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V.A. - Deszczowy
listopadowy dzien we Wroclwiu
[A Rainy November Day In Wroclaw] (CD,
Ars Benevola Mater)
Der vorliegende Sampler erschien
anlässlich des Wroclawer Industrial-Festivals im November vergangenen
Jahres. Leider konnte ich da nicht anwesend sein, obwohl es von Dresden
in die schlesische Hauptstadt nur ein Katzensprung ist. Doch glückte es
mir, die CD zum Festival bei Ebay zu ersteigern. Ganz das Erwartete findet
sich dann nicht auf diesem Tonträger, schöne Musik beinhaltet er trotzdem.
Den Anfang machen KRATONG,
ein russisches Projekt mit einer Art sakralem Ambient, der im Laufe des
Stücks in gitarrenbewehrten Neofolk übergeht, der sich durch eine wunderschönen
Flötenmelodie auszeichnet. Ganz nett eigentlich, mit Querverbindungen
zu Current 93, nur die Stimme des Deklamierenden wirkt ein wenig seltsam.
Die einmal eingeschlagene Richtung setzt Matt Howden mit SIEBEN fort.
Die namensgebende Hommage an Wroclaw ist einwirklich gelungenes Stück
voller Melancholie und Kraft.
Das MAGIC CARPATHIAN PROJECT, ein polnische Band, bietet wiederum fast
schon Ambientes. Das Ganze erinnert mich in seiner Vielschichtigkeit,
dem Einsatz des Gesanges und der geradezu mystischen Versponnenheit an
die Amerikaner von Trance To The Sun. Sehrt gewöhnungsbedürftig aber interessant.
Synthetische Trompeten kündigen den Auftritt des ersten Headliners an,
DEUTSCH NEPAL lässt den Hammer von Wroclaw klopfen. Das Tempo ist eher
gemäßigt, wirklich viel geschieht an dem langen Arbeitstag nicht. Dafür
geht der Rhythmus wenn auch nicht ins Blut, so doch ins Gehirn, die wie
vom Winde verwehten Stimmen schleifen den letzten Widerstand.
Ein wenig seltsam klingt der Beitrag von INSTITUTION D.O.L., was aber
sicher auch daran liegt, dass ich mit der Band stets das Bild eines Ich-wär-so-gerne-William
Bennet-Akteurs vom Steinklang-Festival verbinde. Über einem eher zurückhaltenden,
fast schon melodischen Klangteppich krächzt der Splatterfan seine Weisen,
bis ein penetranter Rhythmus-Loop einsetzt und es ordentlich kreischende
Windgeräusche auf die Ohren gibt. Zum Ende fällt der Regen und alles ist
wieder still.
Die Litauer GIRNU GIESMES liefern ein ambientes "Suspense*"-Stück ab,
dass mich mit seinen verzerrten Stimmen nach einiger Zeit an Schloss Tegals
"Procession Of The Dead" erinnert, um nach einem kurzen Ausflug in die
20er wieder zum Ausgangspunkt zurück zu kehren.
Die tschechischen AGHIATRIAS gehören auf dieser Seite ja quasi zum Inventar
und müssen daher nicht vorgestellt werden. Ihr Beitrag präsentiert sich
wieder von der schönsten Breitwand-Qualität - Kinomusik für monumentale
Schlachten oder Weltraumreisen. Insgesamt ist "Synchrasia" aber sehr verhalten,
umsonst wartet man auf den so typischen Ausbruch und die Fluten, die alles
mitreisen.
Ganz anders dagegen JOB KARMA. Das polnische Ausnahmeprojekt treibt mit
hämmernden, rituellen Rhythmus den Hörer aus seiner Starre, die anfangs
spärlichen, später zunehmenden synthetischen Zugaben schaffen eine Stimmung
von seltsamer Beklemmung. Der krächzende Rabe verstärkt das Bild von einer
trostlosen Landschaft nach einem Gemetzel.
Das Zoviet France Nachfolge-Projekt RAPOON ist mit einem sehr chilligen
Stück vertreten. Im breiten Oeuvre Robin Storeys sind die schwebenden
Keyboard-Sphären nicht gerade ein Glanzlicht, aber für Fans des Engländers
sicher trotzdem ein Grund, die Scheibe zu kaufen.
Den Abschluss der CD bestreitet wieder Matt Howden mit einem Stück seines
Projektes HAWTHORN, welches er gemeinsam mit seinem "Arbeitgeber" Tony
Wakeford von Sol Invictus geschrieben hat. Ein stumpfer Bass tropft vor
sich hin, die Violine schluchzt, der zweistimmige Satzgesang berührt das
Herz zutiefst. So kann Neofolk also auch klingen, doch richtig Freude
kommt nicht auf, denn das Lied ist leider viel zu kurz.
Zusammenfassend lässt sich
sagen, dass die CD zwar de facto keinen Industrial enthält, dafür aber
die häufig umsonst bemühte Schnittmenge zwischen diesem Genre und dem
Neofolk gut repräsentiert. Anzumerken bleibt noch die sehr angenehme,
wenn auch etwas ungewöhnliche Gestaltung der CD-Verpackung in einer Pappe
mit zusätzlichen "Postkarten". Sehr schick designt das Ganze und dem Thema
entsprechend im schlichten Novembergrau gehalten.
Titel:
1. Kratong - Blood Ruby Radiant (Lullaby For Lucifer) 2. Sieben - Wroclaw
in the rain 3. Magic Carpathian Project - Nothing Out Of Ordinary 4. Deutsch
Nepal - The Hammer Of Wroclaw 5. Institution D.O.L. - Hellisch Hours In
Rain 6. Girnu Giesmes - November Mind Out 7. Aghiatrias - Synchrasia 8.
Job Karma - Black Hole in Olbin District 9. Rapoon - Iron Dawn 10. Hawthorn
- Happy Dreams
* Der Ausdruck bezieht sich
auf Alfred Hitchcocks Methode zur Spannungserzeugung, soll also nichts
weiter bedeuten, als dass hier eine düstere Spannung aufgebaut wird.
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