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Jonathan Franzen - Die Korrekturen
(Rowohlt)
Enid und Alfred sind seit über
50 Jahren miteinander verheiratet. Die Kinder Gary, Chip und Denise sind längst
aus dem Haus, gehen ihre eigenen Wege. Enid, all die Jahre treusorgende Hausfrau
und Mutter hätte endlich Gelegenheit, ihr eigenes Leben zu führen. All die
Dinge zu tun, auf die sie bisher verzichtet hat. Doch ihren Mann Alfred hat
im Ruhestand eine seltsame Starre befallen. Tagtäglich sitzt er stundenlang
in seinem Sessel, schläft und starrt vor sich hin. Seit einiger Zeit leidet
er an Parkinson und die Krankheit ergreift langsam Besitz von ihm. Enid ist
hilflos, versteht nicht, warum sich ihr Mann völlig aufgibt: Ihre Kinder sind
ihr in dieser Situation keine Hilfe.
Gary, Abteilungsleiter in einer Bank, sollte eigentlich glücklich sein.
Er hat einen gutbezahlten Job, drei wunderbare Kinder und eine attraktive
Frau, die er auch nach 20 Jahren Ehe noch liebt und begehrt. Trotzdem
nagt ein Gefühl der Unzufriedenheit an ihm, die ersten Anzeichen einer
klinischen Depression machen sich bemerkbar. Seine Frau instrumentalisiert
den Zustand ihres Mannes, um jeglichen Kontakt zur ungeliebten Schwiegermutter
zu vermeiden. Chip ist ein beliebter und aufstrebender Unimitarbeiter.
Er steht am Anfang einer Laufbahn zum Literaturprofessor, die er jedoch
für eine flüchtige Liebelei zu einer Studentin opfert. Arbeitslos geworden,
verrennt er sich bei dem Projekt, ein Drehbuch zu schreiben. Aufgrund
seiner katastrophalen finanziellen Lage lässt er sich vom Noch-Ehemann
seiner Ex-Freundin überreden, sich an einem großangelegten Internetbetrug
in Litauen zu beteiligen. Denise, die Jüngste, ist beruflich als Meisterköchin
sehr erfolgreich. Privat läuft bei ihr jedoch nichts rund. Ihre erste
Ehe zu einem wesentlich älteren Mann scheitert, sie stürzt sich in unzählige
Affären - meist mit verheirateten Partnern beiderlei Geschlechts.
Jonathan Franzen zeichnet sein "Portrait Of An American Family" facettenreich
und spannend. Die einzelnen Figuren kommen dabei nicht wirklich gut weg. Kaum
hat sich der Leser in die durch Innenansichten der Protagonisten definierte
Welt eingedacht und Verständnis für sie entwickelt, zerstört Franzen jede
Sympathie. Gary zeigt sich als berechnender Kontrollfanatiker, Chip als willenloses
und schwaches Individuum, Denise ist krankhaft ehrgeizig, mit dem Drang, verpasstes
Leben in rauschhafter Übersteigerung nachzuholen. Enid ist eine ewig unzufriedene
Nörglerin und Alfred offenbart sich als kalt und selbst für seine Familie
unnahbar. Von welcher Seite man es auch betrachtet - wirklich glücklich ist
keiner. Alle Lebensmodelle sind mehr oder weniger gescheitert, die traditionellen
ebenso wie die modernen. Auch der Ausbruch aus starren Rollenklischees hat
nichts verbessert. Der Beziehungsunfähigkeit der einen steht die sinnlose
Kraftverschwendung im ehelichen Kleinkrieg gegenüber, wie sie die anderen
praktizieren.
Ein letztes Mal - Alfred hat nicht mehr lange zu leben - soll das familiäre
Weihnachtsfest im Schein des harmonischen Beisammenseins gefeiert werden.
Ein letztes Mal treffen sich alle fünf und nur diese fünf: Enid, Alfred, Gary,
Chip und Denise. Danach wird nichts mehr wie früher sein. Alfred stirbt und
Enid ist sich sicher, dass sie mit 75 Jahren noch eine Chance hat, ihr Leben
zu ändern, es zu korrigieren. Nach 780 Seiten Grauschleier zeigt sich ein
erster Hoffnungsschimmer.
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