V.A. - Stählerne Lichter (CD, Licht und Stahl)

Seit einiger Zeit setzt N.Strahl.N-Macher Mario Löhr bei der Veröffentlichung seiner Werke vor allem auf sein eigenes Label "Licht und Stahl". Mit dem vorliegenden, bereits im Dezember 2009 erschienen Sampler öffnete sich das kleine Label auch für andere Künstler, wenn auch im Rückblick zu sagen ist, dass nur ein kleiner Teil der hier vertretenen Tonschaffenden mit den später veröffentlichten identisch ist.

Die Eröffnung ist den Engländern von DIETER MÜH (ein seltsamer Name für einen Künstler von der Insel) mit einem fast schon esoterisch anmutenden Drone-Stück, das mit allerhand Geräuschen wie von seltsamen Maschinen, brabbelnden Sprachsamples und ambienten Gitarrensounds garniert ist.
FLUTWACHT huldigen hingegen einmal mehr der Maschinenästhetik mit einem dezenten Hintergrunddrone wie von einem Mahlwerk und ebenso zurückhaltenden Metallschlagwerk. Auch hier entsteht eine sehr meditative Stimmung.
N.STRAHL.N kommen ihrerseits eher rituell daher, was vor allem dem entsprechenden Rhythmus über dunklen Atmosphärensounds und sparsam eingesetzten kratzigen Noises zu verdanken ist. Allzu viel passiert nicht, so dass auch bei diesem Stück tranceartige Zustände erzeugt werden.
GALERIE SCHALLSCHUTZ erfreuen mit einem intelligenten Hörstück, dessen zentrales Element die englisch vorgetragene Story über die "Electro Convulsive Therapy" ist, also die Behandlung psychisch Kranker mittels Elektroschocks. Die musikalische Seite ist entsprechend verstörend - sirenenartige und mahlende Drones, sowie hohes Zirpen. Ein wenig stehen Sample und Musik jedoch nebeneinander, eine stärkere Verknüpfung hätte mir besser gefallen.
ATROX präsentieren sich mit einem eher ungewöhnlichen Stück, das sich grob als Noise Ambient einzuordnen ist, wobei anfangs letzteres Element überwiegt, das Stück gegen Ende zu immer krachiger wird. Immer wieder sind seltsame Laute zu hören, die an verzerrte Schreie erinnern. Ein Spieluhrengebimmel verstärkt am Ende die sehr finstere Atmosphäre.
Die französischen MINAMATA lassen musikalisch aufgepeitschte Massen aufmarschieren - martialisch ist hier wohl der passende Ausdruck. Dabei wird das Ganze so sehr durch den Wolf gedreht, dass keine Allmachtsgefühle aufkommen können. Vielmehr wähnt man sich akustisch in einem Bombenangriff. Sehr chaotisch das Ganze und wenig "heroisch".
Ebenfalls aus Frankreich stammen LE SYNDIKAT. Mit seinem Stück erinnert das Projekt Dank Rhythmus- und Sampleeinsatz ein wenig an Skinny Puppy ohne jedoch deren "poppige" Seite zu bedienen. Ein etwas sperriger Track mit interessanter Thematik.
VACIO PERFECTO starten noisig-chaotisch, um dann einen maschinellen Rhythmus zu pflegen, wenn auch eher hintergründig. Atmosphärisch sehr ansprechendes und kraftvolles Stück.
KRAFTKAMMER holen das große Metall raus und lassen es ordentlich scherbeln. Das "Musikalische" bleibt ein wenig auf der Strecke - eine Struktur ist so gut wie nicht zu erkennen. Da das Stück aber mit etwas über zwei Minuten recht kurz ist, funktioniert es gut als Interludium oder als "break", wie man heutzutage so schön sagt.
Eigentlich hätten LEICHE RUSTIKAL danach mit einem wesentlich ruhigeren Beitrag weitermachen müssen, stattdessen geht es rhythmisch derb zur Sache. Keine Angst jedoch vor technoiden Ausflügen, hier stampft eine andere Maschine, es splittert das Glas und es kreischt das Metall. Nichts also für ein gepflegtes Körpergeschüttel, sondern eher Sounds, die ein Haus erschüttern können. Nein, schön ist das nicht.
Es folgen WACH, die bekanntermaßen eine Art Horror Ambient zelebrieren. Das vorleigende Stück ist nicht ganz so reduziert, wie sonst üblich: es ist mit einem sparsamen Rhythmus unterlegt und mit Chören versetzt, später wird gar auf Eisen geschlagen.
Fast ist mir der Übergang zu FIEBERFLUG entgangen, denn auch hier bietet man Ambient im eigentlichen Sinne des Wortes - als Umgebungsklang. Windgeräusche, ein Rasseln, wie von einer seltsamen mechanischen Vorrichtung und dazu träge metallische Drones.
Wieder deutlich in Richtung (synthetischer) Musik geht es mit ERDLICHT. Wirklich beeindruckend ist das Stück "Lichtbote" mit seinen Drei-Ton-Folgen und dem simplen Rhythmus nicht, nur die Military Drums lockern das eher langweilige Klangbild ein wenig auf.
Musikalisch völlig aus der Reihe fallen STURMKIND, das aber jedoch mit einem sehr schönen, melancholisch-eindringlichen und psychedelischen Folkstück. Zwar kann man Helden wie In Gowan Ring nicht ganz das Wasser reichen, verstecken müssen sich die Franken aber auf keinen Fall.
Zum Abschluss darf der Chef noch einmal selbst mit seinem Projekt N.STRAHL.N ran; "Inwendig" ist erneut ein mystisch-meditatives Stück, das genauso gut von einer religiösen Zeremonie stammen könnte.

Fazit: Alles in Allem ein Labelsampler, der die Aufgabe einer jeden solchen Zusammenstellung vorbildlich erfüllt und dem interessierten Hörer einen Überblick über die Klangwelt des Labels gibt, inklusive der Kontaktmöglichkeiten im Booklet. Dass dabei neben einigen Perlen auch durchschnittliches Liedgut enthalten ist, verwundert nicht.


01. Dieter Müh - Let Him To Sleep
02. Flutwacht - Stahlfieber
03. N.Strahl.N - Blutleuchte
04. Galerie Schallschutz - Electro Convulsive Therapy
05. Atrox - Shunning The Light
06. Minamata - Soviet Time / Putin Time
07. Le Syndicat - Legal Slavery
08. Vacio Perfecto - Torsion Mecanica
09. Kraftkammer - Autoclave
10. Leiche Rustikal - Es
11. Wach - Licht:Maschine
12. Fieberflug - Schleppend
13. Erdlicht - Lichtbote
14. Sturmkind - Im Fall
15. N.Strahl.N - Inwendig

 

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