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ELEKTROANSCHLAG
8
Freitag 30. und Samstag 31. März 2007, Kanonenhaus Altenburg
Lang, lang ist's her und ich entschuldige mich schon mal vorab, dass ich
es nicht früher geschafft habe: Hier nun endlich ein paar Worte zum
Elektroanschlag 8 in Altenburg. Bisher hatte ich das Ereignis nur einmal
besucht, weil ähnlich wie das Krefelder Maschinenfest die Musik nicht
unbedingt mein Geschmack ist. Zu viel Technoides, zu wenig kranker Industrial.
Diesmal gab es aber keine Entschuldigung, denn Esplendor Geometrico, die
spanische Legende war am Start. Also auf nach Thüringen in die Skatstadt!
Am Ort des Geschehens angekommen,
baute ich erst einmal das Zelt direkt vor der Lokalität auf. Zum
Glück gibt es nur wenige Verrückte, die das tun und so war unsere
kleine Dresdner Gruppe unter sich und der Veranstalter hatte kein Problem
damit, dass wir dort kampierten. Wenn sich die Erde weiter erwärmt
und in Zukunft mehr mutige Zelter vor Ort sind, dürfte es etwas eng
werden. Da es aber Ende März immer noch recht kalt ist, hält
sich die Nachfrage in Grenzen. Sehr löblich war das Zugeständnis
der Veranstalte, dass wir tagsüber auch die Toiletten im Haus benutzen
konnten. Keine Security-Schränke hielten uns ab, das nenne ich eine
wirklich familiäre Atmosphäre - eine Aussage, die sich ohne
Abstriche auf das ganze Festival übertragen lässt.
Vom ersten Tag blieben mir
vor allem die klanglich sehr abwechslungsreichen Sonic Area und die Catholic
Boys In Heavy Leather in Erinnerung. Die lustige Show und die zum Teil
sehr skurrilen Cover-Versionen von Roger Rotor und Sudden Infants Joke
Lanz waren ein echter Augen- und Ohrenschmaus. Ich sage nur "Daddy
Cool"! Wer da ruhig stehen blieb, der hat wohl einen genetischen
Defekt. Partystimmung pur. Die anderen Bands waren zum Teil musikalisch
innovativer, "der" Überflieger war aus meiner Sicht jedoch
nicht dabei. Immerhin habe ich mich nicht gelangweilt. Hübsch war
auch der Gastauftritt der Ambassador21-"Schreihälse" bei
Fragment King. Da kam echt Leben in die Bude! Ah Cama-Sotz beendeten den
ersten Festivaltag mit einem netten Tanzset, den meisten gefiel's und
das ist ja das Wichtigste.
Am Samstag hatten wir das große
Glück, Esplendor Geometrico schon beim Soundcheck zu erleben. Auch
hier hielt uns niemand davon ab, als wir bei den ersten Tönen der
Spanier in die noch leere Halle stürmten, um den reichlich vorhandenen
Platz zum Tanzen zu nutzen. Man stelle sich das beim WGT vor! Arturo Lanz
nahm nach kurzer Verwirrung ob der plötzlichen Bewegung im Raum unseren
Einsatz mit einem Grinsen zur Kenntnis und tarierte weiterhin ungestört
den Sound aus.
Nach diesem ersten Highlight besuchten wir Altenburg - ein wirklich verschlafenes
Städtchen. Als "Großstädter" (Dresden ist eigentlich
auch nur ein Dorf) ist es schon etwas komisch festzustellen, dass im Zentrum
die Läden Mittag schließen und das Leben zur Ruhe kommt.
Solcherart wenig beansprucht
waren wir am Abend wieder frisch für das Konzerterlebnis. Tag zwei
war musikalisch aus meiner Sicht interessanter, nicht nur wegen Esplendor.
Auch die anderen Bands wussten zu überzeugen, ohne dass ich jetzt
unbedingt einzelne Sachen hervorheben könnte. Die anspruchsvollste
Show zeigten Strops und auch Twinkle - ein athletischer junger Mann mit
Oberkörper-Kriegsbemalung - hatten mehr als nur schnöde Technikbedieneroptik
zu bieten. Gegen Ende des Festivals "stapelten" sich dann die
Highlights: Sanctum, Esplendor Geometrico und unsere Dresdner Szenehelden
Heimstatt Yipotash. Erstere als einzige Vertreter des Cold Meat Labels
am Start, boten den größten Kontrast zum restlichen, eher technoid
klingenden Aufgebot. Die Schweden waren schon wieder reichlich durch den
Wind, lieferten aber trotzdem ein intensives, mitreißendes Set ab.
Besonders die beiden Sänger wussten mit ihrem Einsatz das Publikum
zu beeindrucken. Bei "Shine" vom 2004er Album "Let's Eat",
das sich mittlerweile zu einem echten Hit entwickelt hat, kochte der Saal.
Esplendor Geometrico wirkten nur anfangs etwas kühler. Schon nach
kurzer Zeit hatten die Spanier die Massen voll im Griff und es gab kein
Halten. Ausgelassenes, schweißtreibendes Tanzen, die Präsenz
Arturo Lanz' und so manch mitgegröhlter Satz wie "Chile Al Dia"
sorgten für eine supertolle Stimmung. Ein echtes Erlebnis, nach dem
Heimstatt Yipotash mit ihren zum Teil recht abgedrehten Sounds ein wenig
untergingen. Trotzdem erhielten die Dresdner von allen Seiten Anerkennung
für ihren Auftritt.
Die Disko sparten wir uns auch
am zweiten Tag, nach all der Musik ist man sowieso etwas erledigt. Vorm
Haus kamen wir in den Genuss nicht verkaufter Schaschlikse, die uns vom
Verkaufsstand kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Da lässt
man sich natürlich nicht zweimal bitten und so schlugen wir uns ordentlich
die Mägen voll. Gut gesättigt pennten wir wieder im Zelt vor
der Lokalität und machten uns gegen Mittag auf den Heimweg. Insgesamt
ein sehr schönes Festival, auch weil keiner der anderen Besucher,
die ja reichlich an unseren Behausungen vorbeimarschierten, sich zu irgendwelchen
dummen Streichen animiert fühlte.
Fazit: Wenn mich die Bands
interessieren, bin ich zum Elektroanschlag 9 bestimmt auch wieder dabei.
Martyn
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GAndys
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