Sonntag


"Greyhound"
Vordergründig war ich wegen Greyhound im Werk II. Da ich den Musiker aus Gera kenne und wollte ich mal sehen, was er so auf der Bühne treibt, da ich nur einige seiner früheren Veröffentlichungen kannte. Man sollte meinen, dass es ein undankbarer Job war, als Opener zu fungieren, aber die Halle war bereits brechend voll, und zwar gefüllt mit zum Tanzen geneigtem Publikum. Geboten wurde technoider Industrial, wie er momentan gut ankommt. Die Menge tanzt ergeben ohne Pause, ich brauchte Ohrstöpsel, da es in der ersten Reihe doch recht laut war. Ich denke aus Greyhound wird noch was.

"SNARPH"
Der Reigen wurde von "SNARPH" fortgeführt. Musikalisch hob man sich mit ein paar Sampels ab. Auf die Bühne kam jemand der mich stark an "Falling Down" erinnerte und eine Banane aus dem Aktenkoffer zauberte. Sonst wurde Tanzindustrial geboten: nichts wirklich Neues, aber das wurde nicht gewünscht und so wurde dankbar getanzt.

"MS Gentur"
Die Musik klang nicht wesentlich anders als Greyhound, was aber nichts bedeuten muss. Insgesamt erinnerte mich das Ganze stark an die letzten paar Mal, als ich bei der Industrialisation in Leipzig in ebenjenem Werk II war. Dort lief Ähnliches, die ganze Nacht. (Oh Gott, ich erinnere mich mit Schrecken! disorder) Mir fehlte der persönliche Zugang. Der Moog auf der Bühne wertete das Gesamtbild auch nicht auf. Zweieinhalb Stunden Techno waren genug für mich, und so verabschiedete ich mich aus dem Werk II.

Ich wechselte nach nebenan ins "UT Connewitz" und drängelte mich an der Schlange vorbei. Presseausweise sind sehr praktisch. Das UT ist ein altes Kino mit dem Charme eines alten Nazibunkers, also interessant. Nette Location für einen Endzeitfilm. (Der Untergang, Teil 2? disorder) Der Saal war voll und eigentlich wollten noch viel mehr rein, ging aber nicht. Temperatur und Luftfeuchtigkeit waren einfach gigantisch. Den Mut die Toiletten zu testen, konnte ich nicht aufbringen, da die sanitären Einrichtungen vermutlich ähnlich alt waren, wie die restliche, abblätternde Fassade.

"Herbst 9"
Als erstes spielten Herbst 9. An der PA wurde auf jeden Fall gespart, reichte geradeso für den Raum. Ambient muß zum Glück nicht laut sein. Dem Genre entsprechend ging es eher ruhig zur Sache, mit der Unterstützung von ein paar Trommeln. Der ruhigen Atmosphäre kam die Kinobestuhlung sehr entgegen. So konnte man entspannt genießen. Passend zum Kino gab's auch die obligatorische Videoanimation, die nicht mal so schlecht war. Das Publikum honorierte den Auftritt mit viel Applaus.

"Schloss Tegal"
Der Altmeister aus Prag war ebenfalls am Start. Was bei Anderen Klischee ist, ist bei ihm Original. Man kommt im Ambient nicht an "Schlossi" vorbei. Die, die in der langen Schlange zum Klo standen, hatten nicht so viel vom Auftritt, aber Schlossi bot wie immer eine gute Show. Irgendwie hat er diesmal die Bilder seiner letzten Darmspülung mit in der Videoshow verwendet. Es geht das Gerücht, dass er sein Programm am selben Tag komplett umgestellt hat. Die Technik halt... Die zeigte ihre Tücken auch noch während des Auftritts. Aufgrund eines Wackelkontakts fand zur Belustigung des Publikums ein paar Minuten das Konzert nur in Schlossis Kopfhörern statt. Das war so eine Art Minimal Ambient: nichts hören nur sehen.

"Inade"
Als nächstes spielte Inade. Und sie präsentierten guten Ambient, untermalt mit Gesang. Inade weben Ritualelemente ein, um ihre Traumlandschaften akustisch zu formen. Die Videos bestanden aus Eis und Licht und unterhaltsamen Tiefseeshows. Manche der Sampels waren ein bißchen übertrieben, aber alles in allem ein sehr gelungener Auftritt. Dies wurde mit großem Beifall honoriert.

"Predominance"
Der Headliner an diesem Abend im UT Connewitz war der längst verschollen geglaubte "Predominance". Noch mal überredet und so dem geneigten Publikum zugänglich gemacht, durften wir einem seltenen Auftritt beiwohnen. Der Anfang war ruhig mit passendem Gesang, sehr hypnotisch und tragend. Pauken fanden des Weiteren ihre Verwendung. Es lohnt sich echt, auch mal auf die Texte zu hören, sehr gefühlvoll und poetisch. Dementsprechend gebannt lauschte auch die Menge der Darbietung. Stilistisch bewegte man sich jetzt mehr im ryhtmischen, fast tranceartigen Bereich. Auf jeden fall ein eindrucksvoller Auftritt, und eigentlich schade, dass der Meister nichts mehr macht. Das Publikum ließ in auch nicht so einfach davon kommen, und - was selten bei Ambient ist - Predominance gab noch ein paar Zugaben und erhielt dafür stehenden Applaus. Am Ende folgte noch eine Fairwell-Ansprache, mit den Worten "machts gut und glaubt an euch". Dies wurde mit dem gebührenden tobenden Applaus gewürdigt. Ein wirklich gelungenes Highlight an diesem Abend.

Den Ausklang des Festes wollte ich in der Agra-Halle bestreiten. Bei einem Boxenstopp auf dem Zeltplatz hörte ich noch die letzten Seufzer von Umbra et Imago. Ohne den visuellen Elementen auf der Bühne müsste man da auch nicht hingehen.

"The Human League"

Ich konnte mir nicht viel unter Human League vorstellen. Außer das man sie öfters im Radio hört, wusste ich nichts über die Band. Gerade nach der Enttäuschung vom Vorabend mit Visage schwante mir eigentlich nichts Gutes. Aber was dann kam, war ein echtes Feuerwerk. Ich habe noch keine Band gesehen, die professioneller auf der Bühne ist. Auf unnötigen Tand und Glamour wurde konsequent verzichtet und Syntiepop in Reinkultur geboten. Auf jeden Fall sangen die Aktiven alles live, nicht wie bei Visage, und es klang sogar besser als im Radio. Die Menge wurde richtig frenetisch und sang kräftig mit. Human League präsentierten eine Mischung aus alten und neuen Titel, wobei die alten Klassiker natürlich besonders gut ankamen. Bei "Human" zum Beispiel tobte die Halle. Außerdem wurden noch Titel wie "Hard like a wheel" und "Don't you want me" zum Besten gegeben. In de Halle wurde eine ordentliche Party gefeiert und alt wie jung waren begeistert. Die Schmach, mit der am Vorabend der Syntiepop von Visage besudelt wurde, ist von "The Human League" wieder wettgemacht worden. Ein echter Höhepunkt dieses Festivals.

 

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