Genocide Organ, Shift, Ke/Hil,
Tho-So-AA
Samstag 17. April 2010, Club Lagerhof, Leipzig
Die Vorfreude auf dieses Konzert
war recht groß, schließlich spielen Genocide Organ nicht alle
Tage. Der Anlass, das 25-jährige Bühnenjubiläum ließ
zudem auf eine besondere Show hoffen. Also auf nach Leipzig in den Lagerhof.
Die Lokalität fand ich
erst nach einigem Suchen, was aber auch an meinem minderbemittelten Orientierungsvermögen
liegt. Man hätte sogar bis vor die Tür fahren können, wenn
man die Einfahrt gefunden hätte, was später den meisten gelang
und so konnte ich anhand der Kennzeichen bestaunen, dass aus ganz Deutschland
und Österreich, aus der Tschechei und sicher noch woanders her Gäste
angereist waren. Ein echtes Familientreffen, bei dem sich auch einige
Szene-Bekanntheiten unters Publikum mischten. Das Ganze wäre sicher
noch etwas bunter geworden, wenn dieser isländische Vulkan manchen
nicht in die Suppe gespuckt hätte.
Der Beginn der Veranstaltung
verzögerte sich leider um etwa zwei Stunden. Ursache war ein Unfall
des Technikers, was ich anfangs für eine alberne Ausrede hielt, letztendlich
stimmte es wohl doch. Lauf Diskussion im Krachkom-Forum geht es dem Herren
wieder gut - zum Glück hatte der Vorfall also keine schlimmen Folgen.
Resultat der Verspätung war, dass man viel Zeit hatte, alte Bekannte
in Gespräche zu verwickeln, während sich der Platz vorm Lagerhof
gut füllte. Wie zu erwarten kam dann beim Einlass zu einem ordentlichen
Geschiebe und Gedränge; im Großen und Ganzen bewahrte das Publikum
jedoch Contenance, so dass alles reibungslos verlief.
Die Lokalität an sich
war recht schön, wenn auch vom Aufbau her wohl besser als Disko denn
für Liveperformances geeignet. Gerade das Podest vor der Bühne
war alles andere als eine gute Idee, da absehbar war, dass die hinten
Stehenden, hauptsächlich die Rücken der Podestler zu sehen bekommen.
Mit anderen Worten: Es hieß, sich in die Meute zu stürzen.
Bei SHIFT wollte ich dies noch
nicht tun. Die Musik war ganz OK aber eben nur Durchschnitt. Power Electronics
mit einem Schlag ins Ambiente. Auch die Ausstrahlung des Schreihalses
war alles andere als großartig - ich schaute mich lieber noch in
der Lokalität um und quatschte mit ein paar Leuten. Es gibt halt
einfach zu viele Projekte, die ähnlich klingen.
Zweiter Act des Abends waren
Ke/Hil, ein Projekt der GO-Musiker Brigant Moloch und Wilhelm Herich.
Zuerst dachte ich, dass mir da Dank des Ausfalls von Pain Nail unvermutet
erneut ein Anenzaphalia-Auftritt zuteil wird aber dies war ein Irrtum.
Zugegebenermaßen konnte ich nicht allzu viele Unterschiede zum bekannteren
Projekt feststellen, ein wenig wirrer und krachiger war's vielleicht,
mit Tendenz zur Hauptband. Einen wirklichen Grund für diesen Spin-Off
konnte ich nicht erkennen. Auch wenn Ke/Hil nicht schlecht waren, begeistern
konnten sie mich an diesem Abend nicht. Die Musiker selbst schienen nicht
so 100-prozentig bei der Sache zu sein, die Gedanken waren wohl schon
beim späteren Auftritt.
Recht angenehm blieb mir dann
der Auftritt von Tho-So-Aa im Kopf, schließlich lag das deutsche
Projekt mit seinem intelligenten Ambient ein wenig neben der Hauptkampflinie
des Abends und Abwechslung tut ja bekanntlich gut. Etwas zu ruhig war
das Ganze vielleicht, auf jeden Fall ist Tho-So-Aa eher was für ein
Sitzkonzert.
Es folgte das Highlight des
Abends und der eigentliche Anlass, das Konzert von Genocide Organ. Kurz
gesagt: Es war fantastisch! Die Musiker betraten von einer Ledermaske
geschützt die Bühne, anfangs bearbeitete man eine große
Metalltonne mit einem Stahlrohr, später gab es nur noch wenige echte
Showelemente zu sehen - vielleicht der einzige Kritikpunkt an dem Ereignis.
Ansonsten eine sehr energetische Show, deren einzelne Höhepunkte
ich nicht aufzählen kann, schließlich bin ich nicht GO-"bibelfest",
auch wenn ich einige Stücke namentlich erkannte.
Schon bei den ersten Klängen formierten sich an der Bühne all
die, die der martialische Industrial mit seinen oszillierenden Synthesizersounds
und den propagndistisch vorgetragenen Texten nicht nur kopfseitig anspricht,
sondern auch zu körperlicher Aktivität animiert. Nach kurzer
Zeit war ein recht heftiger Pogo im Gange, der über die ganze Länge
des Sets anhielt. Der überwiegende Teil des Publikums fand das Ganze
sicher doof aber Industrial ist halt kein Ponyhof. Ich kann persönlich
nicht verstehen, wie man bei Genocide Organ ruhig an seinem Platz stehen
bleiben kann. Ein Nachteil des Rumspringens ist natürlich, dass man
von den Videos im Hintergrund nichts mitbekommt aber das lässt sich
Dank youtube
mittlerweile recht gut nachholen.
Nach dem Konzert machte ich
mich umgehend auf die Heimreise - nicht so sehr, weil ich alt und müde
bin, sondern weil ich denke, nach solch einem Erlebnis muss erst einmal
Ruhe sein. Ich ließ daher auch auf dem Rückweg das Autoradio
aus und ließ lieber den Abend auf mich wirken.
Alles in allem eine sehr gelungene
Veranstaltung, trotz anfänglicher Verzögerung. Meckern muss
ich dann nur noch über die alberne Regelung, dass im Lagerhof geraucht
werden durfte. Sowas ist der Atmosphäre selbstverständlich alles
andere als zuträglich, zumal der Laden wirklich "packed"
war