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Philip Steele - City
Of Light * Die letzten
Tage von Jim Morrison (Heyne, 2007)
Im Juli 1971 starb Jim Morrison,
legendärer Sänger der Doors in Paris. Sein Tod bedeutete nicht
nur das Ende einer Rockband, sondern gilt Vielen gleichzeitig als das
Ende der jugendlichen Protestkultur der Flower Power-Bewegung. Innerhalb
nur eines Jahres waren die großen drei J gegangen: Jim, Janis (Joplin)
und Jimi (Hendrix) und mit ihnen ein Stück des Enthusiasmus der Hippies,
das unbedingte Bedürfnis, etwas verändern zu wollen. Insbesondere
Jim Morrison stand mit seiner Musik und seinen Texten symbolisch für
einen Aufbruch, eine echte Veränderung des Landes der unbegrenzten
Möglichkeiten. Doors-Songs wurden zu Hymnen der Studenten- und Bürgerrechtsbewegung
und standen für viele Einzelne auch für ihre ganz persönliche
Befreiung aus engen bürgerlich-konservativen Verhältnissen.
Doch die Hippie-Zeit war nicht nur blumig-positiv, sie hatte auch eine
dunkle Seite. Neben eher wenig gefährlichen Substanzen wie Haschisch
frönten die Blumenjünger auch allerlei heftigen und gefährlichen
Drogen. Davon weiß auch "City Of Lights", ein fiktiver
Roman über das Ende Jim Morrisons, zu berichten. Schreiber Philip
Steel hat Morrison nur einmal kurz getroffen, viele intime Einblicke in
das Leben des Stars im Exil hat er anhand einiger weniger Fakten konstruiert,
alles unter dem Motto: So könnte es gewesen sein. Wer dies nicht
vergisst und nicht alles für bare Münze nimmt, was hier auf
über 450 Seiten ausgebreitet wird, der kann sich ein einigermaßen
zulässiges Bild von den letzten Monaten des Sängers machen,
von seinem vergeblichen Versuch, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
The Doors haben in nur vier Jahren sechs Alben aufgenommen und sind quasi
am Stück getourt. Sex, Drugs an Rock'n'Roll bestimmten vor allem
Jim Morrisons Alltag. Später kam der Ärger mit den Behörden
hinzu; absoluter Tiefpunkt war hier die Verhaftung Morrisons bei einem
Konzert in Miami. Angeblich hatte der Sänger dem Publikum sein bestes
Stück gezeigt. Der Stern der Band begann zu sinken, die Doors wurden
nicht mehr zu Festivals eingeladen, man fürchtete die Eskapaden des
exzentrischen Künstlers, die öffentliche Meinung richtete sich
gegen ihn. Und nicht nur das: Morrison litt an der Welt - es war die Zeit
des Vietnamkrieges - und er sah, dass er nicht wirklich etwas verändern
konnte.
Kein Wunder, dass der gerade einmal 27-Jährige ausgebrannt ist, als
er seiner Freundin Coursen ins Exil nach Paris folgt. Hier in der Stadt
der Lichter lebten seine großen Vorbilder Artaud, Rimbaud oder Baudelaire.
Morrison wünscht sich nichts so sehr, wie in ihre Fußstapfen
zu treten und ein großer Dichter zu werden. Auch versucht er, die
Beziehung mit Pamela zu kitten, doch von Anfang an läuft alles schief.
Die Dame seines Herzens hat sich an einen französischen Grafen und
den Pariser Jet Set gehängt. Als wäre dies nicht schlimm genug,
ist sie dem Heroin verfallen, das ihr der Graf gern besorgt, um sie zu
seiner willenlosen Marionette zu machen. Und Jim? Seine Stimme ist kaputt,
ein Zurück in das Leben als Rockstar gibt es nicht mehr. Er ertrinkt
in Selbstzweifeln, Depressionen und Alkohol. Er sieht seine Liebe in die
Brüche gehen und ihm, dem früher die Songtexte nur so aus der
Feder flossen, gelingt kaum noch eine gute Zeile. Am Ende schnieft er
Heroin, das er für Kokain hält, um elendiglich daran zu krepieren.
Wie gesagt, ob sich wirklich
alles so zugetragen hat, wird wohl niemals geklärt werden können.
Philipp Steel zeichnet jedoch ein recht plausibles und vor allem ziemlich
desillusionierendes Bild über einen Menschen, der sich zielstrebig
zugrunde richtet. Er erzählt von einer oberflächlichen Gesellschaft,
die ihn sich selbst überlässt und die seine "Marotten"
toleriert, solange er das nötige Bargeld aufbringt, den Stoff und
die im Suff angerichteten Schäden zu bezahlen. Er erzählt von
einer ehemals aufsässigen Subkultur, die im Sumpf der Drogen untergeht.
Liest man das "City Of Lights", so fragt man sich, warum niemand
Mr. Morrison in eine Entziehungskur gesteckt hat. Unklar bleibt auch,
warum der Sänger selbst geradezu besessen, davon war, dass ihm keine
Zeit bleibt und er bald sterben müsse. Nun zeichneten sich seine
lyrischen Ergüsse stets durch eine Obsession für den Tod aus,
und auch Pamela sagt ihm mehr als einmal Bezug nehmend auf seinen exzessiven
Alkoholkonsum, dass es sein Ziel ist, sich umzubringen. Trotzdem ist unverständlich,
warum alle Protagonisten dies als gegeben hinnehmen oder den Verfall des
Mannes nicht bemerken (wollen). Vielleicht wäre Morrison besser in
seiner Heimat geblieben, wo er noch echte Freunde hatte, nicht nur solche,
die in ihm maximal einen Star sahen, von dessen Ruhm man partizipieren
kann
Natürlich ist es müßig,
über solche Dinge nachzudenken. Jim Morrison ist fast vierzig Jahre
tot und das "Philosophieren" macht ihn nicht wieder lebendig.
Verstehen wir das Ganze also als eine Parabel darauf, dass Jeder das Recht
hat, sich selbst zu zerstören und dass diese Kräfte irgendwann
niemand mehr aufhalten kann. Am Ende steht eine Wahrheit felsenfest: "No-one
here get's out alive".
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