Cent Ans De Solitude - Les Enfants De L'Oubli (MC, Les Nouvelles Propagandes)

Es ist schon ein kleines Wunder, dass Tonträger wie diese noch existieren. Hinter "Cent Ans De Solitude" steckt Jean-Yves Millet, Inhaber des legendären französischen Labels "Les Nouvelles Propagandes". Dessen einziges Langwerk unter besagtem Namen erschien bereits 1987 (!). Erstehen konnte ich es am Rande der Tonwellenkonferenz 2 - die am Abend auftretenden Minamata verkauften das alte Tape.
Schon das Äußere weiß zu überzeugen: Als Kassettenhülle dient ein gepolsterter Umschlag, in dem sich einige Glassplitter finden, ebenso wie bedruckte Propagandazettelchen, deren Inhalt sich mir Französisch-Analphabeten leider nicht erschließt. Aber das ist Industrial Culture wie sie sein sollte. Einerseits reichlich ambivalent, minimalistisch und doch mit starken Bildern.
Diesen Vorgaben folgt auch der Inhalt - das Tape enthält insgesamt fünf Stücke, die wie bereits an anderer Stelle erwähnt - fast schon ins Hörspielhafte gehen. Den Anfang von "Au Creux Monde" bildet ein von einem Kind gesungenes Lied, das den Rezipienten sofort gefangen nimmt. Statt auf Effekthascherei setzen "Cent Ans De Solitude" auf psychoaktive Sounds, die den Hörer ins Geschehen unmerklich hineinziehen. Wirklich beschreiben lässt sich das Ganze nicht, man muss es schon erleben. Wer Horrorfilm-Soundtracks mag, ist auf jeden Fall im Vorteil.
Heutige "Industrialbands" sollten sich diese mit einfachsten Mitteln hergestellten intensiven Klangcollagen aus zahllosen Samples, einfachen Keyboardsounds und Fieldrecordings zur Vorlage wählen, um einmal zu überprüfen, wie viel weiter sie eigentlich mit all ihrer Technik gekommen sind.
Inhaltlich ist schon erstaunlich, wie zeitgemäß das Ganze ist - eines der auffälligsten Samples lautet "Terroriste"…


Titel:
A1 Au Creux Du Monde
A2 Le Miroir Des Visages
A3 Eclat De Verre...Eclat De Vie
A4 Regrets De France
B1 Mi-Mort

 


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