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Consumer
Electronics 5
Samstag 10. April 2004, Garage Berlin-Pankow
Das Programm der diesjährigen
Consumer Electronics konnte ich wirklich sehen lassen: Neben dem Rasthof
Dachau-Ableger STAHLWERK 9 und Death Squad-Nachfolgeprojekt MK9 standen
die englischen Anarcho-Noise-Urgesteine THE GREY WOLVES und CON-DOM auf
der Bühne. Mit einem vollen Haus war also zu rechnen und die Rechnung
ging auch ganz gut auf.
Beginnen wir also am Anfang
mit den Stahlwerkern. Auf der Bühne hatten sich drei Herren versammelt,
die ihrem elektronischen Equipment einen überwiegend dunkel-ambienten
Sound entlockten. Wie in diesem Genre erforderlich stellte sich beim Zuhörer
recht bald eine gewisse Trance ein, die ihn für die ins Mikrofon gebrüllten
Botschaften zugänglich macht. WK 1-Bilder im Hintergrund verstärkten das
basslastige Dröhnen der Todesmaschinen aus dem Synthie zu einem echten
Horrortrip. Als Freund dieser Art von Musik konnte ich mich entspannt
zurücklehnen und das Grauen "genießen". Schon seltsam, dass man daran
Freude haben kann.
Die "Hauptband" des Abends THE GREY WOLVES mischten dann mit
ihrem Elektropunk (und damit meine ich nicht Durchschnitts-Punk mit elektronischen
Mitteln) das Publikum erst einmal ordentlich auf. Los ging es mit einem
Sample von Peaches' "Fuck The Pain Away" - ein Motto, das die Wölfe aufnahmen
und mit den ihnen gebotenen Mitteln fortführten. Während im Hintergrund
irgendein absurdes japanisches Trashvideo mit Mutanten, Sex und Gewalt
lief, und Elektroniker David stoisch die Tasten drückte, tigerte Sänger
Trev rastlos über die Bühne und brüllte mit wahnsinnigem Blick seine Texte
ins Mikro. Sehr beeindruckend das Ganze und dazu noch schön laut.
Als nächster betrat Michael Contreiras die Bühne der Garage und mit seinem
Auftritt begann die Stimmung zu kippen. Das lag weniger an MK9' heftigen
Klangkollagen, als am Künstler selbst. Während im Hintergrund die Bilder
einer Demonstration in Oakland liefen, die von der freiheitlich-demokratischen
Polizei brutal zusammengeknüppelt wurde, rannte Michael durch das Publikum
und schrie sich seinen Frust von der Seele. Den meisten Anwesenden schien
dabei entgangen zu sein, dass Contreiras in diesem Moment keine Show machte,
sondern wirklich krass drauf war. Das Gejohle des Publikums irritierte
ihn daher und er wurde noch wütender. Kurze Zeit später - nachdem er im
Furor seine Kamera herunter gerissen hatte - brach er den Gig ab. Hier
kam wieder deutlich ein Mechanismus der heutigen Medienkultur zum Tragen:
Selbst härteste Szenen bewegen die Menschen nicht mehr, die Trennung zwischen
Show und Leben ist aufgehoben, alles ist nur noch Show.
Dass sich David aka Mike Dando dieser schizophrenen Situation bewusst
war, zeigte sich sofort mit Beginn des CON-DOM-Auftrittes. Einen Teil
seiner Kriegsbemalung verteilte er auf die Anwesenden, die somit in das
Spektakel involviert waren. Musikalisch ähnlich gelagert wie die GREY
WOLVES überzeugte CON-DOM vor allem durch seine Präsenz. Persönlich hatte
ich am Ende des Sets ein echtes Problem: Die negative Energie, die da
von der Bühne geschwappt kam, sorgte dafür, dass mir richtiggehend körperlich
schlecht wurde. Am Bier allein lag das nicht. Irgendwie war es Dando gelungen,
die Schwelle zu überschreiten, die die reine Volksbelustigung vom künstlerisch
Ergreifenden trennt.
Die anschleißende All-Stars-Session, zu der unter anderem auch Slogun-Macher
John Balistreri die Bühne betrat, war dann recht schnell beendet und nicht
wirklich spektakulär.
Fazit: Ein sehr gelungener
Abend, der gezeigt hat, dass Kunst durchaus bewegen kann. Die Organisation
war wie immer hervorragend und auch zu den in dieser Szene so angenehm
einfach zu bewerkstelligenden Gesprächen mit den Aktiven war wieder ausreichend
Gelegenheit.
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