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DRESDEN
DOLLS & MASS
Donnerstag 3. März, Starclub Dresden
Seit Wochen freute ich mich
darauf, die Bostoner Band DRESDEN DOLLS endlich live sehen zu können.
Ein mitternächtlicher Besuch bei Charlotte Roches' "Fast Forward" hatte
zum ersten Kontakt mit den Amis geführt, das wunderbare Video zu "Coin
Operated Boy" mich regelrecht geplättet. Bei einem Freund war ich zudem
in den Genuss von Live-Aufnahmen der Dolls gekommen, wodurch die Vorfreude
zusätzlich gesteigert wurde.
Dresdens dienstältester
Rock'n'roller-Schuppen war aufgrund der breiten Vorab-Medienresonanz schon
eine Stunde vor Konzertbeginn gut gefüllt. Das Publikum bestand zu einem
nicht zu vernachlässigenden Anteil doch wieder aus Vertretern der Schwarzen
Szene, obwohl sich die lokalen Schreiberlinge bemüht hatten, Palmers Unwillen
in ebenjene einsortiert zu werden, genüsslich kundgetan hatten. Den Herrschaften
sei ins Stammbuch geschrieben, dass ebenjene oft geschmähte Ansammlung
bleicher Gestalten eine nicht unwesentliche Anzahl von Trends erst einmal
soweit gebracht hat, dass sie massenkompatibel wurden. Man denke an Bands
wie Omph, Rammstein aber auch Dead Can Dance.
Kommen wir aber zurück zum
Konzert im Starclub. Als Opener sollten MASS die MASSen anheizen (tolles
Wortspiel), was ihnen auch ganz gut gelang. Eine sich verrückt gebärdende
Sängerin irrwischtete über die Bühne, vier gestandene Rocker gaben dazu
den Background-Chor mit dem üblichen Instrumentarium. Den Leuten gefiel's,
persönlich hatte ich schon nach dem dritten Stück genug. Ein wirrer Alleinunterhalter
mit Hammondorgel oder ein Kamm-Blas-Orchester wären mir tausendmal lieber
gewesen, als diese konventionelle Rockmusik. Als Einstimmung für die DRESDEN
DOLLS taugten MASS meines Erachtens überhaupt nicht. Demzufolge war ich
ganz glücklich, als die Herrschaften die Bühne wieder freigaben.
Was dann folgte, war genau
das, was ich erwartet hatte und mich doch umhaute: die geniale Show zweier
begnadeter Musiker abseits des im Rock'n'roll-Business typischen Geposes.
Allein mit Stimme und Klavier (Amanda Palmer) sowie Schlagzeug bzw. Gitarre
(Brian Viglione) ausgerüstet, erzeugten die DRESDEN DOLLS einen dichten
Sound und durchgehend Spannung. Die häufig herangezogenen Klischees vom
Brecht'schen Punk Cabaret trafen nur teilweise zu, da von Punk im herkömmlichen
Sinne nichts zu hören war, vom Cabaret dafür umso mehr. Versteht man Punk
allerdings als Geisteshaltung, die in diesem Falle musikalische Beschränkungen
vollständig außer Acht lässt, dann passt die Bezeichnung schon. Hymnen,
witzig-vertrackte Stücke mit zahlreichen Tempowechseln und Bänkelballaden
lösten einander munter ab. Beide Musiker bewiesen dabei absolute Meisterschaft
und bewerkstelligten selbst schwierige Passagen ohne Fehler und immer
mit einer Portion Humor. Überhaupt ist die menschliche Ausstrahlung von
Palmer und Viglione ihr großes Plus. Selbst hinter der dicken Schminke
wirken sie nicht wie Clowns, die das Publikum nur unterhalten wollen,
sondern vielmehr bemüht sind, es in seine Welt mitzunehmen. Das gelang
ihnen mit ihren eigenen Hits wie bereits erwähntes "Coin Operated Boy"
und "Girl Anachronism" genauso gut, wie mit den Coverversionen von Brecht
(Dreigroschen-Oper) oder David Bowie. Besonders Black Sabbath's "War Pigs",
das Amanda ihrem heißgeliebten Präsidenten widmete, hätte Originalsänger
Ozzy vor Neid erblassen lassen. Nach mehreren Zugaben und bei sichtlich
erhitzter Stimmung - beide Akteure trieften regelrecht - verließen die
DRESDEN DOLLS die Bühne mit dem Versprechen, bald wieder zu kommen. Ich
freu mich jetzt schon!
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