Freitag

Der Anreisetag gestaltete sich diesmal eher etwas unangenehm. Nur mit einem kleinen Auto ausgestattet und eher darauf erpicht, etwas von der Gegend zu sehen, fuhren wir diesmal wieder die Landstraße entlang, was sich aber als kräftige Fehlentscheidung herausstellte. Tausende rote Ampeln, 30er Strecken und andere Hindernisse blähten die Reisezeit ins Unermessliche und ließen die Stimmung gen Null sinken. Die späte Abfahrtszeit gegen 19 Uhr sorgte zudem dafür, dass wir kaum etwas von der Landschaft wahrnehmen konnten. Lange Rede kurzer Sinn, wir kamen erst gegen 22:30 Uhr auf der Burg an und hatten somit Faith & The Muse verpasst. Ziemlicher Mist, denn das Konzert soll sehr gut und voller batcaviger Energie gewesen sein. So zog ich denn erst einmal über den Zeltplatz, versorgte zwei junge Damen mit dem Gepäck, dass ich für sie mitgenommen hatte und genehmigte mir erst einmal ein Bier. Als erstes musikalisches Erlebnis bekam ich den "Solo"-Auftritt von Andy Sexgang mit, der meine Laune aber nicht aufbessern konnte. Die meisten Stücke kamen sehr schwelgerisch und ohne rechte Struktur daher. In einem anderen Ambiente, entsprechend konzentriert, hätte ich vielleicht mehr damit anfangen können. Im Rahmen der Herbstnächte fand ich das Ganze eher etwas unpassend und hätte mir lieber eine rockende Sexgang auf der Bühne gewünscht. Schon wegen der mit der Verdunklung einhergehenden Abkühlung.

Für echte körperliche Erhitzung sorgten dann auch Love Is Colder Than Death nicht, Headliner des ersten Abends. Ehrlichereise war das aber auch nicht anders zu erwarten, schließlich wandeln die Leipziger auf den Spuren von Dead Can Dance - ein Vergleich, den sie sicher öfter hören müssen, der aber nicht abwertend gemeint ist. Vor allem deshalb, weil das Ensemble musikalisch wirklich einiges zu bieten hat: gute Vokalarbeit, mehrstimmiger Satzgesang, neofolkloristische Gitarrenarbeit ohne falschen Pathos und viel exzellentes Schlagwerk. Der Rolle als Headliner wurde Love Is Colder Than Death unbestritten gerecht. Das Publikum vor der großen Bühne ließ sich von den mystischen Weisen einfangen und so mancher schwelgte sicher in Erinnerungen an die großen Vorbilder.

Zu guter Letzt betraten Wolfenmond die kleine Bühne im Burghof und zelebrierten dort ihr, für einen Großteil dieser Szene so typisches Mittelalter-Gedudel, wobei man ihnen Eigenständigkeit nicht absprechen konnte. Angenehm, dass sich das Kollektiv sehr an den roots orientierte und keine unnötigen Modernisierungseinlagen einflocht. Nett, aber nicht meine Baustelle.

Der Rest des Abends oder genauer gesagt der ganze Abend gehörte dem üblichen meet and great, der Suche nach und dem Treffen mit alten Bekannten. In diesem Sinne sind die Herbstnächte schon sehr familiär, trifft man doch regelmäßig die gleichen Leute - und was dabei nicht vergessen werden sollte - man hat auch eine Chance sich mehrfach zu begegnen. Die recht übersichtliche Location und das nicht zu aufgeblasene Programm lassen im Gegensatz zu Leipzig in Raben nie das Gefühl aufkommen, man verpasse gerade irgendetwas, wenn man irgendwo stehen bleibt und einfach zuhört. Insgesamt ist der Freitag sowieso mein Lieblingstag bei den Herbstnächten, weil dann alles immer noch ein wenig anarchistisch abläuft. Die Security ist nicht so scharf und eigentlich kann man machen, was man will, wenn man nicht zu sehr aus der Rolle fällt. Apropos aus der Rolle fallen: Da ich an diesem Abend mit Auto unterwegs war, konnte ich mir das leider nicht leisten und musste freudlos zuschauen, wie sich alle Beteiligten bei der an die Konzerte anschließende Disko abschießen konnten. Beim Tanzvergnügen durfte auch der als Teufelchen angescheußelte Bruno von DAS ICH als Plattenunterhalter glänzen und ich muss sagen, so schlecht war er nicht. Seine Mitstreiter konnten mich dann nur teilweise begeistern. Ich trollte mich denn irgendwann, um mit einigen meiner Pensionsmitbewohner noch bis in die Morgenstunden zusammen zu sitzen und bei Met und Bier (mich) zu labe(r)n.

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