Flammenzauber 5
Freitag 1. und Samstag 2. April 2005, Wasserburg Heldrungen

Anfang April riefen die Lichttaufe-Macher erneut zum neofolkloristischen Flammenzauber auf die Wasserburg Heldrungen im geschichtsträchtigen Thüringer Land. Auf der Burg, auf der das Urteil über Thomas Müntzer gesprochen wurde, trafen sich wieder Musiker aus aller Herren Länder, um das geneigte Publikum mit handgemachter Musik zu verzaubern, zumindest größtenteils.

Wasserburg Heldrungen

Los ging es mit THE LINDBERGH BABY, dem Projekt des hierzulande eher noch unbekannten Scott Broderick. Wirklich Beeindruckendes bot der Amerikaner dann nicht; die als Strange Country beschriebene Musik klang mir zu sehr nach Singer-Songwriter ohne große Höhepunkte. Daran änderte auch die Begleitung durch die Festivalhelden Annabel Lee und Michael Moynihan von Blood Axis nichts. Dafür stellte sich Broderick im Laufe der zwei Tage aber als sehr freundlicher und aufgeschlossener Zeitgenosse dar, mit dem sich auch gut feiern lässt. Vielleicht hätte mich eine betrunkene Session am Lagerfeuer mehr beeindruckt.

Als nächstes folgten die Military Popper TRIARII. Ihre Musik ist - wie die Stilbezeichnung nahe legt - meist martialischer Natur. Mittels flächiger Computersounds kreierten die Berliner alternative Marschmusik, das Live-Drumming gab der Aufführung den notwendigen Druck. In den ersten Reihen bewegte sich sogar manch Oberkörper im Takt. Gelegentlich wurden die Stücke um mit hoher Intensität gesprochene Texte bereichert. Insgesamt zeigte sich das Duo sehr gefällig (wenn auch sichtlich etwas nervös); absolvierte seinen allerersten Gig souverän.

Hinter FLORES DE FYER verbarg sich niemand anderes als Gerhard Petak, besser bekannt als ALLERSEELEN, der sich mit Musikern von GRAUMAHD und CAWATANA verstärkt hatte. Nachdem mit den "Archaischen Arbeiten" auf Steinklang alte Aufnahmen der Formation wiederveröffentlicht wurden, ergreift mich gelegentlich das Bedauern ob der musikalischen Entwicklung des Österreichers. Der als Apokalyptic-Pop angekündigte Klangcocktail mit zum Tei MAX GOLDTchen Textschöpfungen konnte mich nicht so recht begeistern. Zwar explodiert Petak auf der Bühne quasi vor Intensität, auf mich überträgt sich das jedoch nicht. Die nette Musik mit zum Teil skurrilen Einfällen erinnerte mich in ihrer Wirkung an die Vorjahres-Headliner Waldteufel, die mich ähnlich ratlos zurückließen.

Höhepunkt des Abends bildete der Auftritt der schwedischen COPH NIA, die als einzige an diesem Abend auch vordergründig elektronische Klangerzeugung einsetzten. Das Resultat waren vorrangig ambiente Stücke, die mittels Live-Drumming ein wenig an Fahrt gewannen. Highlights im Programm waren neben dem unverzichtbaren "Holy War" die zahlreichen Coverversionen, darunter von Black Sabbath und den Rolling Stones. Die beiden Musiker hatten sichtlich Spaß an ihrer Arbeit und konnten auch das Publikum mitreißen.

Mit Coph Nia war das Geschehen auf der Bühne für diesen Tag abgeschlossen, im Obergeschoss lief noch die Disko bis in die frühen Morgenstunden weiter. Als die letzten Töne verklungen waren, wurde anderenorts noch weitergezecht.

Tag zwei begann mit der österreichischen Trachtengruppe STURMPERCHT, eines der absoluten Highlights des Festivals. Die Szene-Allstar-Truppe um Steinklang-Labelchef Max sorgte schon vor dem eigentlichen Auftritt für Furore: Angetan mit Masken zogen die Herren mit reichlich Schlagwerk, Geschrei und Glöckchen durch das Volk, und erreichten, dass auch der letzte mitbekam, dass es jetzt los geht. Angelehnt am alpinen Volksbrauch des Perchtens, des Austreibens der bösen Wintergeister, zelebrierten die Mannen eine expressive Show mit viel Freude am Spiel. Meilenweit von klischeehafter Volksmusik entfernt, zeigten STURMPERCHT, welche Kraft in manch alten Weisen steckt. Zahlreiche alte Sagen wurden neu interpretiert, natürlich durfte auch der "Tatzelwurm" nicht fehlen. Die Luft in der bis zum Brechen gefüllten Veranstaltungstonne brannte.

Nach diesem wunderbaren Auftritt folgte die für mich einzige Enttäuschung des Festivals, die aus Russland stammende und jetzt in Israel lebende Vera AGNIVOLOK mit ihrem gleichnamigen Projekt. Das was ich von dem Auftritt mitbekam war wenig avantgardistisches Straßenmusikanten-Niveau. Auch die Stimme der zierlichen Sängerin konnte mich nicht überzeugen. Zu dünn und mit falschem russischen Pathos. Superlangweilig.

Blood Axis

Zum Abschluss folgte der mit viel Spannung erwartete Auftritt von BLOOD AXIS. Um es vorab klarzustellen: "Das Konzertereignis des Jahres 2005", wie vom Veranstalter vollmundig angekündigt, war es nicht aber immerhin ein angenehmes Konzert. Der Anfang der Show ließ jedoch nichts Gutes erwarten. Ständig fiepte und brummte es, die Technik war völlig außer der Reihe. Die Musiker zeigten sich sichtlich nervös, Michael Moynihan wirkte fahrig und ein wenig durch den Wind. Seine Stimme klang ungewohnt hoch und brüchig. Geigerin Annabel Lee konnte sich während des Sets kein Lächeln ins Gesicht zaubern, auch wenn zum Glück der Techniker die Anlage und die Band sich selbst im Laufe des Konzerts in den Griff bekam. So wurde der Auftritt doch noch ein guter. Es folgten eine ganze Menge eher folkloristische, mir unbekannte Stücke (wahrscheinlich von der Platte mit In Gowan Ring) sowie akustische Neuinterpretationen der Klassiker von "The Gospel Of Inhumanity". Das Publikum zeigte sich nur teilweise begeistert, hatten doch einige wohl eher einen martialischen Auftritt erwartet, den BLOOD AXIS so nicht boten. Vielmehr wirkten die Musiker, u.a. mit Scott Broderick, wie ein eingespieltes Hippie-Kollektiv, wozu auch das eher lässige Outfit Moynihans beitrug. Persönlich fand ich das entspannte Auftreten eher angenehm, auch wenn die Evil Power früherer Tage ein wenig verloren gegangen scheint.

Der Abend endete wieder beim Tanz in der Scheune und beim nächtlichen Zechgelage. Von den anderen Programmpunkten wie Lesung etc. bekam ich leider nicht viel mit. Publikum und Security waren diesmal wesentlich angenehmer als bei der letzten Ausgabe des Festivals. Vielleicht lag's ja da dran, dass ich mittlerweile eine Menge der Leute kenne und weiß, dass hinter den z.T. heftigen Fassaden nette Menschen stecken. Ein paar kluge Ideen von der Ausgestaltung hätte man beibehalten sollen - so war die Leinwand am hinteren Ende bei dem niedrigen Saal ein guter Service für Kleinwüchsige. Insgesamt ein sehr schönes Festival.

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