V.A. - World End Broadcasting (CD, Apocalyptic Radio)

Der Name des Labels, welches uns diesen Sampler präsentiert, ist Programm: Apocalyptic Radio. Die 14 Stücke auf der CD beackern alle mehr oder weniger intensiv das Feld der extremen Klangkunst.
Eher weniger krachig sind die Opener von MORAL FRAKTAL, die einen leicht poppigen 80ies-lastigen Sound bieten, der wie Karl Runau auf schlechtem Speed klingt. Schlecht nur deswegen, weil allerhand Störungen und Kratzer in die Platte geraten sind, die nach meiner bescheidenen Meinung das Hörerlebnis noch intensiver machen. Die zwei Titel wecken sie Sucht nach mehr, die sich nur ungenügend mit dem Album des Projektes befriedigen lässt.
2nd SATELITE LEFT dagegen klingen wie ein fauchender Noise-Drache, der "Frequenz 101" betitelte Track beginnt mit einem Sprachsample und endet in einem Weißen-Rauschen-Inferno. Wenn die Künstler mit der "101" auf Orwells 1984 anspielen, dann ist ihnen eine adäquate Umsetzung gelungen, obwohl mir Klänge wie die hier dargebotenen keine Angst einjagen, sondern mich vielmehr in einen Rausch, sozusagen den Weißen Rausch (ohne Drogen) versetzen. Melodien gibt es hier nicht (so ein Pech) und mit Strukturen ist es auch nicht weit her. Dafür geht es das Störspektrum hinauf und hinab, dass es eine wahre Freude ist. Nach über sechs Minuten ist man dann auch irgendwie froh, dass diese Tortur ein Ende hat.
Der Beitrag von CROSSBRED ist, im Gegensatz zur Noiseorgie auf der Split-CD mit Flutwacht regelrecht gehörfreundlich. Unter zahlreichen Layern von Samples, Krachkaskaden und Atmosphärischen Entladungen liegt eine sanft dahintreibende, sehr melancholische Melodie, die eine angenehme Sogwirkung entfaltet. Klavierakkorde und quasi natürlich Drums sorgen trotz aller Störungen für angenehme Bodenhaftung.
MONOKONTRAST starten ihr Stück mit dem Auslaufgeräusch einer Platten, wenn die Nadel immer wieder zurück in die Rille springt. Aus dieser allen Vinylfreaks vertrauten Tonfolge, entwickeln sie eine zurückhaltenden Rhythmus der stets das Vakuum der "Was kommt denn als nächstes"-Frage offen hält, die jedoch konsequent nicht beantwortet wird.
Die nachfolgenden drei Titel von GELSOMNIA sind für mich - bei aller Freude an Krachmusik eine einzige Tortur, was wahrscheinlich hauptsächlich daran liegt, dass die Klangschaffenden sich ausgerechnet für die Verwendung der absolut nervigsten Frequenzen entscheiden mussten. Besonders der Titel "The Green Dome" ist einfach nur schmerzhaft zu nennen. Sorry Jungs, wenn ich mich bestrafen will, mach ich das anders.
FLUTWACHT sind dagegen wieder fast harmonisch. Besonders ihr erstes Stück "Sterilisation II" mit dem fast hypnotischen Rhythmus gefällt mir sehr gut. "Broken Wire" ist dagegen wieder recht chaotisch, dehnt bis auf einen dezent in Hintergrund schwebenden Zwei-Ton-Loop einzelne Klangfragmente zugunsten der Abwechslung nicht über Gebühr aus. Sehr sympathisch ist hier der sicherlich gewollte Grundrauschpegel der Aufnahme.
Das Projekt SYNDROME scheint das vorhergehende Stück nahtlos fortzuführen, ohne jedoch auf beschriebenes Grundrauschen zurückzugreifen. Allgemein scheinen die Apocalypticer einen Hang zu eher abstrakten Schöpfungen zu haben, denn auch hier wird aus zahlreichen Elementen wenig Eingängiges produziert. Trotzdem bleibt die Faszination der Anziehungskraft, die die Stücke entwickeln. Sehr schön wird das auch an SYNDROMs zweitem Titel "Feminine Disfigurement" deutlich, der den Hörer mit einer schrägen elektronischen Melodie und einem monotonen Rhythmus einfängt.
Den Abschluss der CD bilden zwei Stücke von MONUMENT WESTWALL. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es hier eine Spur pathetischer zu als bisher. Der Sound ist um einiges ausladender, es marschiert (in diesem Falle Europa) und trommelt, was das Zeug hält. Leider scheint etwas mit der Abmischung nicht zu stimmen, denn es haben sich einige störende hohe Töne eingeschlichen, die bestimmt nicht beabsichtigt waren. Das verdrießt den doch recht kurzweiligen Hörgenuss dann doch ein wenig, aber was soll's? Die Herren vom Westwall erfüllen auf jeden Fall die gängigen Standards des elektronischen Military Folk und werden sicher ihre Kundschaft finden. Persönlich bin ich nicht so begeistert von ihnen.

Ein paar Worte noch zur CD: Sie erscheint im ansprechenden A5-Booklet und ist auf dreihundert Exemplare limitiert, handnumeriert das Ganze selbstverständlich! Der Preis von 9,90 Euro geht mehr als in Ordnung. Zugreifen ist also Pflicht. Einen Kritikpunkt hätte ich abschließend dann doch noch: Einige Tracks enden einfach viel zu abrupt. Das hätte man sicher auch besser lösen können durch Ausblenden oder einen kompositorischen Kunstgriff.


Titel:
1. Moral Fraktal - Fade 2. Moral Fraktal - Social Surgery 3. 2nd Satellite Left - Frequenz 101 4. Crossbred - The Moon On The Mirror 5. Monokontrast - Requiem Rotation 6. Gelsomina - The Green Dome 7. Gelsomina - The Whole Earth As The Village 8. Gelsomina - A Matter Of Conscience 9. Flutwacht - Sterilization Ii 10. Flutwacht - Broken Wire 11. Sindrome - Collapsed Harmonies 12. Sindrome - Feminine Disfigurement (Deviate Edit) 13. Monument Westwall - Europe Is Marching Again 14. Monument Westwall - Nightfall Burning


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