Sonntag

Auf dem Weg zum Waschen (so früh ist immer eine günstige Zeit für Körperpflege), traf ich einige Bekannte, mit denen ich ins Schwatzen kam. Ein Bier war schnell gefunden und so dauerte die Unterhaltung etwas länger. Der eigentliche Besitzer des süffigen Dosengetränkes tauchte später auf und war ob des Verlustes seiner letzten Reserven nicht sehr glücklich (sorry Gregor). Wenn ihr mich fragt, musste er mir allerdings dankbar sein, dass ich ihn vor Schlimmeren bewahrt habe. Ein junger Mann im Kilt bot dann allen Anwesenden einen Kaffee an, ein Angebot , auf das ich gern zurückgekommen wäre, hätte ich ihn denn nach erfolgreicher Hygiene wieder gefunden. Egal. Der Müdigkeit durch kalte Wasserschwälle entledigt und noch immer total verpeilt, entschloss ich mich zu einem Besuch im heidnischen Dorf. Dort kam ich dann auch mit einem der Eingeborenen ins Gespräch, der gerade sein Tagwerk begann und spielte erst mit dem Feuer (das partout nicht brennen wollte, solange ich in der Nähe war) und dann mit einer lustigen Hündin Stöckchenholen. Jaja, das Lagerleben hat so seine Freuden auch abseits der popmusikalischen Berieselung

Irgendwie erledigt, nutze ich die heidnisch-naturnahe Stimmung zu einem erholsamen Schläfchen am Mühlgraben, der mich davon überzeugte, dass ich mit meinem Konzept von Energien, die unser Dasein bestimmen, doch nicht so falsch liege. Deutlich erfrischt brach ich auf zu einem Frühstück beim Bäcker (lecker und preiswert), um dann wieder mal McDoof im Bahnhof anzusteuern für eine ordentliche Erleichterung. In der "Shopping Mall" des Mäh-Dorn-Hauses gastierte gerade der ZOO, der sein 175. Jubiläum feierte. Zu dieser Gelegenheit hatte der besuchende Laie die Chance mehrere Schlangen und auch einen Leguan zu betatschen, was ich denn auch ausführlich tat. Ganz im Ernst: Es war sehr schön und sicher eines der bleibenden Erlebnisse dieses WGTs, trotz immenser Abseitigkeit von jeglicher Szeneaktivität.
Für die Mittagszeit war ich dann zu einem Brunch verpflichtet wurden (Name der Lokalität habe ich leider vergessen), eine Einladung, die ich gern annahm, auch wenn es mir nicht wirklich nach Essen zumute war. Was mich wiederum nicht daran hinderte, am Buffet ordentlich zuzuschlagen. Das Ganze zog sich eine Weile hin, so dass ich mich schon wieder beeilen musste, rechtzeitig im Werk II zur CMI-Nacht zu sein. Pünktlich zum ersten "Act" COPH NIA traf ich denn auch vor Ort ein und muss sagen, dass sich die Eile gelohnt hat. Wenn auch keiner der Akteure des Abends ein echter Sympathieprügel war, so muss ich doch sagen, dass mich COPH NIA-Frontmann Aldenon Satorial ganz schön beeindruckte. Zwar kenne ich mich mit dem Werk der Schweden nicht aus, doch würde es mich nicht wundern, wenn Satorial einen satanistischen Standpunkt vertritt. Zumindest wirkte er sehr düster und kalt. Mit "Holy War" hatte das Projekt dann sogar noch einen echten Kracher zu bieten, der mich glatt zum Kauf der gleichnamigen EP-CD animierte.
Es folgten RAISON D'ETRE, dass klassisch-ambiente Projekt von … , dass zwar musikalisch zu überzeugen wusste, optisch aber nicht mehr bot, als einen jungen Mann, der sich hinter seiner Technik verschanzte und viel blaues und grünes Licht. Das konnte man sich auch in aller Ruhe von weiter hinten antun. Nicht viel anders hätte es sich mit DEUTSCH NEPAL verhalten, denn Lina Baby Doll setzte sich mit einer Hülse bewaffnet auf einen Barhocker und ließ im Hintergrund die Mucke von Konserve laufen. Der Unterschied war nur, dass man nicht so häufig einen Typen im Alter von Anfang vierzig zu sehen bekommt, der sich im Angesicht einer schwarzen Masse bis zur völligen Verpeilung zuknallt. Ein paar Reserven muss der Meister aber noch gehabt haben, schließlich stand er später noch einmal mit BDN auf der Bühne. Bevor es aber soweit war, durften noch ORDO ROSARIUS EQUILIBRO ihren "Apocalyptic Folk" zu Gehör bringen und IN SLAUGHTER NATIVES ihren Klassik-Indusrial. Beides war Ok, haute mich aber nicht vom Hocker. Während O.R.E. mit Feuer, Trommeln und ein paar netten Fahnenschwingerinnen aufwarten konnten, die sich später angeblich sogar noch oberkörperseitig entblätterten (Verpasst, Scheiße!) beeindruckte bei ISN besonders Frontmann … mit seiner furchteinflösend abgedrehten Art. Nachts und im Dunkeln möchte man dem Herrn nicht begegnen.

Highlight und Abschluss des Abends bildeten für mich BRIGHTER DEATH NOW, eine der Krachcombos schlechthin. Während sich viele Labelkollegen von Herrn Karmanik meines Erachtens zu schnell in Beliebigkeit verlieren, weiß der Chef persönlich meist auf voller Linie zu überzeugen. Live gehörten BDN mit dem nun vollends zugelöteten Baby und Karmanik auf jeden Fall zum Glaubwürdigsten, was an künstlerischen Äußerungen das Etikett Industrial trägt. Karmanik sprang wie ein Gaskranker über die Bühne, schrie, kreischte, ließ sich fallen, fiel über Baby her und griff sich an die Eier. Als Höhepunkt des Ganzen geiferte er ins Publikum und gab den Anwesenden damit recht deutlich zu verstehen, was er von dem ganzen Starrummel hielt. Endlich mal jemand, der begriffen hat, dass es bei Industrial ja genau darum geht, die ganzen Verwertungsmechanismen aufzubrechen.

Obwohl Karmanik als Labelchef da sicher in einer ziemlichen Zwangslage ist: Zum einen will und muss er seine Produkte verkaufen und fördert deshalb den Kult darum, zum anderen hat er sicher keinen Bock auf Popbizzness und Oberflächlichkeit. Da hilft es wahrscheinlich sehr, wenn man berufsmäßiger Zyniker ist, wie der alte Schwede…

Ob nun zynisch oder nicht, ich war auf jeden Fall nach BDN erledigt und stiefelte diesmal sehr zeitig ins Bett.


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