Tag der Befreiung 17
Samstag 3. Dezember 2011, Kulturfabrik Moabit

Bereits zum zweiten Mal verschlug es mich anlässlich dieser Raubbau-Konzertreihe mit dem seltsamen Namen nach Berlin, und auch zum zweiten Mal fand der Abend in der kleinen aber feinen Lokalität statt, die wohl genau genommen Slaughterhouse heißt. Die Atmosphäre war angenehm, der Sound gut, das Ganze ein sehr angenehmes Familientreffen.
Los ging es pünktlich mit MEZIRE. Das Duo zeigte sich gewohnt energetisch mit einem abwechslungsreichen Power Noise. Die Berliner werden mit ihrem Sound immer härter. Von den noch eher EBM-lastigen Anfängen hört man nicht mehr allzu viel. Frontmann Frank vermittelt die Genretypische Aggression glaubwürdig, während sein Mitstreiter Dirk an den Maschinen eher im Hintergrund bleibt.
Zweiter Act des Abends war Joke Lanz aka SUDDEN INFANT. Der brachte einen sehr abwechslungsreichen Noise zu Gehör, der geschickt mit der Erwartungshaltung der Fans spielte. Immer wieder, wenn man sich gerade auf bestimmte Strukturen und Rhythmen einlassen wollte, machte Lanz einen Break und lieferte eine theatralische Einlage. Dabei sprach er das Publikum direkt an, beleidigte den einen oder anderen Anwesenden und kehrte selbst den Wahnsinnigen raus. Gut, die Shows laufen immer so ab, nichtsdestotrotz ist Sudden Infant auf selbstzerstörerische Weise ein wichtiges Element der Industrialszene, mit der Lanz offensichtlich eine Hass-Liebe verbindet.Um ehrlich zu sein: Live gefallen mir Sudden Infant besser als von Platte.
Es folgten THOROFON in großer Besetzung - mit vier Musikern auf der Bühne. Der größte Gewinn war dabei sicher das Schlagzeug, der den "Tanzmusikcharakter" der Band zusätzlich unterstrich. Diese Bezeichnung ist absolut nicht abwertend gemeint, im Gegenteil. Nachdem sich Thorofon zwischenzeitlich aufgelöst hatten, mussten sich die Musiker die Frage stellen, unter welchem Vorzeichen sie nun weiter machen. Die Band hat sich dafür entschieden, eingängigere zum Teil rockigere, zum Teil diskolastige Musik zu machen, auf jeden Fall aber "richtige" Musik mit Rhythmus und Melodie und ich finde das bekommt Thorofon auf jeden Fall gut. Selbstverständlich durften auch die alten Kracher wie "Gigamesh" und "Riot Dictator" (mit Gastsänger) nicht fehlen, bei denen es im Publikum ordentlich zur Sache ging. Auch wenn zwischendurch zweimal der Stecker gezogen wurde und sich plötzlich Ruhe einstellte - ein sehr energiegeladenes Konzert!
Zum Abschluss des Abends betrat Mike Dando aka CON-DOM die Bühne. Während er die ersten Takte spielte, drängte sich gleich zweimal eine offensichtlich leicht beschuckerte Dame ans Mikrofon, die vom Veranstalter entfernt werden musste. Lustig war das insofern, als das Niemand so genau wusste, ob dies nun Bestandteil der Show war oder nicht. That's Industrial!
Zurück aber zum Con-Dom-Auftritt, der der gleichen Choreografie folgte wie bei den letzten beiden Gigs, die ich gesehen habe. Soundtechnisch war das Set eher ruhig gehalten, also in Richtung Noise Ambient. Auch die vokalen Ausbrüche hielten sich in Grenzen. So entstand mehr eine meditative Stimmung, bei der man gut über das gebotene Filmmaterial nachsinnen konnte. Performatives Highlight der Show war dann die Auspeitschung des Künstlers durch eine Dame, auch dies hatte ich schon einmal ein Jahr zuvor in Wroclaw sehen dürfen. Insgesamt ein recht angenehmer Auftritt, der allerdings nicht viel Neues bot, bis hin zum optischen Part der Show. Alles in allem aber ein sehr angenehmer Abend mit durchweg guten Projekten. Beim nächsten Mal bin ich sicher wieder dabei!

 

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