Sonntag

Der Sonntag begann wieder recht zeitig, so konnten wir im nahe gelegenen Heidnischen Dorf OMNIA sehen. Die Reaktionen auf diese Band sind im WGT-Forum sehr euphorisch, das was ich sehen konnte war zumindest überzeugend. Die Holländer glänzten mit Spielfreude, viel Witz und eigenen Ideen - so machten sie sich ständig über Mittelalterbands und ihr umfangreiches Repertoire lustig und spielten selbst eine Gag-Version des bekanntesten Mittelalterknallers - nein das Palästinalied war's nicht. Wir streuselten über den Markt und später durch die Stadt. Dabei verging die Zeit und es wurde schon reichlich knapp für ROSA CRUX. Idiotischerweise ging ich davon aus, das selbige im Cinestar spielen und so kamen wir erst während des Konzertes am Schauspielhaus an. Dort standen hunderte vor der Tür und ich entschied mich, entgegen meiner Art einfach vorzudrängeln. Das gelang leichter als gedacht und keine fünf Minuten später waren wir im Saal, wenn auch nur auf der Empore und wir hatten zum Glück auch fast nichts verpasst. Ich hätte schreien können vor Freude, unterließ das aber, um as gigantische Schauspiel nicht zu unterbrechen. Selbiges zu beschreiben ist kaum machbar, man muss es schon miterlebt haben. ROSA CRUX bieten einem gigantischen ProgRock-Sound mit Einflüssen von klassischer Musik. Allein das Equipment auf der Bühne war schon ein Leckerbissen. Das Schlagwerk war automatisch - die Trommeln wurden über ein Tasteninstrument bedient. Dazu gab es ein riesiges Glockenspiel auf der Bühne. Die Dame am Cello und der achtköpfige Chor taten ihr übriges. Im Zentrum der Bühne stand Sänger und Gitarrist Olivier, der stimmlich zwischen Mann und Frau schwankte (Ich dachte immer, bei Rosa Crux gibt es auch eine Sängerin.). Insgesamt erinnerte mich das Ganze manchmal an die ruhigen Momente von Heroes Del Silencio erinnerte, was jetzt nicht negativ gemeint sein soll! Auf der Bühne wirkte das Spektakel wesentlich rockiger, als auf den Aufnahmen, die ich kannte. Dazu kam die großformatige Projektion, die noch dadurch getoppt wurde, dass zwei Figuren aus dem Film auf der Bühne auftauchten. Wie sich das Paar da mit Staub bewarf, war schon ein recht apokalyptisches Bild und passte hervorragend zum Sound.

Die nachfolgenden IN THE NURSERY sind zwar wesentlich bekannte als die Franzosen, besser - aus meiner Sicht - waren sie aber auf keinen Fall. Ihre Musik ist wesentlich poppiger und manchmal auch etwas flach. Nichts desto trotz war es schön, das Bruderpaar mal live zu sehen, die großen Trommeln machen auf der Bühne schon einiges her. Auch Sängerin Dolores war nett anzusehen und -zuhören. Hits wie "Werkcörps" und "Twins" durfte natürlich nicht fehlen und das Volk goutierte es freudig. Nach einer Weile hatte ich dann genug und verließ den Raum.

Leider wieder etwas spät, denn im Anker angekommen, musste ich feststellen, dass ich APOPTOSE schon fast verpasst hatte. Naja, immerhin noch zwei längere Stücke bekam ich mit und ich muss sagen, dass mir das Gehörte gefiel. Elektronischer "Background" und dazu live-Drumming von, glaube ich 12 Trommlern, die auch wussten, was sie taten (im Gegensatz zu so manch Neofolk-Duracell-Häschen). Von dieser Formation werden wir in nächster Zeit sicher noch einiges zu hören bekommen, zumal gerade die 2002er CD "Blutopfer" von Tesco wiederveröffentlicht wurde.

Als nächstes folgten die Engländer von DIETER MÜH (wie die auf ihren Namen gekommen sind, habe ich noch nicht herausbekommen). Die beiden älteren Herren spielten einen gepflegten Dark Ambient, zu dem ich mich am liebsten hingelegt hätte, zumal das Video im Hintergrund - eine Reportage über geistig behinderte Menschen, 1:1 aus dem Fernsehen gemaust - nicht wirklich spannend war. Dafür war es der Sound umso mehr, da das Ganze reichlich abstrakt daher kam.

Wesentlich fließender klang dagegen das von LAND:FIRE präsentierte, die die gleiche Show ablieferten, wie kurz zuvor beim Konzert mit Inade. War nicht schlimm, gute Sachen schaut man sich gern auch ein zweites Mal an. Wie die Labelkollegen haben LAND:FIRE eine angenehme mystische Komponente in ihrer Musik. Das Video drehte sich wie gehabt um die Kraft der nuklearen Explosion.

Als nächstes folgten für mich die Headliner des Abends, die Franzosen PROPERGOL mit ihrem allerersten Auftritt. Leider waren die beiden Herren extrem zurückhaltend und ihre Stücke eher von der ruhigen Sorte. Zu richtig bösen Power Noise-Attacken kam es nur sehr selten, vom Video blieb mir nicht allzu viel in Erinnerung. Hoffentlich lassen es PROPERGOL beim nächsten Mal etwas mehr krachen, aber fast befürchte ich nicht, denn beide Musiker zeigten sich als extrem schüchterne, zurückhaltende Personen. Live zu spielen, scheint nicht ganz so ihr Ding zu sein.

Von NOVY SVET kann man das allerdings nicht behaupten. Sänger Jürgen Weber, dervon Frl. Trost an der Elektronik und von einem Saxophonisten begleitet wurde, fühlte sich sichtlich wohl auf der Bühne als "Rockstar" (ist nicht böse gemeint, sondern eher auf eine gute Präsenz hin gezielt). Die Musik zu beschreiben, ist wie schon angekündigt, reichlich schwer - Folk, Pop, Chanson, für eine Schublade sind die Österreicher einfach zu vielseitig. Dass ich mir das Konzert dann doch nicht bis zu Ende anschaute lag hauptsächlich daran, dass die letzte Bahn fuhr. Einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Projekt steht jedoch nichts im Wege, da ich das Gehörte zumindest interessant empfand.

Nach der elend langen Heimfahrt versuchte ich noch kurz einmal mein Glück in der Agra-Halle. Die angeblich recht sehenswerten Moi Dix Mois hatte ich natürlich verpasst. Schade eigentlich, da ich mir gern einmal mit eigenen Augen ein Bild von diesem neuen Trend Visual Kei machen. Naja, Pech gehabt. Nach Ohrenzeugen soll die versammelte Meute reichlich erschrocken über die doch recht harten Klänge gewesen sein… Da das Ereignis also schon zu Ende war, blieb mir nur noch die Disko. Da ich dort vom Einlass aufgehalten wurde, der mich mit meiner Wasserflasche nicht reinlassen wollte, drehte ich auf der Stelle um und ging ins Zelt. Die paar Takte Musik, die ich gehört hatte, waren den ganzen Stress einfach nicht wert.

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