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Crisis
Reactor 4 (CD, Sydrome Records)
Die Crisis, die auf diesem
Album zu hören sind, haben nichts zu tun mit der Post-Punk-Legende,
aus der später einmal Death In June hervorging. Wer genau hinter
dem Projekt steckt, ist nicht zu ermitteln, klar ist hingegen, dass das
Thema tatsächlich eine Krise behandelt den Reaktorunfall von
Tschernobyl.
Musikalisch wird dieser Supergau mit einer Art Dark Ambient illustriert,
die allerdings mit allerhand Verzerrungen arbeitet, mit recht mulmig eingesetzten
Samples, Aufnahmen von der Katastrophe selbst, und bei der oftmals harsche
elektronische Sounds das Trommelfell des Hörers malträtieren
und dem Ganzen eine körperliche Komponente verpassen.
Ein Genuss ist es nicht, Reactor 4 anzuhören,
Sounds wie das sirenenartige Kreischen sind eher unangenehm, aber wie
sollte es auch sein, da es hier doch um den größten Reaktorunfall
der Geschichte geht? Mit süßen Schlager- oder esoterischen
Synthesizermelodien kann man das nicht adäquat in Szene setzen. Das
Crisis-Werk erzeugt beim Hörer ein Gefühl der Beklemmung, evoziert
Bilder verbrannter Landschaften, lässt an Menschen denken, die eine
gefährliche Technik nicht mehr beherrschen können, mit all den
bekannten Folgen. Ein wenig aus der Reihe fällt das Stück Prypiat,
das eine romantische Melodie hat, die allerdings eher fernöstlich
klingt. Seltsam, denn Reactor 4 erschien zwei Jahre vor Fukushima!
Das abschließende Caesium-137 kombiniert die schrägen
und ambienten Sounds mit einem leicht hektischen Rhythmus, so dass Crisis
kurz vor Schluss noch einmal ein bisschen Gas geben. Die dann einsetzende
Stille lässt Raum zum Nachdenken über das Thema. Musikalisch
wäre eine andere Reihung vielleicht besser gewesen, um Längen
in der Mitte des Albums zu vermeiden. Insgesamt aber ein interessante
CD, die vielleicht auch als Anlass dient, sich wieder mit Atomkraft und
ihren Gefahren zu beschäftigen.
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