Psychic TV + Aghiatrias
Rock Café Prag, Mittwoch 29. September 2004

Das Prager Rock Café ist ein sehr gut geeigneter Ort für "kleinere" Konzerte. Meiner vorsichtigen Schätzung nach passen ca. 400 Leute in die Location und selbige zeigte sich beim Auftritt von Psychic TV auch gut gefüllt. Wie im "Osten" üblich war das Publikum nach Alter und Kleiderordnung bunt durcheinander gewürfelt und in keiner Form szenekompatibel, wie man das bei uns meist erlebt. Persönlich empfinde ich diesen Zustand durchaus als angenehm.
Bevor nun der "Hauptact" die Bühne betrat, zelebrierten die aus dem Ars Morta Universum stammenden Prager AGHIATRIAS ihren dunklen Klassik-Ambient, der wieder wirkungsvoll mit Sängerin Martina Sanollova in Szene gesetzt wurde. Leider mussten die Musiker auf die visuelle Unterstützung durch eine Videoprojektion verzichten, da der Großmeister der Selbstdarstellung es ihnen untersagt hatte. Dem Auftritt tat das nur einen kleinen Abbruch, denn die musikalische Qualität von Aghiatrias steht für sich. Das Mitwirken von Martina hat die Show optisch aufgewertet, denkt man sonst doch bei hinter Technik stehenden nicht gerade an eine Live-Darbietung - ein grundsätzliches Problem bei der Präsentation elektronsicher Musik.

Die Headliner des Abends, Psychic TV, hatten diese Sorgen natürlich nicht. Ein präsenter Frontmann wie Genesis P. Orridge ersetzt ohne große Anstrengung eine ganze Theatergruppe, auch, wenn er aussieht wie eine 50-jährige Hausfrau. Als ebensolche "verkleidet" erschien der Meister auf der Bühne, sichtlich stolz ob seiner silikonverstärkten Brustschwellung und brannte ein 90-minütiges Rock'n'Roll-Feuerwerk ab. Mit dem ursprünglichen experimentellen Klangbild der Psycho-Fernseher hatte das zwar überhaupt nix zu tun, Spaß machte der Auftritt der Industrial-Legende und seiner handwerklich erstklassigen Mannschaft trotzdem. Ein wenig erinnerte mich das Ganze an die legendäre Show von Christian Death beim 98er WGT im Haus Leipzig. Auch musikalisch scheint mir dieser Vergleich nicht allzu weit hergeholt.
Da mir der Überblick über das PTv-Werk fehlt, unterlasse ich die Aufzählung einzelner Titel. Zu erwähnen erlaube ich mir lediglich die Aufführung von "Unclean", zitierte doch einer meiner Freunde den restlichen Abend die philosophische Textzeile "Are you free, are you really, really free?", eine Frage, die auch mit zunehmendem Alkoholkonsum keiner Klärung zugeführt werden konnte.

Fazit: Das erste mal Herrn Orridge live (und dazu noch aus nächster Nähe im Backstage) gesehen, einen netten Abend erlebt und ordentlich gebechert - was will man mehr von einem gelungenen Konzertabend erwarten. Womit bewiesen wäre, dass ich nicht nur rummeckern kann!

      

      

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