Frustration, Pinoreks, Eleanor Lance, {+ 2nd District}
Freitag 22. Mai, Chemiefabrik, Dresden

Der Abend in der von den Dresdnern liebevoll "Schemou" genannten Chemiefabrik startete mit Eleanor Lance. Das Trio spielte in klassischer Besetzung Schlagzeug, Bass, Gitarre leicht düstere Punkmusik, so wie man es von den Fliehenden Stürmen her kennt. Auch die deutschen Texte ließen diese Assoziation nahe liegend erscheinen. Nicht schlecht also - immerhin sind die Stürme eine der wenigen Bands der meist reichlich albernen Punk-Szene, die man wirklich Ernst nehmen kann. Der Vergleich adelt Eleanor Lance also und es würde mich nicht wundern, hörten wir noch mehr von der Band. Der Sound war treibend und hart, also ideal zum Mitspringen, ich sparte mir meine Kräfte aber noch auf.
Es folgten Pinoreks aus Potsdam/Berlin, die mich mit ihrem Wave-Sound sofort zu begeistern wussten. Pluspunkte sammelte auch der Drummer, der ein Joy Division-T-Shirt trug - sicher nicht die falscheste Reminiszenz. Einfallen würden mir weiterhin Die Art oder Die Freunde der Italienischen Oper. Auch wenn seine Begleiter gute Musiker waren, Star der Band ist eindeutig der abseits der Bühne wohl eher unauffällige Sänger: Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, lief er zur Hochform auf, erinnerte mich teilweise gar an Alan Vega von Suicide. Wie auch immer - sehr schöne Musik mit angenehmem Popeinschlag, gut geeignet, um ordentlich abzufeiern, ohne jedoch flach zu wirken.
In die Chemiefabrik gekommen war ich jedoch hauptsächlich wegen Frustration. Die Gelegenheit, die französischen Post-Punks endlich einmal live zu sehen, konnte ich mir nicht entgehen lassen. Die Band spielte anfangs vor allem Stücke vom aktuellen Werk "Relax", von denen sich vor allem "Shake Me" und "To Many Questions" sofort in meinen Gehörgängen festsetzten. Das Quintett wusste vom ersten Moment mitzureißen, spätestens als die alten Hits "Your Body" und "Blind" gespielt wurden, gab es kein Halten mehr und die Meute tobte. Dabei war schnell zu spüren, dass die Chemo ein guter Ort für solche Konzerte ist, trotz wildem Gepoge lief alles absolut friedlich und entspannt ab. Nur eine junge Dame musste sich daneben benehmen, Bier auf der Bühne verschütten und bei mir einem Handkantenschlag auf den Hals andeuten. Warum sie sich gerade mich ausgewählt hatte - keine Ahnung. Ich bleib ruhig und schaute sie nur böse an. An dem Abend hätte wahrscheinlich nicht einmal eine atomare Explosion in unmittelbarer Nähe meine gute Stimmung trüben können. So schön kann Frustration sein! Den Abschluss bildete das Crisis-Cover "Holocaust", bei dem noch einmal die Hütte brannte, dann war ich auch reichlich ausgebrannt und machte mich auf den Heimweg. 2nd District schenkte ich mir einfach, kein Verlust, wenn ich den Hörproben im Netz Beachtung schenken darf. Netter aber langweiliger Punkrock; nach Frustration wäre das nur ein ärmlicher Abschluss des Abends gewesen.

 

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