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COIL
Alte
Spinnerei Glauchau, Samstag 13. April 2002
Das letztjährige
Gothik-Treffen, erstmals organisiert von den Profis von Inmove, hatte
wirklich nicht allzu viele Höhepunkte zu bieten - mit einer Ausnahme:
Coil! Nun bin ich selbst kein Hardcore-Fan der englischen Avantgardisten,
jedoch gehörte der Leipziger Auftritt zum Besten, was ich jemals erleben
durfte. Ein Besuch in Glauchau war also Pflicht.
Die Alte Spinnerei in Glauchau erwies sich als gute Wahl. Der Saal war
gut gefüllt und ein wenig abgelegene Spielorte haben den Vorteil, dass
wirklich nur die kommen, die das Ganze interessiert. Beste Voraussetzungen
also für ein Konzertereignis der Spitzenklasse.
Als erster betrat Peter Christophersen, ganz in weiß, mit einem plüschumrahmten
Spiegel auf der Brust die Bühne. Angeleuchtet von farbigen Projektionen
entzündetet der ergraute Ex-TGler eine Schale Weihrauch und schaute finster
ins Publikum. Ihm folgten maskierte Tänzer, die mit Schellen das Ritual
einläuteten. Nachdem ? (Selbst Experten wussten nicht , wer das denn da
nun ist) ein weiteres Mal Weihrauch aufgelegt hatte und hinter seinem
Keyboard verschwunden war, ließ auch Jhon Balance nicht mehr lange auf
sich warten.
Der charismatische Frontmann von Coil schien sich von seinen gesundheitlichen
Problemen erholt zu haben und bot in der nächsten Stunde die volle Palette
seiner sängerischen und mimischen Ausdrucksmöglichkeiten. Dominierten
anfangs eher ruhig Klänge vom (wahrscheinlich) aktuellen Album, so steigerte
sich Balance und mit ihm die Musik gegen Ende zur Raserei. Balance gab
den Madmen, während seine Kollegen rechts und links von ihm die Ruhepole
bildeten. Da ich wie gesagt kein Fan von Coil bin, konnte ich den einzelnen
Stücken keine Titel zuordnen, was aber letztendlich ziemlich belanglos
ist, geht es den Engländern doch eher um eine Stimmung, als um popmusikalische
Standards. Persönlich war ich sehr glücklich endlich einmal wieder zu
erleben, dass ein Konzert, Musik im allgemeinen durchaus magisch sein
kann und nicht nur nette Unterhaltung. Einen der Höhepunkte des Konzertes
stellte deshalb der Song dar, den Balance allen Gefangenen dieser Welt
widmete. Zu krassen Videoprojektionen vom "Alltag" hinter Gittern, sang
Balance ganz ungewohnt mit zerbrechlich-zarter Falsett-Stimme, was bei
den meisten Anwesenden sicher eine Gänsehaut erzeugt haben dürfte. Wenn
Kunst berührt, dann ist es gute Kunst und Coil sind wirklich gut. Dass
sie dabei auch noch liebe (und ich verwende bewusst dieses Attribut) Menschen
geblieben sind, zeigte die nachfolgende Autogramm"stunde", bei der Balance
und Christophersen höflich und geduldig alle Fragen beantworteten, Hände
gaben und Küsse verteilten. Ich wünsche Coil, dass sie immer so bleiben
und vor allem gesundheitlich noch lange in der Lage sind weiterzumachen.
Mystisch, magisch,
wundervoll: Coil wissen zu verzaubern
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