Donnerstag - Tag "Null"

Vor einigen Jahren hatte ich schon einmal den Fehler begangen zum Donnerstag nach Leipzig zu reisen - die Schwarz-Allergie setzte dementsprechend früher ein. Für einen Auftritt von Laibach schien mir dieses Opfer jedoch gerechtfertigt. Nach der Ankunft in der Heldenstadt ging es erst einmal ins Agra-Gelände, wo ich schnell mein Presse-Kärtchen bekam und unbeanstandet den Zeltplatz betreten konnte. Einige freie Quadratmeter zum Aufstellen der temporären Hütte zu finden, erwies sich umso schwieriger (und das zum Donnerstag gegen 18 Uhr!). Nachdem auch dieses Hindernis überwunden war, ging es ab ins Werk II, wo Laibach im Rahmen der Bach-Tage die "Kunst der Fuge" zelebrieren sollte. Für mich stellte das Ganze dann keine große Erleuchtung dar, wie ich allerdings feststellen musste, hauptsächlich aufgrund meiner mangelnden Bildung. Zwei Tage später bekam ich einen umfassenden Vortrag darüber, was es mit der "Kunst der Fuge" auf sich hat, mit diesem Wissen ausgestattet, hätte ich das Werk sicher besser goutieren können. So blieb mir nur, erst vier Männer mit lustigen Barockperücken an ihren Labtops und die gleichen Herren später an einem Schachbrett sitzend zu beobachten. Im Hintergrund der Bühne war eine große Projektionsfläche angebracht, auf der rechts und links hauptsächlich Kriegsimpressionen zu sehen waren, in der Mitte das Bild einer Kamera, die direkt und live den Schachbrettmuster-Tisch aufzeichnete und auf diese Weise ein Laibach-Logo an die Wand warf. Sehr hübsche Idee, nur wenig tragfähig für eine ganze Stunde. Soundtechnisch konnte das Werk II auch nicht so recht überzeugen; den Teil der Halle, an dem der Sound optimal war, besetzten die echten Fans, anderenorts war das Hörerlebnis deutlich getrübt. Insgesamt also ein eher nicht so beeindruckendes Erlebnis, zumal die Hauptarbeit der Bach-Adaption am heimischen Computer erfolgt sein dürfte, und die Live quasi gegen Null ging. Da hätte man sich die eine oder andere optische Auflockerung noch einfallen lassen können, denke ich. Beim nächsten Mal werde ich mich auf jeden Fall vorab etwas besser informieren, denn der Dumme sieht weniger als der Blinde.

Nach Laibach ging es dann in den Volkspalast zur großen Eröffnungsfete. Was die Leipziger da aus der alten Messehalle 16 gemacht haben, verschlug mir regelrecht den Atem. Ein richtig schöner Ballsaal mit mondäner Ausstattung. Ich erinnere mich noch an das Katastrophen-WGT als hier im reichlich heruntergekommenem Ambiente Konzerte u.a. von Noisex stattfanden. Kein Vergleich - der Name Volks-"Palast" ist wirklich gerechtfertigt.
Die Fete an sich gestaltete sich recht hübsch, wenn auch der Saal schon recht zeitig bis zu seiner Kapazitätsgrenze ausgelastet war. Die Idee mit den live gespielten Gothic-Hits fand ich gut - endlich mal was Neues und außerdem bekommt so manch Szene-Jüngling mal eine Vorstellung davon, was es heißt, wirklich live zu spielen. Leider verpasste ich die für mich interessanten Gastsänger Wayne Hussey und Darrin Huss, dafür durfte ich das volle Set von das Ich erleben und die großzügige Absage von Herrn Kilo-Kramm an die "Begleitband" von Pink Turns Blue. (So ein Depp!) Gerade bei den Ich-bezogenen Szene-Helden zeigte sich, dass es wesentlich interessanter gewesen wäre, wenn alle Gäste Songs gecovert hätten. Wer will schon zum tausendsten Mal "Gottes Tod" vom Teufelchen und seinem Sensenmann hören? Lässt man dieses Manko außen vor, war die Sache, wie gesagt, mal eine witzige Bereicherung und durchaus fortsetzenswert.

Nach diesem Highlight trollte ich mich erstmal in Richtung Zelt-Bett, das Wochenende sollte ja noch lang werden.

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