Einstürzende Neubauten
Leipzig Haus Auensee, 16. Mai 2008

Lang, lang ist's her, dass ich bei einem Konzert der Einstürzenden Neubauten war. Das lag vor allem daran, dass ich in Dresden nicht oder nur ungern in Locations wie den Alten Schlachthof gehe, der mir dank seiner grottigen Akustik noch so ziemlich jedes lautere Konzert versaut hat. Auch finde ich, dass der derzeitige Sound der Neubauten eher in einen Konzertsaal als in eine Rock'n'Roll-Höhle passt.
Diesem Anspruch wird der Saal im Haus Auensee auf jeden Fall gerecht, nur die Bestuhlung hätte noch gefehlt. Das Publikum, zum großen Teil jenseits der 30, hätte es sicher gedankt, zumal die Musik der Neubauten wie gesagt mittlerweile eher zum Zuhören und -schauen denn zum Rumspringen geeignet ist.
Nachdem wir den Ort des Geschehens besichtigt hatten, nutzten wir das schöne Wetter oder flohen vor der stickigen Hitze im Saal - je nach Auslegung - und setzten uns auf ein Bier vor die Haustür. Da wir nicht die Einzigen waren, die diesem Trieb folgten, versammelten sich draußen bald mehr Menschen als drinnen. Herr Bargeld fühlte sich deshalb genötigt, der versammelten Zuhörerschaft per Megaphon mitzuteilen, dass es bald losginge. Die Fans hörten auf ihren Meister und stürmten den Saal. Der war dann gut gefüllt, ausverkauft war das Haus aber nicht.
Die Neubauten spielten dann erst einmal eine Reihe Songs vom neuen Album "Alles wieder offen" und wichen davon auch über die ganze Länge des Konzertes nicht ab. Nur einige wenige Titel von "Perpetuum Mobile" und "Silence Is Sexy" verirrten sich ins Repertoire, ältere Stücke - Fehlanzeige. Dies war auch der einzige Wermutstropen in dem ansonsten sehr schönen Konzert. Blixa unterhielt das Publikum mit launigen Ansagen, Alexander Hacke mit ins Groteske übersteigerten Rockstar-Posen. N.U. Unruh begeisterte mit seinen Klangerzeugern - insbesondere die Gabelschüttorgie hinterließ bleibenden Eindruck. Jochen Arbeit und Rudi Moser bildeten den ruhenden Pol des Bühnengeschehens.
Die Songs wurden routiniert und fehlerfrei gespielt, wie es sich für eine Band mit solch langer Bühnenerfahrung geziemt, das Publikum ging mit - zum Glück hatte ich mir vorab die Platte besorgt, um auch bei den neuen Stücken mitsingen zu können. Richtig die Post ab ging allerdings nur bei der "Befindlichkeit des Landes", wie gesagt, ich hätte mir ein paar mehr energetische Lieder gewünscht. Nichts desto trotz hat sich der Besuch in der Messestadt gelohnt, die neue Platte reiht sich textlich und musikalisch hervorragend in das "Spätwerk" der Neubauten ein. Den großen Zampano und seine Gefährten mal wieder live zu erleben, war schon eine gute Sache.

 

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