Zillo Open Air
Freitag 16. bis Sonntag 18. Juli, St. Goarshausen, Bühne auf der Lorelei

Das Zillo rief und diesmal folgte ich dem Werben der Grufti-Postille. Ausschlaggebend dafür waren drei Gründe: Zum ersten war ich noch nie bei einem solchen Festival im "Westen" uns ich wollte mir mal anschauen, wie den linkselbischen Stammesbrüdern dieses Vorhaben gelingen würde. Zum zweiten wollte ich natürlich unbedingt Skinny Puppy wieder sehen, denn bei ihrem Auftritt zum Doomsday 2000 in Dresden hatten sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und zum dritten wollte ich unbedingt einmal diesen deutschesten aller Orte, die Lorelei, mit eigenen Augen sehen (nicht aus irgendwelchen nationalistischen Gründen, sondern einfach so). Gesagt getan. So traten wir am Freitagvormittag reichlich bepackt und zu dritt die ca. 550km lange Reise mit dem Auto an.

Nach einer recht entspannten Reise landeten wir gegen 18 Uhr am Ziel unserer Wünsche. Dem Auge bot sich ein entspannender Blick über eine leicht hügelige Landschaft, die behufs des Festivals bereits mit zahlreichen Fahrzeugen zugestellt war. Die Einweisung der Ordnungsposten verlief reibungslos, Platz war auch noch genügend vorhanden.

Nachdem wir unser erstes Bier gezischt hatten, machten wir uns ordentlich beladen auf in Richtung Zeltplatz. Dort angekommen, erfuhren wir, dass wir uns erst ein Bändchen holen müssten, das uns die bloße Eintrittskarte keinen Zutritt zur Beherbergungsstätte erlaube. Also das Gepäck unter die Bäume geschmissen, ein weiteres Bier gegen den in Strömen fließenden Schweiß eingesetzt und verbändeln lassen. Die Wege waren zum Glück recht kurz und wir somit schnell im Besitz der Zeltplatzbetretungsberechtigung.
Dann begann das, was immer in solchen Fällen passiert - die Suche nach einer passenden Stellfläche für die Behausung auf Zeit. Natürlich gab es auch wieder die üblichen Kindergartenspielchen von wegen "Hier steht unser Frühstückstisch, da kannst Du nicht zelten" etc. Drauf gesch… da mensch aber nicht schon Ärger haben will, bevor man überhaupt richtig angekommen ist, bleibt nichts weiter übrig, als weiter zu ziehen. Schlussendlich gelang uns dann doch die Landung in unmittelbarer Nähe zu recht netten Mitmenschen, zum einen aus Hoyerswerda (Sachsen trifft man wirklich überall), zum anderen aus Nürnberg. Mag mancher sagen, was er will, die Franken sind ein recht angenehmes Völkchen.

Nach einigen fruchtlosen Versuchen gelang es meinen Mitstreitern dann endlich ihr Zelt aufzubauen. Ich, mit meinem 08/15-Stoffhaus konnte mich schon nach einer viertel Stunde und unter leichter sächsischer Nachbarschaftshilfe zufrieden zurück lehnen. Zwar hätte ich, oder besser wir, jetzt alle eine Dusche gebraucht, aber angesichts der drückenden Außentemperaturen war das eh sinnlos. So konsumierten wir erst einmal noch etwas Anregendes, schauten wohlgefällig auf Vater Rhein herab und streuselten dann in Richtung Lokalität.
Wir kamen dann auch genau richtig zum Konzert der Fields-Nachfolgecombo NFD. Zuvor konnten wir jedoch den herrlichen Sonnenuntergang über dem romantischen Festivalgelände genießen. Beim Anblick des steinernen Amphitheaters konnte ich mir jedoch ein gewisses Grinsen nicht verkneifen, denn zu sehr gemahnte mich das Ganze an die Kulisse für eine völkische Inszenierung. Muss doch glatt mal rausbekommen, wann das Ding gebaut wurde…
NFD boten soliden Goten-Rock mit einem Einschlag von - wie sollte es anders sein - Fields Of The Nephilim. Rechte Stimmung wollte jedoch nicht aufkommen, was aber nicht so sehr an der Band lag, sondern an der seltsam dummen Einsparung einer Fläche für körperliche Ausarbeitung. Direkt am Zaun stehend, ohne wirkliche Möglichkeit zum Tanzen, macht selbst das geilste Konzert nicht übermäßig Spaß. Als dann NFD zum Schluss noch zwei Fields-Klassiker spielten, hielt auch die Enge in der zugegebenermaßen noch mäßig gefüllten Arena die echten Fans nicht von rhythmischen Zuckungen ab. Zugaben gab es dann leider kein, da der Zeitplan doch recht eng gesteckt war.

Die nachfolgenden UMBRA ET IMAGO schaute ich mir hauptsächlich aus der Ferne an, denn bis auf die SM-Show interessiert mich diese Combo nicht sonderlich. Natürlich ist Mozart eine richtige alte Frontsau und rockt das Publikum ordentlich, was soll man aber machen, wenn man mit der Musik nicht allzu viel anfangen kann. Da gilt beim Sex wie in der Musik: Jedem Tierchen sein Plaisirchen. So verdrückten wir uns bald in Richtung des Tanz-Bierzeltes, wo wir unter heftiger Absonderung von Unmengen von Schweiß bis in den Morgen standhielten. In diesem Zusammenhang sei auf eine sehr unschöne Tatsache hingewiesen, die mit der bei solchen Aktionen notwendigen Flüssigkeitszufuhr zu tun hat: die Bierpreise! Da ich nicht weiß, was ein "Durchschnittswessi" so im "Durchschnitt" verdient, kann ich nicht sagen, ob die anderen Anwesenden 2,50 Euro für 0,3l für normal hielten. Ich jedenfalls finde diesen Preis reichlich überzogen. Rechnen wir das Ganze mal auf einen halben Liter - die Standardgetränkegröße für Flüssighopfen - hoch, dann kommen wir auf das hübsche Sümmchen von 4,16 Euro oder läppische 8,13 gute alte Deutsch-Mark. Das ist eindeutig Wucher! Wie sagte Kalle Marx: Für 300% Gewinn geht das Kapital über Leichen. Untote tun es offensichtlich auch, vor allem, weil sie sich gegen solche Ausbeutung nicht wehren und freudig konsumieren. Soviel zum Thema "underground". Egal, gefeiert wurde trotzdem und bei wildem Tanz vergaß ich die schmerzhaften Einschnitte in mein Portemonnaie recht bald und so einiges andere auch. Die totale geistige und körperliche Erschöpfung am Ende des Abends verhinderte eine Reinigung des Körpers vor Antritt der Nachtruhe.

 

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