Der Blutharsch, Bain Wolfkind, Deutsch Nepal
- Nova Alternativa Festival -
Freitag 2. Oktober 2009, Exit Club, Prag

Ich weiß, Der Blutharsch gilt gemeinhin als Standardbeispiel für den unreflektierten Umgang mit der Symbolik des Dritten Reiches. Albin Julius, der Mann hinter dem Projekt ist ein Spezial-Freund der Antifa und einige Auftritte der Band wurden in Deutschland aufgrund von Protesten schon verhindert. Persönlich konnte ich mit der Musik des Österreichers nicht wirklich allzu viel anfangen. Die Versatzstücke von Marschmusik, die Samples und das Auftreten ergaben für mich immer eine nur schwer erträgliche Mixtur, musikalisch gab und gibt es sicher genügend andere, wesentlich interessante Projekte. Und dass ich weltanschaulich keinerlei Interesse an irgendwelchen menschenverachtenden Denkansätzen habe, dürfte mittlerweile bekannt sein. Für mich also genügend Grund, mich nicht über Gebühr mit Herr Blutharsch zu beschäftigen. Als sich jetzt die Gelegenheit ergab, die Band doch einmal live zu erleben, wollte ich die dann aber doch nicht verpassen. Den Auftritt in Leipzig ließ ich auch aufgrund befürchteter Probleme sausen, statt dessen begaben wir uns in die "Goldene Stadt", denn dort ist dieser ganze politische Schnickschnack nicht ansatzweise so präsent wie hierzulande. Dort kann man einfach gemeinsam feiern und die Musik hören oder über die Unfähigkeit der Künstler lästern, wozu an diesem Abend allerdings kein Anlass bestand.
Den Exit Club zu finden, erwies sich als nicht allzu schwierig - obwohl der eigentliche Club von Außen kaum zu erkennen ist. Zum Glück stand grad der Veranstalter vor der Tür und wir wussten, dass wir unser Ziel erreicht haben. Der Laden selbst, ein wunderbarer sozialistischer Plattenbau, Marke Stadtgebietsclub war drinnen überraschend groß und auch annehmbar gestaltet. Für die auftretenden Bands und den Zuspruch des Publikums hatte der Exit genau die richtige Größe.
Als erster betrat Bain Wolfkind die Bühne von deren Anhöhe herab der Australier einen fetten Südstaatenrock mit einer gewaltigen Brise Wüstenstaub präsentierte. Verstörend für den Konsumenten war dabei jedoch, dass Wolfkind allein da oben stand, sich testosterontropfend bemühte, seine Songs dem Publikum nahe zu bringen, während die Musik vollständig vom Band kam. Wäre Wolfkind nicht so eine Marke, wie er da als harter Rocker Eier schaukelnd auf der Bühne steht, wäre es besser, die Augen zu schließen. Das nächste Mal bitte mit Band anreißen!
Deutsch Nepal boten dann die bekannte Show - Lina Baby Doll saß einigermaßen angestrengt hinter seiner Technik und spielte konzentriert daran herum. Eigentlich fragt man sich, was er denn da live macht außer ein paar Regler hin und her zu schieben aber was soll's? Von Zeit zu Zeit griff der alte Schwede auch zum Mikrophon und dann lief die Musi völlig unbeeindruckt davon weiter. Nichts desto trotz hört und sehe ich Deutsch Nepal mit ihrem sehr rituellen Sound ganz gern.
Die Überraschung des Abends waren dann die Headliner Der Blutharsch. Ich hatte vorab keine neueren Werke der Österreicher gehört, umso beeindruckter war ich von dem herrlichen Psychadelic Rock, der in voller Bandbesetzung gespielt wurde. Heimlicher Star der Truppe war die Dame am Mikrophon, die Albin sowohl optisch als auch stimmlich bei weitem ausstach. Wir konnten uns nicht ganz einigen, ob der Meister himself mit seinem putzigen Gesichtsgewächsen eher wie ein saturierter Beamter oder wie ein 70er Pornostar aussah. Was den Gesang betraf, so wäre mir etwas mehr Selbstbewusstsein lieber gewesen. Lieber kraftvoll und falsch als so unsicher. Wie auch immer - insgesamt fand ich die Kiffermucke richtig angenehm und so ganz ohne schlechtes Gewissen macht Blutharsch-hören viel mehr Spaß. Ich hoffe, die Band bleibt auf dem eingeschlagenen Weg auch was die Bühnenpräsentation betrifft…

 

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