Das Tolle an der Burg Rabenstein, dem eigentlichen Austragungsort, ist die geniale Anordnung der zwei Bühnen zueinander. Wer schon mal in Leipzig von einem Gig in Markleeberg zum Haus Leipzig und zurück geeilt ist, wird zu schätzen wissen, was es heißt, den Weg zwischen zwei interessanten Auftritten in zwei Minuten zu Fuß zurücklegen zu können, denn länger dauert es nicht von der kleinen Bühne im Burghof bis zur großen auf dem Vorplatz derselben. Die durch die räumliche Nähe bedingten gegenseitigen Störungen wurden durch eine sinnvolle Abstimmung der Spielpläne minimiert, auch zum Vorteil des Publikums, da Wartezeiten so - zumindest rein theoretisch - völlig entfallen. Am Freitag wurde dieser Anspruch ohne Abstriche noch erfüllt, später verlor sich das Ganze dann doch ein wenig im Ungewissen.

Los ging es mit Mazeland auf der kleinen Bühne. Hängen geblieben davon ist bei mir nichts. Scarecrow im Vorhof waren da schon wesentlich bemerkenswerter, wenn auch nicht unbedingt innovativ. Also schnell wieder Speicher für neue Eindrücke freischaufeln. Für Adorned Brood hätte das aber wirklich nicht sein müssen. Dümmlicher Pagan Metal mit dämlichen Gepose. Abflug das. Endlich wurde es spannend: The Invisible Spirit waren angesagt. Den meisten sicher noch vom ersten Zillo-Sampler bekannt mit ihrem Hit "Push". Lange Zeit nix von gehört und doch zeigten die "alten Herren", dass noch eine ganze Menge Energie in ihnen steckt. Vor allem westdeutsche Dunkelhüte freuten sich über die treibende Musik an der Schnittstelle von Wave und EBM, schließlich wuchsen nicht wenige von ihnen mit Bands wie The Invisible Spirit auf. Für uns Ossis fällt mir da eigentlich nur Die Art ein, die in Neufünfland auf eine große Anhängerschaft verweisen kann und im Westen kaum bekannt ist. In diesem Falle war das Ganze wohl als Auswärtsspiel zu verstehen, eine Aufgabe, die erfolgreich gemeistert wurde. Die zweite Halbzeit lieferten The Fair Sex auf der kleinen Bühne und auch sie wussten mit ihrem elektronisch geprägten Rock für gute Stimmung zu sorgen. Im Vergleich zu früheren Auftritten - in diesem Fall hatte ich die Band schon einmal gesehen, ich glaube es war in Riesa - haben sie keinen Deut abgebaut. Ein Comeback, das 100-prozentig in Ordnung geht.

The Fair Sex in Aktion

Bevor The Fair Sex rockten, waren noch In My Rosary am Werk, die nicht so recht überzeugen konnten und sehr blass wirkten. Vielleicht war die sehr ruhige Musik auch nicht das Richtige für dieses Ambiente. Ganz anders Stendal Blast. Mit ihrem oftmals sehr simpel gestrickten Hauruck-Eletkro brachten sie die Anwesenden dazu, das Tanzbein zu schwingen und so die immer fürchterlicher werdende Kälte ein wenig zu vergessen. Augenschmaus der Stendaler ist Sänger Kaaja Hoyda, der wie ein Berserker über die Bühne tigert und allen möglichen Unsinn macht, um sein Publikum zum Mitmachen zu bewegen. Seine mal intelligenten, mal leicht debilen Texte sind auf jeden Fall ein genaueres Hinhören wert.
Auf der großen Bühne beschlossen dann The Breath Of Life mit ihrer angenehmen Wave-Musik den Abend, wohingegen sich im Burghof Psyche aus Kanada austobten. Auch Sänger Darrin Huss ist nicht mehr ganz jung, was ihn allerdings nicht daran hinderte, den Derwisch zu geben und unter allerlei Verrenkungen seinen Platz auf den Brettern, die die Welt bedeuten, einzuklagen. Begleitet von nur einem Keyboarder wirkte das Ganze wie eines dieser unseligen Dance Pop-Duos, aber nur optisch. Musikalisch ließen sich Parallelen zu Soft Cell finden. Wie dem auch sei, nach Psyche war Schluss und das Angebot mit einem Auto in die Pension mitgenommen zu werden, wirkte verlockender, als die Nutzung der Disko-Scheune, weshalb ich mich zu ersterem entschloss. Der Abend klang dann nach eingehender Wiedererwärmung mit Gesprächen und dem Konsum diverser Alkoholika aus. Als dann halb vier ein weiterer Mitbewohner der Pension, ein Jäger in vollem Ornat die Treppe herabgestiegen kam, um Schwarzkittel zu erbeuten, verzogen wir uns dann in unsere Betten.


weiter

zurück