IHSV +++ Alien Symbiosis


DBPIT & XXENA – ISHV (MC, Industrial Culture)

”IHSV” nennt sich dieses zweite mir vorliegende gemeinsame Werk des bekannten postindustriellen Trompeters aka Flavio Rivabella und Xxena, bürgerlich Arianna Degni. “IHSV” steht dabei für “In Hoc Signo Vinces”, zu deutsch “In diesem Zeichen wirst du siegen“. Der Legende nach soll dem römischen Kaiser Konstantin vor der Schlacht bei der Milvischen Brücke im Jahr 312 Christus im Traum erschienen sein, der ihm nahelegte, das Kreuz mit besagter Aufschrift gegen seine Feinde einzusetzen. Konstantin tat, wie ihm geheißen und besiegte seinen Rivalen Maxentius. Dieses Ereignis gilt gemeinhin als der Beginn des Siegeszuges des Christentums in Europa. Ein halbes Jahrhundert später war das Christentum bereits Staatsreligion im oströmischen Reich...
Der vorliegende Tonträger thematisiert – wie schon am schicken Cover mit einem Panzer im Zeichen des Kreuzes erkennbar – die Macht der Religion und ihr politischer Nutzen für die Herrschenden. Folter, Zensur, Biblischer Unsinn und heilige Kriege sind die Aspekte die DBPIT & XXENA hier eingehender beleuchten. Sie tun dies mit einer angenehmen, industriellen Melange aus Drone-Atmosphären, hypnotische repetitive Sounds, Stimm- und Gesangssamples sowie Field Recordings. „Ordeal Of Fire“ klingt anfangs nach einer langsam laufenden Maschine, um dann in NON'schen Noise-Drones überzugehen, die von sakralen Gesängen überlagert werden. Später taucht das Stampfen der Maschine wieder auf, das einen hypnotischen Beat erzeugt.
„Index Liborum Prohibition“ ((„Verzeichnis der verbotenen Bücher“) zeigt sich eher von der ambienten Seite im Stile von Maeror Tri, dann setzt allerdings Xxenas verhallte, unheimlich wirkende Stimme ein, die hier wohl die Rolle des Zensierenden übernimmt. Mit zunehmender Spielzeit wirkt dieses Stück wie die archaischen Gesänge barbarischer Stämme, der noisige Background erhöht die eindringliche Wirkung des Ganzen.
„The Word Of Our God Stands Forever“. Mit dem die B-Seite der Kassette beginnt, ist wieder ein ambientes Stück, doch stehen hier die Samples im Vordergrund. Eine weibliche und eine männliche Stimme erzählen allerhand über Gott und Glauben, im Hintergrund sind verlangsamte Trompeten und unverständliches Stimmgewirr zu hören. Ein sehr eindringliches Stück, das ebenfalls eine bedrohliche Atmosphäre aufbaut, so wie dies all die Religionsfanatiker tun, die ihre „Heiligen Schriften“, die meist schon tausende Jahre existieren, wortwörtlich im Hier und Jetzt anwenden wollen. Ein dunkler, rhythmisch eingesetzter Backward-Drone intensiviert diese Bedrohlichkeit. Das titelgebende „IHSV“ beginnt mit einem – allerdings wahrscheinlich nicht der christlichen Tradition entstammenden Gesang und verzerrten Trompeten, bevor ein finsterer Bassdrone alles niederwalzt. Dann hören wir es marschieren und im Wechsel die Samples „Gott mit uns“ und „In God we trust“, beides Leitsprüche, mit denen Soldaten im festen Glauben, das Richtige zu tun, in den Krieg zogen. Das Ende kommt mit dem Klang der Maschinengewehre. Dazu passt das auf dem Cover in englischer Fassung abgedruckte Voltaire-Zitat: „Our religion is without a doubt the most ridiculous, the most absurd, and the most blood-thirsty ever to infectthe world.“ Vielleicht gibt es ja noch schlimmere aber in den Top Ten ist das Christentum mit Sicherheit.

Über „IHSV“ lässt sich konstatieren: Genau so sollte guter Industrial sein; Eine klare Aussage verpackt in ungewöhnliche Klänge!

 

Website von DBPIT & XXENA

 

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d.b.p.i.t. / XxeNa - Alien Symbiosis (CD-R, lim. 100, Deserted Factory)

Der bekannte postindustrielle Trompeter ist zwar sicher nicht ganz so bekannt, wie er das als Musiker gern wäre aber die Freunde einschlägiger elektroakustischer Klangreisen können mit dem Namen etwas anfangen, ebenso wie mit der Abkürzung d.b.p.i.t. Hinter dem Projektnamen steckt der Italiener Flavio Rivabella, seines Zeichens auch Mitstreiter bei Mushroom Patience. Seit 2002 hat der post-industrielle Trompeter - glaubt man seiner Website - 16 Solo-Veröffentlichungen zu verantworten, die vorliegende CD-R ist die siebzehnte. Hinzu kommen Compilations- und andere Beiträge. Es ist also durchaus angebracht, von Rivabella als einem sehr umtriebigen Musiker zu sprechen.
Für "Alien Symbiosis" hat sich der Musiker die Malerin, Video- und Grafikdesignerin XxeNa ins Boot geholt, die sich laut beiliegender Information erstmals an der Kunst der Klanggestaltung versucht. Doch auch für Rivabella war die Entstehung dieses Tonträgers eine Herausforderung: Da er einige Zeit abseits der Heimat verbrachte, musste der Klangtüftler mit einem alten Laptop vorlieb nehmen, als Basissounds fungierten die Geräusche aus der unmittelbaren Umgebung, die aufgenommen und bearbeitet wurden: Küchengeräte, Perlen im Glas, die Toilettenspülung, Spielzeuge und so weiter und so fort.
Herausgekommen ist bei diesem Experiment eine sehr schräge Kollage, die kaum irgendwelchen Regeln oder Klischees folgt. Die meiste Zeit lässt sich der Sound als Ambient klassifizieren, ohne irgendwelche Attribute wie "dark" oder "techno". Umgebungsgeräusche, die zu einem immer fließenden, mehr oder weniger harmonischen Strom an Klängen verwebt werden und über denen gelegentlich eine simple Melodie liegt. Im letzten Stück "Multiple Chemical Sensivity" geht es dann noch mal etwas heftiger zu, hier muss die Kategorie "Noise" zur Beschreibung bemüht werden. Allen Tracks gemeinsam ist, dass es kaum möglich ist, ein klares Ziel auszumachen - "Alien Symbiosis" ist keine "Gebrauchsmusik". Weder eignet sich die CD zum Tanzen, noch zum entspannten "Chillen". Wie eingangs erwähnt, handelt es sich eher um eine Klangreise mit ständig wechselnder Umgebung, ein experimentelles Stück Musik, das den einen Hörer langweilt, den anderen nervt und dem Dritten als Inspiration dient, Bilder an seinem inneren Auge vorbeiziehen zu lassen. "Alien Symbiosis" ist recht sperrig und das ist auch gut so. Schließlich gibt es schon mehr als genug gefällige und berechenbare Klangelaborate.

Titel:
1. Alien Symbiosis
2. Out Of Body Experience
3. Qu'nos Gham Va Wa'jontà Bah
4. Multiple Chemical Sensivity

 

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