Samstag


Am nächsten Tag, nach einer verregneten Fahrradtour, bei der ich noch mein Vorderrad verlor, schlug ich wieder in der Parkbühne auf. (Ist dieser Satz wörtlich zu nehmen? disorder)

"Mortiis"
18 Uhr. Leipzig. Parkbühne. Regen. In einer solchen Situation zahlt sich ein Neoprenkleid oder ein langer schwarzer Ledermantel aus, für den man sonst ausgelacht wird, besonders bei intensiven Sonnenschein. Über Mortis muss man nicht viel Worte verlieren, mich erinnert er immer an Marylin Manson mit Maske. Die, die hinter den Schirmen was gesehen haben, waren zufrieden.

"Das Ich"
Was kann es sein? Klein, rot angemalt und steckt immer die Zunge raus. Ganz klar: "Das Ich" ist zum sechsten Mal beim WGT. Leicht fröstelnd im Regen betritt "Das Ich" mit den Worten "Hallo schwarze Familie" die Bühne. Die Menge tobt, trotz Regen. Geboten werden alle Klassiker und optisch viel Skurriles. In den Pausen wird fröhlich Gott gelästert, was mich zum Schluss bringt, das die Herren Ackermann und Kramm nie, nie den Himmel kommen. Blasphemie als Markenzeichen; dem Publikum gefiel es sichtlich. Zum Schluss legte sich der Meister noch mit den Stagehands an, und beschuldigte Sie nicht schnell genug gearbeitet zu haben. Solch Dummheit wird mit sofortigen Saft-abdrehen bestraft. So wird klar, dass wenn man Gott lästert, die Strafe später kommt, aber wenn man den Techniker lästert folgt die Strafe umgehend.

"Zeraphine"
Als Überbleibsel von den "Dreadfull Shadows" war Sänger Sven Friedrich mit Titeln wie "Depression" und vielen anderen der Traum jedes niedergelassenen Psychologen. Inzwischen hat er mit dem Erfolg wohl auch einen besseren Theraputen gefunden, da seine Titel weniger finster sind. Dem Publikum gefiel's, präsentiert wurden alle Singles. Ich musste weiter in den Anker, und sah deshalb leider nicht das ganze Konzert.

"Sol Invictus"
Eigentlich dachte ich, das die Engländer abgesagt hätten, doch als ich mich an der Schlange vor der Tür vorbeidrängelte, stelle ich überrascht fest, das Tony Wakeford doch auf der Bühne stand. Gespielt wurde das übliche Tournee-Programm, nur bei der Zugabe kamen andere Titel zum Zuge. Das Publikum honorierte das enthusiastisch, da man ja nie wissen kann, ob es nicht das letzte Konzert von Sol Invictus ist, denn richtig gesund sieht der schwergewichtige Barde in letzter Zeit nicht mehr aus.

"Actus"
Die Headliner im Anker waren diesen Abend "Actus" aus Ungarn. Geboten wurde Ambient mit neoklassischen Elementen. Untermalt wurde das Ganze von einer Frauenstimme. Dem Publikum gefiel es, mich zog es allerdings weiter. Nicht gerechnet hatte ich mit den zahllosen Umleitungen in Leipzig, und so kam ich erst viel später und unzählige Flüche ausstoßend, auf dem Zeltplatz an. Nur weil ich irgendwann mehrfach die Verkehrsregeln missachtete, fand ich überhaupt den Weg zurück. Auf dem Zeltplatz kam dank des Regens Woodstock-Feeling auf. Festes Schuhwerk war von Vorteil.

"Visage"
Hocico habe ich knapp verpasst, aus meiner Sicht kein großer Verlust. Auf Visage hatte ich mich eigentlich gefreut, denn ich hatte sie noch nie gesehen. Auf die Bühne kam eine glitzernde Fummeltrine, die sich von extra angeworbenem Jungvolk unterstützen ließ. Geboten wurde 100% Playback, nur leider wurde Steven Stranges duseliges Gequatsche in den Pausen nicht abgedreht. Aus der Nähe betrachtet, gewann man den Eindruck, dass der seltsame Steffen entweder auf Droge war oder zumindest ordentlich gebechert hatte. Wenn man schon Playback singt, sollte es zumindest nicht gleich auffallen, erst recht nicht den Leuten in der letzten Reihe. Ich wartete auf den göttlichen Hirtenstab, der dieses erbärmliche Etwas von der Bühne entfernte, aber der blieb leider aus und mir blieb nichts anders übrig als zu gehen. Nach anderen Berichten war es kein Problem, ohne drängeln bis nach vorn zu kommen, was wohl bedeutet, das andere ähnliche Schlüsse zogen. Als peinlichen Höhepunkt, soll er noch die Keyborderin befummelt haben, die sich angewidert zurückzog… Alles im allem der peinliche Bühnentod eines 80iger One-Hit-Wonders. Um noch ein paar Leute zu halten wurde "Fade to Gray" vorsorglich als letztes gespielt. Genützt hat es nichts. Das war einfach nur enttäuschend.

 

Freitag * Sonntag * Montag * Bilder

 

zurück        nach oben