Zuvorderst eine traurige Nachricht: Kingdom Of Heaven müssen leider absagen. Aber im Bereich Industrial gibt es wieder einige interessante Ankündigungen.
Mittlerweile auch offiziell bestätigt, zuvor bereits in Facebook erwähnt, wurden BLACKHOUSE, eine der einflussreichsten Industrial / Noise Bands. Wenn das stimmt, gehe ich an die Decke, auch wenn die aktuellen Stücke vielleicht nicht mehr so der Hit sind. Vielleicht kommen ja auch ein paar ältere Titel zum Einsatz, vielleicht sogar „Answers For You“.
Sehr schön ist es auch, dass ich noch einmal Gelegenheit haben werde, CLOCK DVA zu sehen. Das Erstlingswerk der Briten erschien auf dem Industrial Records Label, auch wenn das, was Clock DVA damals boten, kaum etwas mit dem Sound von Throbbing Gristle etc. zu tun hatte. Selbst fand man den Ausdruck Northern Industrial Soul, womit die Referenz auf Northern Soul, eine Musikbewegung von Ende der 1960er Jahre gesetzt ist, die sich der Wiederentdeckung alter Soulplatten widmete. Tatsächlich würde ich „Black Souls in White Suits“ von 1980 eher als eine Art psychedelische Improvisationsmusik bezeichnen. Später tendierte der Clock DVA Sound mehr in Richtung sehr spartanischer, rhythmusbetonter Elektronik, die man heute wohl als IDM bezeichnen würde, wobei der Sound immer etwas sperrig blieb. Allzu viel Neues hat Adi Newton, verbliebenes Gründungsmitglied der Band, in letzter Zeit nicht gemacht, vielleicht passiert ja bald mal wieder was…
GERECHTIGKEITS LIGA ist eine Oldschool Industrial Band – also eine mit schrägen Sounds, monotonen Loops, Live-Trommeln und intelligenten Themen – aus Großbritannien, deren Mitglieder aber hierzulande geboren sind. Die ersten Tonträger veröffentlichte das Projekt Anfang der 1980er, dann war erst einmal 25 Jahre Stille. Nun ist die Gerechtigkeits Liga wieder aktiv. Einer der Pflichttermine bei meinem WGT.
PHASENMENSCH ist ganz angenehme elektronische Musik aus dem Hause Hands, mit allerhand Atmosphäre und Samples und natürlich auch ordentlichen Gerumpel. Allerdings setzt das Duo nicht auf Dauerrhythmus, sondern bietet dem Sound Raum, sich zu entfalten. Kann man sich auf jeden Fall anhören.
Kommen wir zu den weniger erfreulichen elektronischen Acts.
Combichrist gehören ja bekanntermaßen zu den erfolgreichsten Dark Electro / EBM Bands, die soundtechnisch irgendwo zwischen Nitzer Ebb und Krupps ohne Gitarren liegen. Persönlich kann ich da nicht so viel mit anfangen aber wenn ich die Typen nicht sehen muss, kann ich mir das auch mal anhören, allerdings nicht zu lange. Ich kann’s nicht ändern, ich finde die Kombo dumm.
TERROLOKAUST aus Spanien klingen wie die meisten anderen Dark Elektro Bands. Viel Bumm Bumm und vorgetäuschte Aggressivität. Wenigstens die Stimmen sind OK.
Zu JÄGER 90 muss man eigentlich nicht viel sagen, außer, dass das Duo wie DAF klingt. Sowohl vom leicht modernisierten Sound her als auch inhaltlich. Treibende Sequenzerbeats und spartanische, schräge Texte. Ist schon OK aber wie bei THE ESSENCE bevorzuge ich das Original.
Womit wir bei poppigen KLängen wären. Die Cure Fans werden sich freuen – die holländischen THE ESSENCE klingen fast wie die britischen Szenehelden, insbesondere die Stimme des Sängers. Ich schau mir dann lieber das Original an, zumal dass eine sehr poppige Cure Phase ist, der hier gehuldigt wird, die mir eh nicht so richtig gefällt.
