Kraftwerk
Donnerstag 8. April 2004, Alter Schlachthof Dresden

Kraftwerk gehören zweifelsohne zu den wichtigsten und bekanntesten Vertretern der elektronischen Musikgernres. Seit Jahren ist von den ehemals so innovativen Klangtüftlern nicht mehr allzu viel Neues zu hören. Nach der nicht wirklich bahnbrechenden Expo-Melodie und dem Tour De France-Aufguss haben sich die alten Herren wieder einmal auf die Bühne gewagt. Die Erwartungen waren hoch und die Hallen gut gefüllt im Dresdner Schlachthof. Gleich zwei Vorstellungen hintereinander vor insgesamt 4.000 Zuschauern - keine schlechte Leistung für fast-schon-Rentenempfänger. Natürlich bewegen sich Kraftwerk nicht wirklich viel, aber selbst so langes Stehen ist nicht so ganz ohne.
Das musikalische Programm bestand aus einem bunten Blumenstrauß ihrer bekanntesten Melodien von "Mensch Maschine" über "Tour De France" bis hin zu "Das Model" und "Wir sind die Roboter". Im Hintergrund liefen großflächige Videoprojektionen von meist simplen Trick-Filmchen in typischer End-70er-Maschinen-Ästhetik. Mehr als "nett" fiel mir dazu nicht ein. Aber was hatte ich erwartet? Der Auftritt wirkte von unserem Standort in der letzten Reihe aus wie eine Fernsehübertragung auf dem Großbildschirm. Vielleicht hätte ich mich doch in die erste Reihe drängeln sollen, um die alten Herren wenigstens annähernd beim Schwitzen beobachten zu können.
Die Musik selbst war am Anfang einfach nur leise, später wurde sie dem Ereignis etwas angemessener. Insgesamt blieb der Sound seltsam blass und kam praktisch nicht über das heimische Hörerlebnis hinaus. Zwei lächerlich kleine Boxen direkt an der Bühne gaben nicht mehr her. Die am anderen Ende installierten Lautsprecher schalteten sich innerhalb des fast zweistündigen Konzerts für vielleicht sechs, sieben Minuten ein, wodurch kurzzeitig ein Zustand erreicht wurde, der sich als "Klangerlebnis" bezeichnen ließ. Ein wirkliches Erlebnis bot die Aufführung von "Radioaktivität". Im Gegensatz zu den in Zeiten von Techno und Club Culture eher belanglosen dahinsäuselnden Uralt-Titeln kam hier die volle Soundbreite zum Tragen. Bewegend die Aktualisierung um Fakten zu den Gefahren der Radioaktivität am Beispiel Sellafield und die völlige Umdeutung des Inhaltes in "Stop Radioaktivität". Plötzlich hatten Kraftwerk etwas zu sagen und der Eindruck einer "Best Of"-Nostalgie-Veranstaltung verflog kurzzeitig.
Verstehen wir uns nicht falsch: Das Konzert war ganz OK, jedoch Pioniere der elektronischen Musik, die Kraftwerk nun mal sind, sollten nicht allein von ihrem alten Ruhm zehren. Wirklich erinnernswert waren nur die gute Stimmung des Publikums, die gewagte Hinter-dem-Synthie-eine-volle-Körperdrehung-vollzieh-Einlage eines der Kraftwerkmusiker, die Jubel bei den Anwesenden hervorrief und die hübschen, im Stroboskop-Gewitter tanzenden Roboter-Puppen. Als Fazit bleib nur zu sagen - netter Abend mit Oldie-Charme, abgehakt und vergessen.

 

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