 1 gibt es seltsamerweise aber nicht. Witzigerweise sind zudem auch immer die entsprechende Stücke etwa gleich lang  A1 und B1, A2 und B2 und A3 und B3. Das  ist insofern verwunderlich, da die Zweier und Dreier-Stücke 13 bzw. 24 Minuten dauern. Ob dies ein Stück Napalmesische Zahlenmystik ist – wer weiß?
Soundtechnisch geht es auf jeden Fall nicht sehr spirituell und abgehoben her, sondern körperlich brutal. Elektronische Verzerrerorgien, Pin Ball Wizard Noise mit ständigen Frequenz- und Richtungswechseln. Da wird an den Knöpfchen gedreht, bis die Ohren bluten, doch zeigen sich Naplamed dabei als Beherrscher des Chaos. Nie hat man den Eindruck, dass hier etwas aus dem Ruder läuft, wie abrupt die Wechsel auch sein mögen, wie abgedreht die Sounds, ob es nun blubbert, kratzt, kreischt oder die Harsh Noise Wall aufgebaut wird. Nicht unbedingt entspannend, trotz mancher „ruhigerer“ Momente und wahrscheinlich auch nur Ohrenfutter für Noise-Weirdos, zu denen ich mich nicht zähle. Über die ganze Länge des Tapes fällt es mir eher schwer, dem Gescherbel, Gepfeife, Geknister und Gequietsche zuzuhören. In kleinen Dosen ist das aber mal ganz angenehm, um das Gehirn durchzuspülen.

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Napalmed / INM

Napalmed / Imperial Noise Mutation ‎– O.K.U.S. / No Title

Tape Nummer 3 in meinem Besitz, auf dem sich Napalmed verewigt haben und diesmal klingen die Tschechen wieder anders als bei den beiden anderen Veröffentlichungen. Seite 1 enthält vier Stücke, die alle das „Okus“ im Titel tragen – Pokus, Hokus, Fokus und Krokus; ein erneuter Beweise für den schrägen Humor von Napalmed.
Die mit einem Software Synthesizer live aufgenommenen Tracks sind wieder einmal recht abwechslungsreich, wenn man damit meint, dass Napalmed die Tonleiter hoch und runter, die Bandbreite von hoch bis tief, die Sounds von sparsam bis massiv durchdeklinieren. Kein leichter Tobak aber recht kurzweilig. Ungewöhnlich für die Tschechen ist, dass hier auch einmal Samples zum Einsatz kommen.
Die dänischen Imperial Noise Mutation legen im Vergleich zu Napalmed noch eine Schippe drauf. Ihr namenloser, knapp eine dreiviertel Stunde langer Track beginnt mit kreischenden Noises kurz vor Wanddichte. Der chaotische Soundmix, hergestellt mit einer einseitigen Gitarre, Effekt-Pedalen, Theremin einem „transcutaneous electrical nerve stimulator“ und Circuit Bend Electronics bewegt sich immer kurz unter der Schmerzgrenze, das “Hauptgeräusch“ ist ein Pfeifen. Zudem rumpelt, kreischt und scherbelt es, ohne dass es dabei Richtungswechsel in wahnwitziger Geschwindigkeit gibt. Man kann sich das Ergebnis eher als einen durchgängigen, langsam veränderlichen Track vorstellen, der immer wieder „aufgeraut“ und auch mal durch den Zerhacker gejagd wird. Die verwendeten Sprachsamples, die hier ganz im Hintergrund zu hören sind, dienen vielleicht dazu, geheime Botschaften zu infiltrieren – zu verstehen ist nichts.
Allzu viel ist über das dynamisch-dänische Duo nicht herauszubekommen, außer, dass die Herren auch in verschiedenen anderen Projekten aktiv sind.

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Steinbeisz

Steinbeisz – Heimbrut (MC, D.N.A. Zornwerk Rec.)

Steinbeisz ist ein Dresdner Noise Musiker, der eine Weile lang recht aktiv in der hiesigen Szene war. Die erste Seit des Tapes enthält vier Stücke, von denen drei mit „set-datum“ bezeichnet sind, also offenkundig Aufnahmen, die live erstellt wurden.
Set 1 variiert hohe Töne, die von einem „personal alarm“ stammen könnten und fügt diesem Pfeifen basslastige Grunzlaute hinzu.
Bei „Napalm Surf Contest“ wird ein Flugzeuggeräusch mit Bassdrones und Noises versetzt, bevor das Ganze von einem chaotischen Frequenzgewitter zum Absturz gebracht wird.  Beim Set 2 legt Steinbeisz nochmal eine Schippe drauf, das Ganze wirkt schneller, hektischer und es zucken die Elektronenblitze. Set 3 klingt dann sehr nach einer Gitarre als Basis für die verzerrten Sounds, die wieder wild durch den Raum wirbeln. Langeweile kommt da keine auf.

Auf Seite 2 findet sich dann „nur“ ein Song von 28 Minuten Länge, der schon fast als ruhig zu bezeichnen ist, mehr Ambient als Noise mit einem Touch von Improvisation auf einem Bass. Daher auch der Title „BassRelief“. Der Sound könnte ein wenig klarer sein aber ansonsten ist das wirklich ein sehr schickes Stück aufgerauter Trance Musik, bei dem Steinbeisz Noise mit angezogener Handbremse zelebriert.

