Melanchoholics – Solar Café (LP, Deafborn Records)

Melanchoholics

Die Melanchoholics sind – oder mittlerweile muss ich leider „waren“ sagen – ein Trio aus Düsseldorf. Der tragische Tod von Gitarrist Benedikt im Alter von gerade einmal 32 Jahren beendete dieses musikalische Projekt. Die Melanchoholics existierten seit 2001 und brachten es auf insgesamt drei Longplayer, inklusive des vorliegenden „Solar Café“. Eines gleich vorab: Das Album ist ein würdiger Abschluss dieser Geschichte und sicher auch ein adäquates Erinnerungsstück für alle Beteiligten und Fans. Das beginnt schon mit dem fantastischen Äußerem der LP, dem schweren roten Vinyl und dem Einleger. Doch die Melanchoholics bleiben nicht an der Oberfläche stehen, ihre Musik bietet viel Raum für eigene Erkundungen.

Das „Solar Cafe“ ist ein Ort, der viele Facetten hat. Mit „Rotten City Radio“ begeben wir uns nach einem unvermittelten, holprigen Start in traumhafte Gefilde, die durch langsame Gitarrenklänge, entrückte Samples und allerhand Geräusche gebildet werden. Für Erdung sorgen wie hingeworfen wirkende verzerrte Gitarrentöne.
In „Adam Dunkel“ begeben wir uns im Stile der 70er Jahre auf eine kosmische Reise, diese Assoziation wird zumindest Dank elektronischer Flächen, „Schweineorgel“ und eines schleppenden Basses geweckt. Eine leicht verspulte Stimme führt uns durch den luftleeren Raum.
Die „Paranoia Lodge“ erscheint mir dann gar nicht so paranoid, sieht man ein wenig vom düster-basslastigen Drönen und einer etwas wirr daherredenden Stimme am Anfang ab. Im zweiten Drittel wird das Stück dank melancholischer Gitarrenakkorde zunehmend sonniger. Zu diesem Eindruck trägt auch eine weibliche Stimme bei, wobei Verzweiflung und Verfolgungswahn nicht vollständig verschwinden wollen.
Mit einem glockenartigen Drone und Gewitterklängen beginnt „Hiring Bearded Women“, sehr düster und aus der Ferne drohend. Nähe schaffen erst verzerrte, hallige Gitarrenklänge, die keine Richtung zu scheinen haben. Erst gegen Ende des Stückes ergibt sich zum Klang fallenden Regens eine dynamische Melodie, die aber nach kurzer Zeit abrupt abbricht.
Beim titelgebenden „Solar Café“ thronen schwebende, verträumte Gitarrenklänge über fast schon unheimlichen Geräuschen. Die gelegentlichen Ausbrüche an Energie ändern nichts an der melancholischen, leicht traurigen Grundstimmung, die Stimmsamples tragen zu einem Gefühl des Verlassenseins bei.
Eine Stimmung, die das bedächtige „Presence Of Absence“ noch verstärkt. Spartanisch gesetzte Gitarrenakkorde, ein langsamer, monotoner Beat und das allgegenwärtige Geräusch des Windes lassen das Bild einer offenen, leeren Landschaft vor dem inneren Auge erstehen.
Dann schwenkt die Platte wieder in Richtung 70er Jahre und spacige Synthesizerklänge ein. Auf „The End Belongs to this World“ wird das schwerelose der Elektronik mit erdigen Kratzgeräuschen kontrastiert, eine „Vorwarnung“, für das, was dann kommt: kurze, diabolische Black Metal Ausbrüche. Doch so schnell wie der Teufel erscheint, verschwindet er auch immer wieder und das Ende dieser Welt bleibt eher eine entspannte Angelegenheit.
Die Platte selbst endet offiziell mit „Minus1One“, ein Zusammenspiel von entrückten Field Recordings, die klingen, wie vom Wind aus einer in der Ferne befindlichen Fabrik herübergetragen, und Gitarrenklängen á la Neil Young in „Dead Man“.
Wie gesagt, „Solar Café“ ist eine recht abwechslungsreiche Platte auf der die Melancholics, ihrem Namen und dem Titel des Tonträger entsprechend, Langsamkeit, Melancholie und die Weite des Raumes erforschen. This journey ends here. Schade.

Wie mittlerweile üblich gibt es zum Vinyl einen Download und damit zwei weitere Titel, die sich gut in das Klangbild von „Solar Café“ einpassen. Scheinbar finden sich die Stücke nicht auf der CD, zumindest wenn man den Angaben von Discogs glauben darf.

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