Genetic Transmission - Concrete Bruit Box

Eigentlich bin ich ja kein Freund des Verpackungswahns im Industrial-Genre, denn häufig genug soll mit all den Spezialboxen und Sondereditionen ein mageres Klangschaffen verdeckt werden. Die "Concrete Bruit"-Box des Polen Tomasz Twardawa aka GENETIC TRANSMISSION hatte es mir jedoch sofort angetan und ich griff zu, auch ohne die Musik vorher gehört zu haben. (Das stimmt eigentlich nicht ganz, denn ich hatte schon einmal bei einem Prag Industrial Festival die Gelegenheit, ihn live zu erleben, wobei allerdings nicht viel hängengeblieben ist, denn diese Feste verlaufen stets sehr alkoholisch.) Das selbstgefertigte Stück Beton in einer 30er Auflage mit aufgestempeltem GT-Logo gehört zu den aufwändigeren und einfallsreicheren Verpackungen des Genres. Die Ausführung der inneren CD-Umhüllung ist ebenfalls solide ausgeführt. In einer aufklappbaren Papphülle sind die jeweils noch einmal in bedrucktem Papier eingeschlagenen und mit Transparentpapier beschrifteten CDs eingeschoben. Die Motive stammen alle aus dem Großfabrik-Umfeld.
Soviel also zum Äußeren des Klangträgers. Das Innere setzt sich aus zwei CDs zusammen die jeweils Material aus dem Jahre 1996 enthalten, welches 2003 remastert wurde. CD1 bringt sieben Stücke zu Gehör, die wie für ihr Entstehungsjahr nicht anders zu erwarten eher simpel gehalten sind; zudem stammt der "Rohstoff" vom zweiten GT-Release, also aus der Anfangsphase des Projektes. Am besten lässt sich das zu Hörende als eine Art experimenteller Noise-Ambient bezeichnen, teilweise erinnert das Ganze mit seinem meditativen Charakter an das Frühwerk von Allerseelen. Einzig "Drills" fällt mit seinem chaotischen Elektronenegezirpe hier ein wenig aus der Reihe. Der "durchschnittliche" Industrial-Hörer wird vielleicht ein wenig das Strukturierte vermissen, die z.T. sehr hohen Frequenzen in manchen Stücken (O.Wsianka) können für den Unvorbereiteten zur Belastung werden, ebenso wie das chaotische Fabrik Noise in "Esion Kibaf". Überhaupt scheinen bei GT oftmals echte Produktionsmaschinen als Quellen für die Klangschöpfungen zum Einsatz gekommen zu sein bzw. das, was man als Field Recordings bezeichnet. CD geht dann noch einen Schritt weiter, der Sound ist wesentlich freier. Dabei erinnern die Aufnahmen weniger an Ambient, Industrial oder einen konkreten Soundtrack für einen Film sondern vielmehr an die Herangehensweise beim Free Jazz. Als einzige Referenz fiele mir hier Nurse With Wound ein. Trotz dieser zum Teil sehr chaotischen Schöpfungen gelingt es Twardawa dabei immer den "Fluß" zu wahren. Leichte Kost ist sein Werk trotzdem nicht.

Solide verarbeitet - Concrete Bruit-Box

Titel CD1:
1. Voices Loop 2. Pleasure In Pain 3. 2 3 7 Redrum 4. O.Wsianka 5. Esion Kirbaf 6. Untitled 7. Metal Loop 8. Drills 9. Terminal Emission

CD2
1. Bruit Structure (P.F.T.) 1 2. Bruit Structure (P.F.T.) 2 3. Bruit Structure (P.F.T.) 3 4. Bruit Structure (P.F.T.) 4 5. T-23 (For Hoops Of ‚Polmuz' Percussion & Wire)


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