Am Sonnabendmorgen erfuhr ich, was es heißt, in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Gegen 6:30h dämmerte ich dem Erwachen entgegen, als an mein Ohr eine gar seltsame Unterhaltung drang, ganz zu schweigen von der noch viel seltsameren Musik, die sich wahrlich nicht ändern wollte, so lange ich ihr auch lauschte. Viel bedrückender war jedoch der Fakt, dass nur wenige Meter entfernt, allein durch dünne Zeltwände von mir getrennt, einige Alkoholmutanten sich ständig im Kreis unterhielten. Alle zwei bis drei Minuten wiederholten sie die selben fünf Sätze, die sich meiner Erinnerung nach um die "geile Mucke" (damit meinten sie das Geplärre, das gerade lief) und um eigene musikalische Aktivitäten drehten. Diesem grausamen Trip konnte ich nur entfliehen, indem ich all meine Willenskraft aufbot, und mich in Richtung der Duschen aufmachte. Eine sehr weise Entscheidung, wie sich später herausstellte. Während sich die Wartezeit an den Erfrischungsstellen ab um zehn auf ca. anderthalb Stunden einpendelte, konnte ich mich direkt in die (zugegebenermaßen eiskalten) Fluten stürzen. Solcherart wieder gesellschaftsfähig gemacht, nutzte ich die durch das Verschwinden der Mutanten entstandene Ruhe zu einem neuerlichen Schlafversuch, der mir auch bis gegen 10 Uhr glückte, als die stoffliche Behausung sich begann in ein Schwitzzelt zu verwandeln.

Links: Warten auf die Säuberung. Bis zu anderthalb Stunden sollen geduldige Grufits ausgeharrt haben. Ein paar Duschen mehr wären sicher sinnvoll gewesen.

Rechts: The Incredible Noctulus, immer dabei

Einigermaßen erholt startete ich dann mit meinen Begleitern (die erst spät auferstanden und so nicht mehr in den Genuss der Körperreinigung kamen) in den Tag bzw. namentlich ins am Hügel gelegene Städtchen St. Goarshausen. Wenig erfreulich fand ich den Umstand, dass es nicht möglich war, die an sich nicht sonderlich beeindruckende Strecke zu Fuß zurück zu legen. So blieb uns nur das Schlangenlinienfahren auf der asphaltierten Downward Spiral. Im Ort angekommen versorgten wir uns erst einmal mit Nahrung (Mein Tipp: Lieber einmal am Tag was Vernünftiges essen und damit der lokalen Wirtschaft und dem eigenen Magen etwas gutes tun, als ständig das fettige Fast Food-Fressen aus den mobilen Imbissbuden hinunterschlingen.). Da es angefangen hatte ordentlich zu regnen, kehrten wir ohne Besichtigung der weiteren Umgebung zum Ort des Geschehens zurück. Die Öffnung der Himmelspforten hielt sich dann jedoch in Grenzen und so fanden wir uns kurze Zeit später oberhalb der Bühne im Schatten eines Baumes sitzend wieder. Hier verbrachten wir dann den Großteil des Nachmittages, ließen Chamber, :SITD:, Das Ich und Suicide Commando an uns vorbeirauschen. (Die hübschen Fraun von FAUN verpassten wir leider…) Erstere hatte ich bisher nur in reiner Klassikaufmachung gesehen und war eigentlich ganz positiv von ihrer packenden und intelligenten Rockmusik beeindruckt. Zwar nicht ganz meine Baustelle aber sehr schön.

