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Flammenzauber
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Freitag 19. und Samstag 20. März 2004, Wasserburg Heldrungen
Unweit
von Weimar liegt die mittelalterliche Wasserburg Heldrungen. Das historische
Gemäuer, welches eher einem großen Rittergut gleicht als dem, was man
sich landläufig unter einer Burg verstellt, war auch in diesem Jahr von
der Lichttaufe-Crew zum Veranstaltungsort für das Neofolk-Festival Flammenzauber
auserkoren worden. Im Keller des Hauses, in einem Tonnengewölbe sollten
in den nächsten Tagen insgesamt sieben Bands auftreten.
Den
Reigen eröffneten MERCYDESIGN aus Frankfurt am Main. Die drei Musiker
erzeugten mit Laptops und elektronischen Drumpads ausgerüstet, hypnotische
Klänge an der Schnittlinie zwischen Electro und Industrial. Für den allerersten
Auftritt des Projektes hinterließ das Gehörte keinen schlechten Eindruck,
auch wenn vieles noch eher skizzenhaft erschien.
Die nachfolgenden ECHO WEST aus Dortmund gehörten dann für mich zu den
Entdeckungen des Festivals. Ihr Auftritt integrierte nahezu alle Sparten
der elektronischen Musik, von fast poppigen Songs bis hin zu krachig industriellen
Ausflügen. Dementsprechend spannend und unvorhersehbar gestaltete sich
das Set. In Besetzung und Optik wirkten sie wie ein Gegenentwurf zu DAS
ICH, womit ich die beiden Herren nicht beleidigen will. Im Gegenteil -
ich denke, man wird von Ihnen noch hören.
AXON NEURON / VAGWA konnte ich bereits schon mehrfach erleben und sie
wussten mich bisher immer zu überzeugen. Elektronische, ambiente Soundscapes
in Verbindung mit realen Trommeln erzeugen eine dichte, den Hörer hypnotisierende
Atmosphäre. Beeindruckend auch, mit welcher Eleganz und Präzision das
Ein-Mann-Studioprojekt live mit fünf Musikern umgesetzt wurde.
Als Headliner des Abends betraten WALDTEUFEL mit reichlich zwei Stunden
Verspätung die Bühne. Die Mannschaft um Markus Wolff präsentierte vor
allem die Songs des aktuellen Albums "Heimliches Deutschland". Das Publikum
wurde durch den Vortrag sofort polarisiert. Während die eine Hälfte begeistert
dem durch Trommel, Ziehharmonika, Flöte und Akustikgitarre geprägten Heidenfolk
von WALDTEUFEL lauschte, verließ die andere Hälfte kopfschüttelnd den
Saal. Wolff, der gleichzeitig trommelte und sang, gelang es nicht immer,
beide Aktionen wirklich zufrieden stellend miteinander zu verbinden (was
zugegebenermaßen wirklich sehr schwierig ist). Gegen Ende des zu langen
Sets ließ zudem seine Stimme merklich nach. Insgesamt also eher eine zwiespältige
Angelegenheit.
Da
zur vorgerückten Stunde dann keiner wirklich mehr Lust auf eine Disko
hatte, fiel diese zum Leidwesen des DJs aus. Um den Ereignissen vorzugreifen
- auch am Samstag hatte der arme Plattenunterhalter wieder kein Glück.
Vielleicht sollte man diesen Programmpunkt von vornherein streichen.
Den
zweiten Tag eröffneten IN GOWAN RING mit ihrer kunstvollen Folkmusik.
Hier zeigte sich schnell, dass ein Stehkonzert nicht wirklich der richtige
Rahmen für den anspruchsvollen Vortrag bildete. Die Merchandising-Stände
im hinteren Teil und das an sich nicht sehr aufmerksame Publikum störten
den entspannten Genuss merklich. Kein Grund für B. und seine Begleiter,
zu verzweifeln. Die Zuhörer, die andächtig lauschten, belohnten IGR mit
ihren melancholischen Weisen.
CHANGES aus den USA hatten schon aufgrund ihres Alters das Interesse auf
ihrer Seite. Auf der Bühne standen zwei Mittfünfziger, eine Art "dunkle"
Variante von Simon und Garfunkel. Nur mit Gitarre und im Duett vorgetragenen
Gesang wussten die zwei alten Herren das Publikum zu bezaubern. Den beiden
war deutlich die Freude über die späten Lorbeeren anzusehen, die ihnen
die Aufmerksamkeit des Publikums bescherte. Gelegentlich wurde der sehr
einfache jedoch wirkungsvolle Sound um andere Instrumente und die dazugehörigen
Gastmusiker bereichert. Nach einer missglückten Zugabe - Robert Taylor
hatte seinen Text vergessen - verließen CHANGES erschöpft aber glücklich
die Bühne.
Das Highlight des Abends bildete Richard Leviathans Projekt OSTARA, das
die Neofolk-Phalanx mit einem sehr poppigen Sound durchbrach. Leviathan
selbst, der von Stu Mason an der Gitarre und von einem noch recht jungen
Drummer unterstützt wurde, ist ein ziemlicher Berserker am Mikrofon, der
von der Bühne aus ordentlich Energie auf das Publikum regnen ließ. Der
Beginn als "Proud Black Templar" war einfach nur as genial zu bezeichnen,
hatten OSTARA doch so sofort die Aufmerksamkeit der Anwesenden für sich
gewonnen. Danach folgten vor allem weitere Titel vom neuen Album "Ultima
Thule". Leider gab irgendwann die Akustik-Gitarre den Geist auf und so
fand das Konzert ein jähes Ende.
Fazit:
Das Festival an sich ist als gelungen zu bezeichnen. Trotz einiger Verspätungen
funktionierte die Organisation (zumindest vor den Kulissen). Die Bands
waren (aus meiner Aussicht mit einer Ausnahme) überzeugend und die stilistische
Mischung stimmte. Das Gewölbe genügte trotz anfänglicher Befürchtung den
Ansprüchen und war dem Zuschauerzuspruch gewachsen. Zusätzliche Programmpunkte
wie Lesungen von u.a. Barbara Rossa sorgten zudem für Abwechslung. Die
Burg an sich und das Umfeld sind nur als traumhaft zu bezeichnen und auch
ohne musikalischen Anlass eine Reise wert (In der Nähe liegen Weimar,
der Kyffhäuser, Bad Frankenhausen…). Als zumindest nervend möchte ich
die auffällige Uniformierung des Publikums bezeichnen. Runen, seltsame
Symbole und militärisches Outfit gehörten zum Standard. Trotz dieser nach
außen getragenen Militanz zeigten sich die Anwesenden im Großen und Ganzen
tolerant.
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