SEA+AIR ist ein Popduo aus deutschen Landen. Nette, leicht melancholische Liedchen mit männlichem und weiblichen Gesang. Nicht die Offenbarung, mir geht vor allem das häufige Gejaule auf den Keks. Klingt für mich mehr nach studentischer Zielgruppe als nach Grufti-Kompatibilität.
TEMPERS, ein Duo aus den USA, macht recht ansprechenden „Minimal“, wobei das elektronisch-kalte gar nicht so sehr im Vordergrund steht und ich mich eher an die ganz alten Sisters erinnert fühle. Allerdings mit dunkel-warmer Frauenstimme.
Eine gute Nachricht ist, dass MILA MAR wieder auftreten, das erste Mal seit 2004. Vielleicht geht es ja auch mit der Gruppe weiter, die bei Dead Can Dance Fans schnell Anklang fand, weil sie es ebenso gut verstand, Mittelalter- und Weltmusik mit tiefgründigem Pop zu verbinden. Wäre zumindest wünschenswert.
Leider gibt es nicht nur Mila Mar. RELIQUIAE machen aufs meiner Sicht öden, mittelalterlastigen Pop. Kann ich mir nicht anhören.
Bei SVARTSOT trifft Metal auf Mittelalter. Also quasi Metalalter. Zu den auf hart getrimmten Saufliedern grunzt der Sänger der dänischen Band dunkle Weisen. Nur der Kastraengesang bleibt uns erspart. Geht so, muss ich aber nicht haben. Am besten genießt man dieses Metallalter mit Met.
Ziemlich ähnlich aber noch einen Zacken dämlicher klingen die ungarischen DALRIADA. Alberne Volksmusik auf Speed. Fleischgewordene Klischees zum Mitgrölen. Nicht viel anders verhält es sich mit den russischen ARKONA.
Viel Freude habe ich auch an HAGGARD nicht. Selbst das große Orchester rettet den medievalen Metal Opernkitsch nicht. Da gruselt’s mir…
Die spanische Metalller METAL CAMBRA haben hingegen eine Vorliebe für irische Musik und einen Hang zur Klassik. Mich erinnert das Ganze an die Progrock-Bands der 70er mit ihren unglaublichen technischen Fertigkeiten. Schon tolle Sache aber ich bin auch kein allzu großer Klassik-Anhänger. Mir wäre es lieber, die Herren würden weniger Kunst machen und es richtig krachen lassen. Wer Letzte Instanz und dergleichen mag, sollte hier einmal reinhören.
LUIGI RUBINOs Musik passt nur bedingt aufs WGT, denn sie ist vollkommen frei von der szenetypischen Effekthascherei. Klavier und Streicher erzeugen mehr Melancholie und Traurigkeit, als das Wirken mancher Kostümkombo. Klassikfans werden die Musik vielleicht etwas kitschig finden aber auch das gehört zum Leben.
Bei DEATH IN ROME weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. „Death in Rome is a Neofolk Group covering pop songs“ und dann auch noch welche von Rihanna und Co. Wer braucht so einen Mist? Sinnlosen Pop im Stile von 08/15 Neofolk gespielt. Die nehmen bestimmt Drogen…
COMBICHRIST (N) , RELIQUIAE (D) , TERROLOKAUST (E) , SVARTSOT (DK) , THE ESSENCE (NL) – spielen das Album „Glow“ – JÄGER 90 (D) , GERECHTIGKEITS LIGA (GB) , SEA+AIR (D) , DALRIADA (H) MILA MAR (D) – erstes Konzert seit 2004 , TEMPERS (USA) , METAL CAMBRA (E) , LUIGI RUBINO (I) , PHASENMENSCH (D) , DEATH IN ROME (D) – BLACKHOUSE (USA) – Weltpremiere – Clock DVA (GB), HAGGARD (D) – ARKONA (RUS)