Während :SITD: ebenso wie Suicide Commando während ihrer Gigs hauptsächlich damit beschäftigt sind, immer wieder die selben Beats zu reproduzieren, macht das Zuhören bei Das Ich mir immer noch Freude. Zwar kaufe ich mir schon seit Jahren keine CD des Duos mehr (und brenne auch keine) aber live sind sie immer ganz nett zu betrachten.
Zwei Schritt rechts und zwei Schritt links: Suicide Commando machen das Tanzen leicht, auch für Dicke
Dass Bruno am Ende unbedingt wieder platte Sprüche gegen die bösen Neonazis machen musste, störte nur bedingt. Manchmal frage ich mich allerdings, warum sich die Szeneaktiven auf Herrschaften wie Herrn Klumb einschießen und dabei recht bedenkliche Passagen in den Texten solcher Größen wie VNV Nation (allein die Optik!) oder eben Suicide Commando ("One nation under god" - was soll ich mir denn darunter vorstellen?) überhören und -sehen. Das wäre auf jeden Fall mal eine Diskussion wert. Vielleicht nehme ich mir ja wirklich mal die Zeit, mich mit den entsprechenden Elaboraten näher zu beschäftigen.
Nach dem ganzen Gehacke kam endlich mal wieder was für die Gitarrenfraktion, nämlich LONDON AFTER MIDNIGHT. Selbst die "härtesten" Jungs unserer Gang sangen freudig erregt bei solchen Hits wie "Sacrifice" mit und wir konnten uns das Grinsen nicht ganz verkneifen. Die Amis bieten schon was fürs Herz, auch wenn ihre Musik vielleicht nicht unbedingt auf die große Bühne am helllichten Tag passt. Im trauten Beisammensein mit meinen holden Weib gefallen sie mir einfach besser. Apropos gefallen: Die optische Entschwuchtelung hat der Band wirklich gut getan.
Beglückt entrückt verließen wir das Auftrittsareal in Richtung Zeltplatz und zum Nachtanken. Blutengel gehört nun wahrlich nicht zu den Dingen, die unsereiner gesehen haben muss und so richteten wir uns auf eine entspannte Auflockerungssession in Vorbereitung auf die Highlights des Abends ein. Es kam dann jedoch anders als gedacht, denn Petrus öffnete erneut die Schleusentore und verteilte die ganze Soße mit reichlich Wind über das Festivalgelände. Wir saßen derweil im Zelte, in der Hoffnung, mit selbigem nicht weggerissen zu werden. Pünktlich zum Ende des Blute(n)gel-Sets hörte das Unwetter auf und wir konnten wieder in Richtung Bühne streben.
Ein Unwetter kündigt sich an und schädigt Blutegel
Bei ALIEN SEX FIEND gelang es mir, einen der vorderen Plätze zu erhaschen und so konnte ich das Geschehen aus allernächster Nähe verfolgen. Schon beim ersten Lied "EST- Trip to the moon" machte sich bei mir reichlich Ernüchterung breit. Auf welchem Trip befand sich denn der Herr Fiend? Na gut, er ist ja nicht mehr der Jüngste aber so lahmarschig auf der Bühne rumzuhampeln - das muss dann nun wirklich nicht sein.
Später entwickelte der Meister dann doch noch ein wenig mehr Energie und lief sogar etwas schneller über die reichlich mit allerlei gothischen Utensilien geschmückte Bühne. Trotzdem konnte dieser Einsatz nicht darüber hinwegtäuschen, dass Nick fast kopflos wirkte, offensichtlich einen Teil der Texte vergaß - einen Fehler, den er auch mit der häufigen Wiederholung des Wortes "fuck" nicht ausbügeln konnte - und etwa in der Mitte jedes Songs die Lust an seiner Arbeit verloren hatte. Bis auf "Zombified", dass ich schon weit weg von der Bühne, dafür aber besser belüftet, verfolgte konnte kein einziges Stück des Greatest Hits-Potpourris überzeugen. Das war wohl nichts, meine Enttäuschung hielt sich jedoch in Grenzen. So schlimm war es nun doch nicht, schließlich war ich hauptsächlich wegen der nächsten Band gekommen.
Zum Glück enttäuschten SKINNY PUPPY nicht. Die beiden Kanadier boten wieder eine ausgeklügelte Show auf höchstem künstlerischem Niveau, wenn auch nicht ganz so aufwändig wie 2000 in Dresden. Unterstützt von einem E-Gitarristen und einem Schlagzeuger präsentierten Ogre und Key drei Stücke von "The Greater Wrong of the Right", zum einen "I'mmortal" und "Pro-Test" in hoch-energetischen Versionen und natürlich den genialen "Downsizer". Auch alte Hits wie "Inquisition" und (meiner Erinnerung nach) "Tin Omen" fehlten nicht im ca. einstündigen Set. Besonders bei diesen Titel rastete das Publikum völlig aus und tanzte sich so gut es ging unter den beengten Bedingungen den Wolf. Neben ihrer musikalischen Brillanz bestachen SKINNY PUPPY vor allem durch die optische Seite ihrer Show. Ogre erschien eingangs mit einer ägyptisch wirkenden Maske auf der Bühne und griff später zu reichlich Kunstblut, um sich zu besudeln. Hinter ihm lief ein psychedelisches Video dessen Farbenrausch auch die nüchternen Betrachter in Trance versetzte. In einer Sequenz war Ogre selbst zu sehen, wie er mit wahnsinnigen Blick eine kleine Flamme zwischen seinen Händen hin und her gleiten ließ. Gelegentlich wurde das Video mit Live-Aufnahmen von der Bühne kombiniert, was Ogre zu einer intensiven Beschäftigung mit den Kameras nutzte. Sehr verrückt und in der Kombination mit dem harten, wirren Sound einfach eindrucksvoll.
        

Zum Glück enttäuschten SKINNY PUPPY nicht. Die beiden Kanadier boten wieder eine ausgeklügelte Show auf höchstem künstlerischem Niveau, wenn auch nicht ganz so aufwändig wie 2000 in Dresden. Unterstützt von einem E-Gitarristen und einem Schlagzeuger präsentierten Ogre und Key drei Stücke von "The Greater Wrong of the Right", zum einen "I'mmortal" und "Pro-Test" in hoch-energetischen Versionen und natürlich den genialen "Downsizer". Auch alte Hits wie "Inquisition" und (meiner Erinnerung nach) "Tin Omen" fehlten nicht im ca. einstündigen Set. Besonders bei diesen Titel rastete das Publikum völlig aus und tanzte sich so gut es ging unter den beengten Bedingungen den Wolf. Neben ihrer musikalischen Brillanz bestachen SKINNY PUPPY vor allem durch die optische Seite ihrer Show. Ogre erschien eingangs mit einer ägyptisch wirkenden Maske auf der Bühne und griff später zu reichlich Kunstblut, um sich zu besudeln. Hinter ihm lief ein psychedelisches Video dessen Farbenrausch auch die nüchternen Betrachter in Trance versetzte. In einer Sequenz war Ogre selbst zu sehen, wie er mit wahnsinnigen Blick eine kleine Flamme zwischen seinen Händen hin und her gleiten ließ. Gelegentlich wurde das Video mit Live-Aufnahmen von der Bühne kombiniert, was Ogre zu einer intensiven Beschäftigung mit den Kameras nutzte. Sehr verrückt und in der Kombination mit dem harten, wirren Sound einfach eindrucksvoll.

 

        
zurück        weiter        nach oben