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Night
Of Equilibrium
Militia, Ordo Rosarius
Equilibrio, Geneviève Pasquier
Samstag 18. März, E-Werk, Erlangen
Vor einigen Jahren
erwarb ich bei einem Festival die CD "Black Flag Hoisted, Live in
Lille II/2000" der belgischen Militia. Gemeinsam mit dem zur CD gehörigen
"Eco-Anarchic Manifesto" überzeugte mich das Werk sofort,
so dass ich mir die Gelegenheit die Band live zu sehen, nicht entgehen
lassen wollte. Also auf nach Erlangen, doch wie macht man das ohne Auto?
Per Bahn natürlich. 5 ½ Stunden auf der Schiene. Prinzipiell
macht mir das zwar nichts aus, schließlich bin ich früher ständig
per Zug unterwegs gewesen. Da aber in letzter Zeit bei Mähdorns Truppe
Preis und Leistung in keinerlei Zusammenhang mehr stehen, habe ich mir
die Benutzung dieses Fortbewegungsmittels also meist verkniffen. Jetzt
musste es wieder sein und der Frust ging wie erwartet schon beim Fahrkartenkauf
los: Die Automaten nahmen kein Geld und am Schalter musste ich schlappe
zwei Euro drauflegen, um ein hübsches Wochenendticket - das ja nur
noch einen Tag gilt - zu erwerben. Die Zugfahrt selbst ging dann, war
aber insgesamt zum Sterben langweilig. Wo sind die Zeiten hin, in denen
Punks mit ihren Plärren das Abteil beschallten? Wo sind die Kunstlederüberzogenen
Sitze, auf die man sich bei Bedarf auch mal ausstrecken konnte? Wo sind
die quarzenden Assis, die türkischen Großfamilien oder die
Backpackers? Alles weg. Statt dessen gibt es eine widerlich sterile Atmosphäre,
Fenster, die sich nicht öffnen lassen, für Gartenzwerge konzipierte
Sitzbänke, die so eng zusammenstehen, dass man die Beine nicht mal
richtig bewegen kann. Super. Und dafür das ganze Geld!? Schöne
neue Welt.
Nachdem ich die Anreise unter
Verzehr großer Mengen eines Genussmittels hinter mich gebracht hatte,
war ich endlich in Erlangen angekommen. Dort holte mich ein Freund vom
Bahnhof ab und gemeinsam gingen wir zum Ort des Geschehens. Von außen
wirkte das E-Werk wie eine alte Schwimmhalle auf mich - Glasfront, Backsteinbau,
niedrige Decken. Sofort stellten sich schlimmste Befürchtungen bezüglich
der Atmosphäre ein. Das Café, in dem wir unsere Zeit bis zum
Beginn der Veranstaltung verbringen mussten, hob diese Befürchtungen
dann wieder etwas auf, letztendlich erwies sich der Dachsaal aufgrund
seiner Ausgestaltung als kein allzu schlechter Austragungsort für
das Konzert.
Los ging selbiges mit Geneviève Pasquier, dem weiblichen
Pendant zu Thorofon. Im Hintergrund flimmerten Pin Ups über die Leinwand,
dazu präsentierte Geneviéve ihre Weisen zwischen Synthiepop
und Ant Zen-Sound, entsprechend der Veröffentlichung bei ebenjenem
Label. Insgesamt sehr nett anzusehen und zu hören, doch auf Dauer
konnte das Duo meine Aufmerksamkeit nicht gewinnen. Wohl eher was für
die heimische Stube als für die Live-Präsentation. So strich
ich denn durchs Haus, an den Mearchandise-Ständen entlang und unterhielt
mich mit den wenigen Bekannten.
Beim Auftritt von Ordo Rosarius Equilibrio ging es mir nicht wesentlich
anders als zuvor bei Geneviève Pasquier. Nach wenigen Titeln war
die Luft raus. Wirklich mitreißend zeigte sich das Schwedenduo nicht,
ganz im Gegensatz zum Auftritt bei den Herbstnächten in Rosslau.
Dort hatte mich die Combo noch überzeugt, was aber sicher auf die
überwältigenden Wirkung des Ambientes der Open Air-Show und
die wesentlich druckvollere und besser eingestellte Anlage zurückzuführen
war. Die vielen anwesenden Dunkelhüte störten solche Überlegungen
nicht, schwelgend wippten sie zum Takte und feierten die Musiker. Die
harte Industrial-Gemeinde zeigte sich eher wenig beeindruckt. Zu "I
glorify myself" sang unser Verein leicht grinsend mit. Man sind wir
cool!
Solcherart bisher eher gelangweilt, harrte ich auf den "Headliner",
in der bangen Vorahnung enttäuscht zu werden. Zum Glück lag
ich da aber falsch, denn die Belgier zogen eine richtig gute, energiegeladene
Show ab. Während die "Geräusche" vom Band kamen, legten
die fünf Musiker von Milita sich an allerhand Schlaggerät
ins Zeug und trommelten, bis zum finalen Ohrenklingeln. Das aufgebaute
Arsenal hätte jedem Wertstoffhof alle Ehre gemacht. Zur Untermalung
liefen im Hintergrund alte Filme aus der proletarischen Lebenswelt (den
Panzerkreuzer hab ich erkannt, auch Material aus dem spanischen Bürgerkrieg)
- sehr angenehm, nicht immer irgendwelcher Nazischeiß. Dann wurde
es etwas haariger, denn es liefen Tierquäler-Videos (etwa
in dieser Größenordnung) und bei mir stellte sich ein Gefühl
von Wut auf unsere menschliche Rasse ein. So krank die schlitzäugigen
Katzenschlächter und Konsorten aber auch waren, viel humaner geht
es in der hiesigen "Tierproduktion" auch nicht zu. "Witzigerweise"
befand sich unweit des E-Werks ein Grill mit dem schönen Namen "Hühnertod"
(hier das Beweisfoto),
womit sich der thematische Bogen schließt.
Musikalisch waren Militia mitreißend und rhythmisch abwechslungsreich
- mir blieb es ein Rätsel, wie es die meisten schafften, völlig
regungslos stehen zu bleiben. Auch wenn sich das Gesehene nicht wirklich
von z.B. Les Tambours Du Bronx unterscheidet, ist es doch etwas anderes,
als ein, zwei Leute am Schlepptopf rummurksen zu sehen. Falls sich mal
wieder die Gelegenheit ergibt, schaue ich mir die Belgier sicher wieder
an. Konzeptionell scheint es bei ihnen um die - wie das Mainfest nahe
legt - ökoanarchistische Schiene zu gehen, ein mir sehr sympathischer
Ansatz. Sympathisch waren auch die Protagonisten selbst, Bandgründer
Frank Gorissen und seine Partnerin Kees Greeven legten nach dem Konzert
noch eine kesse Sohle aufs Parkett und waren sich auch nicht zu blöd,
zu einem eigenen Song gemeinsam zu tanzen. Dass ist wirklich cool.
Apropos: Die Operation Mindfuck-Disko
war zwar OK aber nicht wirklich der Brüller. Neben eher krachigen
Stücken liefen allerhand DIJ- und andere Klassiker. Mittlerweile
denke ich, dass wir auch mit dem club debil keine allzu schlechte Figur
bei den entsprechenden Szeneevents abgeben würden. Einladungen sind
jederzeit willkommen!
Nach einer recht kalten Nacht
im Schlafsack im Auto, ging es dann mit Mädhorns Zuckeltruppe heimwärts.
Bilder bei Operation
Mindfuck.
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