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Legion Of Swine

Legion Of Swine – XX / XV (MC, Ojud)

In bester DIY-Manier kommt dieses Tapes in einem selbstgestalteten Cover – da hat der Künstler Hand persönlich angelegt, auch bei der Beschriftung des Tonträgers. Darauf enthalten sind zwei recht lange Stücke (ca. 15 Minuten), die jeweils eine Seite des Tapes belegen. „XX“ ist ein verkratzter maschineller Rhythmus kurz vor der Schwebung, der den Hörer schnell gefangen nimmt. Wären da nicht immer wieder „Störgeräusche“ – gut austariert, dass das Ohr sie zwar wahrnimmt, der Grundstimmung aber erhalten bleibt – könnte man das Dargebotene durchaus als meditativ bezeichnen.
„XV“ verwendet ein ähnliches Prinzip. Basis bildet hier ein sich ständig wiederholender elektronischer Dreiklang mit Walzercharakter, der durch von Noise-Bienengebrumm attackiert wird.  Das ist seltsamerweise recht harmonisch, immer vorausgesetzt, man mag es nicht zu glatt. Über die Zeit wird der Noisanteil immer stärker und verdrängt den „Walzer“ dafür dröhnt es deutlicher. Eines dieser Stücke, die sich langsam aber stetig verändern, so dass man es beim Hören nicht so schnell bemerkt.
Insgesamt ist es sicher nicht falsch, den Sound von Legion Of Swine als intelligenten Noise zu bezeichnen. Weder setzt der Mann aus Leeds auf ziellose Geräuscheskapaden, noch ist sein Werk langweilig.

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Kristus Kut

Kristus Kut – Gathering Of The Gods (MC, Memoires Bruitistes)

Der Holländer Georg Mensink aka Kristus Kut gehört sicher zu den produktivsten Klangschaffenden im experimentellen Untergrund. So hat er, darf man den Angaben bei Discogs glauben, seit 2008 etwa 30 eigene und Splitveröffentlichungen zu verantworten, dazu einige Singles und zahllose Samplerbeiträge. Kein Wunder, dass sich da kein einheitliches Klangbild ergibt, kaum ein Kristus Kut Werk klingt wie das andere.
Das vorliegende Tape mit dem Namen „ Gathering Of The Gods“ ist zweifellos in Dark Ambient zu verordnen. Langsam sich entfaltende Klangflächen, sehr düster und mit enormem Hall versehen. Anfangs ist dies der ideale Soundtrack für einen Gruselfilm, der in einem gigantischen Höhlensystem spielt.Später wird das Ganze etwas luftiger und offener, dabei immer noch recht geerdet.
Seite 2 enthält Ambient mit Gestöhne. Sprich hier wurde wohl ein Pornofilm mit den entsprechenden Geräuschen genommen und darunter Flächensounds und elektronische Chöre gelegt. Das ist auf Dauer nicht unbedingt unterhaltsam und auch nicht erbaulich.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Seite eins ist ganz gut, Seite 2 eher überflüssig. Größtes Manko ist aber die Soundqualität, denn die ist dünn. Man muss die Regler schon sehr hoch drehen, um Strukturen zu hören und da stört das Bandrauschen schnell. Per Kopfhörer verpufft die Wirkung der Musik fast vollständig. Kut ist halt nicht Lustmord…

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Burial Hex / Stor

Burial Hex / Stor ‎– Archangel Invocation (MC, Sky Burial)

Etwas gemein ist es schon, dass man die Hülle zerstören muss, will man das sich Tape anhören. Also die Folienverpackung aufgeschnitten und eine unbeschriftete Kassette entnommen. Silbernen Faserschreiber gegriffen und das Werk selbst markiert – wie ich das hasse…
Ich weiß, ich bin schlimm aber ich habe noch einige Tapes rumliegen, wo ich einfach nicht mehr weiß, was da nun eigentlich drauf ist. Dumm gelaufen.
Genug gejammert, MC in das Abspielgerät und gelauscht. Seite 1 enthält den Mitschnitt eines Konzertes von Stor vom 13. November 2012 in Prag. Immerhin konnte ich soviel erfahren, dass das Ambient / Industrial-Projekt aus der tschechischen Hauptstadt stammt, das war es dann aber auch. Konzentrieren wir uns also auf die Musik: Am Anfang steht ein Klassikstück unter Noisegewittern, das bald von dunklem Röhren abgelöst wird. Hier ist das Kreischen wilder Kreaturen zu hören, dann zunehmend hellere Drones und eine beschwörende Stimme, ein windiger Trauermarsch, der von metallischen Posaunen und dunkeln Verwünschungen begleitet wird.

Seite 2 bespielen Burial Hex mit einem Konzert in Bratislava. Der umtriebige Amerikaner Clay Ruby beginnt mit einem Intro, das von einem 60er Pop-Song zu stammen scheint. Im weiteren Fortgang wird das Klangbild immer düsterer und fast schon dämonisch. Mit dunkelsten Klavierpassagen, die auch von Diamanda Galas stammen könnten und einer röhrend-grunzenden Stimme, neben der Tabor Radosti freundlich wirken. Wahrscheinlich ist das ganze ein finsteres Ritual – nicht umsonst heißt das Tape „Erweckung des Erzengels“…
Im weiteren Verlauf wird die Beschwörung dann wieder elektronischer, ein „Hubschrauber“ kreist über einem schreienden Priester des Bösen.

Soundtechnisch bewegen wir uns hier eindeutig im Bootleg-Bereich, zu viel sollte der geneigte Hörer also nicht erwarten. Das ganz klingt wie ein während des Konzertes aus der Tiefe des Raumes gefertigter Mitschnitt. Aber immerhin ist das C70 Tape auf 67 Exemplare limitiert.

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t.b.c.

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