Flensburg an Wiesbaden

11. Juli 2006

Nehmen wir mal an, die Abteilung „Beobachtung der Konkurrenz“ in einem Auto-Unternehmen hat Scheiße gebaut. Die Betreffenden stehen im Fokus und plötzlich fällt allen auf, dass diese Abteilung schon seit einiger Zeit nichts mehr auf die Reihe bekommt, aktuelle Entwicklungen regelmäßig verschlafen wurden. Statt sich mit den Fahrzeugen der Mitbewerber auseinander zu setzen, hat die Abteilung im eigenen Betrieb Unruhe gestiftet, der pekuniäre Nutzer ihrer Aktivitäten ist gleich Null. Was würde der Chef des Ladens in solch einem Fall tun? Wenn er ein wenig Arsch in der Hose hat, setzt er die Abteilungsleiter ab oder löst den ganzen Haufen auf. Klar, oder?

Nicht so klar ist die Sache, wenn es nicht um die Konkurrenz im Autogeschäft geht, sondern um die im „Kulturkampf“. Denn der islamische Terror bedroht die Freie Welt auf abscheulichste Weise. Um Anschlägen auf unsere Gesellschaft vorzubeugen, brauchen wir Geheimdienste, die die Turban und Bart tragenden Schurken im Auge behalten. Zwar hat sich erst vor kurzem herausgestellt, dass die Effektivität von BND, MAD und BfV sehr zu wünschen übrig lässt und auch, dass die Dienste sich Journalisten als Quellen bedient haben, zumindest von der Verschleppung deutscher Staatsbürger durch die CIA wussten und von Informationen die Verdächtigen durch Folter abgepresst wurden, profitierten. Aber was soll’s: „nobody is perfect!“
Ganz klar, dass man diesen vertrauensweckenden Diensten und den dort beschäftigten Schlapphüten neue Befugnisse einräumt. Derzeit liegt bei der Bundesregierung der „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes“ auf dem Tisch. Wenn dieser Entwurf umgesetzt wird, dann haben BND und MAD in Zukunft das Recht, Auskünfte Fahrzeug- und Halterdaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrtbundesamtes abrufen zu können. Automatisiert! Einzelfallprüfung, was ist das? Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verfügt übrigens bereits über diese Möglichkeit.
Zudem sollen die Nachrichtendienste den Zugriff auf Kontostammdaten bei Kreditinstituten erhalten. Zum Glück ist man höheren Orts sich bezüglich dieses Punktes noch nicht ganz einig, ob das rechtens ist, aber spätestens wenn hierzulande die erste Bombe explodiert, wird auch diese Schamgrenze fallen. Nichts ist mehr geheim für die Geheimdienste: Daten von Luftfahrtunternehmen, Banken, Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen müssen auf Anfrage herausgegeben werden, die Identifikation von Mobiltelefonen ist längst Usus.
Aber eigentlich geht uns das ja nichts an, weil wir nichts mit Islamismus und Terror zu tun haben. Eigentlich ist das ja alles nur zu unserem Wohl. Wenn die Experten von Verfassungsschutz, BND und MAD die Sache in die Hand nehmen, dann wird schon alles klar gehen. Mit einem Missbrauch ist bei diesen treuen Staatsbürgern nicht zu rechnen. Ich fühl mich schon viel sicherer.

Kritik an der Ausweitung der Befugnisse (Heise)

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