Die „Lügenpresse“ in Aktion

Gerade ist der Ausdruck „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres erklärt worden. Besonders in Rechtsaußenkreisen war der Begriff schon lange in der Verwendung, mit den Pegida-Demonstrationen hat er an Popularität gewonnen. „Lügenpresse“ soll heißen: Die etablierten Medien lügen durch die Bank weg, sie sind Teil des Systems (gern wird auch der Ausdruck „Systempresse“ verwendet), dessen wichtigstes Anliegen es ist, die Menschen dumm und willig zu halten.
Auch wenn meine persönlich politische Einstellung „links“ ist, kann ich die Kritik verstehen. Glaubte ich nach der Wende, dass die bundesdeutsche Presse unabhängig ist, musste ich irgendwann feststellen (die Lektüre des Spiegels hat sicher dazu beigetragen), dass auch im goldenen Westen beschönigt, verkürzt, eingefärbt wurde. Sicher geschickter als früher aber doch erkennbar. Das folgende Video umreißt die Ursachen der Unfreiheit unserer demokratischen Medien und ihre politischen und wirtschaftlichen Bindungen recht klar und zeigt auf, wo die Probleme liegen.

Das Ideal der Medien ist es, dass sie uns zu allseits gebildeten und informierten Bürgern machen, die aufgrund ihres Wissens, sinnvolle, der Gemeinschaft dienliche Entscheidungen treffen können. Nun habe ich noch in der Schule gelernt, dass der Staat das Machtinstrument der herrschenden Klasse ist, was ich für eine zutreffende Beobachtung halte, und die Medien als vierte Gewalt im Staate dienen auch in der Demokratie dem Machterhalt der herrschenden Klassen, Eliten, Schichten oder wie immer man es nennen will (* siehe das Video am Ende). Sie sind also manipulativ. Ein Zeichen der Demokratie ist es, dass es zu der „offiziellen“ Meinung auch immer noch alternative gibt. Das im Einzelnen auszudiskutieren, soll hier nicht das Anliegen sein.

Was mich vielmehr umtreibt, ist die Tatsache, dass es gerade in einer Zeit des lautstark geäußerten Misstrauens gegen die Presse passiert, dass bei der Charlie Hebdo-Demonstration in Paris, die Staats- und Parteichefs 🙂 der europäischen Länder Arm in Arm durch eine abgesperrte Seitengasse ziehen und das Ganze dann dem Publikum so verkauft wird, als ob die Herrschaften an der Spitze der Demonstration liefen. Nun mag es Sicherheitsbedenken geben, die dieses volksnahe Demonstrieren unmöglich gemacht haben aber der Vorfall zeigt doch, worum es geht; nämlich schlicht und ergreifend um Symbolpolitik, um das Produzieren schöner Bilder.

Als in Dresden Ansässiger konnte ich jahrelang den Zirkus um die Demonstrationen zum 13. Februar miterleben. Die Diskussionen der lokalen Politprominenz drehten sich nie darum, wie man Naziaufmärsche verhindern kann, sondern immer nur darum, welch negatives Bild von Dresden durch das „Event“ um die Welt ging. Konsequenterweise hat man mit der Menschenkette, getragen von einem breiten bürgerlichen Bündnis, auch schöne Bilder vom weltoffenen Dresden produziert, während sich die „linken Chaoten“ auf der anderen Elbseite dem Naziumzug entgegenstellten. Im Zusammenhang der bürgerlichen Demos war oft die Rede von „Gesicht zeigen“ – die Nazis werden die Teilnehmer wohl kaum erkannt haben, der Fluss hat in der Stadt einiges an Breite zu bieten.

Zeichen setzen und das war’s

Auch hier, also nichts als Verlogenheit. Wunderbare Symbolpolitik ohne Konsequenzen. Doch halt, nicht ganz! Noch ein paar Morde von islamistischen oder auch anderen Terroristen und wir haben endlich auch unseren Patriot Act, denn das ist es doch, worum es letztendlich geht. Nach Ursachen für die tragischen Vorfälle sucht niemand mehr. Betäubt vom „Je Suis Charlie“-Gesäusel und ermahnt zur Einheit stellt keiner mehr die Fragen: Wie konnte es dazu kommen, dass diese Menschen zu Fanatikern, zu Mördern wurden? Warum sterben bei uns die militanten Rechtsradikalen nicht aus? Kann es sein, dass diese Menschen – und ja liebe Antifaschisten, auch Nazis sind Menschen und keine Insekten, denn mit der Entmenschlichung beginnt das Morden – sich in dieser Gesellschaft nicht mehr heimisch fühlten, dass sie für sich keine Perspektive sahen oder sich einfach nur machtlos vorkamen angesichts der geringen Möglichkeiten, Dinge in ihrem Sinne zu ändern? Kann es sein, dass die weniger radikalen aber genauso desillusionierten Menschen bei Pegida anzutreffen sind? Fällt möglicherweise unsere Gesellschaft auseinander und wir treiben diesen Prozess noch voran, indem wir uns aufhetzen und empören lassen, für oder gegen jeden Scheißdreck? Und welche Rolle spielen die Medien in diesem Prozess? Belügen Sie uns? Verheimlichen Sie einen Teil der Wahrheit?

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