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V.A. - Apocalyptic
Streams (CD, Apocalyptic
Radio)
Es gibt keinen Grund der entschlafenen
nervösen Krankenschwester nachzutrauern. Oder anders ausgedrückt
- es macht nichts, dass das Sublabel Nervouse Nurse eingestellt wurde.
Man kann auch ganz gut unter dem Namen Apocalyptic Radio hochwertigen
Krach auf eine Scheibe pressen. So geschehen auf dem Label-Sampler "Apocalyptic
Stream". Hier versammelt sich Alles, was über den Weltuntergangssender
on air geht, von Atrox bis Wach, von Antracot bis Vronthor. Erstmals bei
Apocalyptic Radio dabei sind die Amis Steel Hook Prosthesis, die bisher
auf solch illustren Labels wie Malignant Records, Slaughter Productions
oder L.White Records veröffentlicht haben.
Los geht es mit bereits erwähnten Steel Hook Prosthesis. Ihre Aufforderung,
den Tod zu wählen - der ich natürlich nicht nachkommen werde
- kommt anfangs etwas zurückhaltend daher. Eine schwer verständliche
Aussage (irgendwas mit Krieg) wird mit brodelnden Noise-Loops unterlegt,
dazu gibt es eine verzerrte, "aufgeblasene" Stimme zu hören.
Das erinnert ein wenig an böse Metalbands oder an die Bösewichte
in Horrorfilmen.
MX Nihil legen da eine ordentliche Schippe drauf, werfen den Soundpanzer
an und preschen voll drauf los. Gefangene werden keine gemacht, Rhythmen
nur angedeutet, das Klangspektrum voll ausgeschöpft.
N.Strahl.Ns Beitrag weiß mich diesmal nicht so recht zu überzeugen,
denn er wirkt etwas konfus. Klanglich assoziiert man auch hier wieder
eine Maschinenhalle, in der allerhand Gerätschaften unabhängig
voneinander vor sich hin arbeiten. Das Gesamtszenario ist einigermaßen
chaotisch und ohne inneren Zusammenhang.
Nachdem die ersten drei Titel durchgelaufen sind und man sich schon ein
wenig auf Gehörschaden eingestellt hat, nehmen Noiseconcrete das
Gewaltige etwas heraus. Statt massiver Walls Of Sound bauen sie ein sehr
abstraktes Gebilde zusammen, dass sich nur schwer einordnen lässt.
Das Ganze klingt nach einem Soundtrack für einen düsteren, dadaistischen
Film.
Dann folgt Brechen - ein neues Projekt von Flutwacht-Macher Daniel Simon
mit einem wesentlich strukturierteren Beitrag. "Narbe" besteht
aus beständig an Lautstärke, Tonhöhe und Geschwindigkeit
zunehmenden Noise-Drones, die klingen wie das Herannahen einer Panzerarmee.
Dabei ergibt sich sogar ein subtiler Rhythmus. E.H.E. zeigen sich dann
noch ein Stück heftiger mit irren Klangexplosionen und einer Vielzahl
an Breaks und Richtungswechseln. Reichlich gestört
Mit Tod durch Arbeit wird es dann erstaunlicherweise recht ruhig. Die
Österreicher zeigen sich ungewohnt von ihrer ambienten Seite, ebenso
wie die nachfolgenden Praying For Oblivion. Zwei stimmungsvolle Stücke,
das erstere mit flächigen, kraftvollen Sounds, krächzenden Geräuschen
und Herzschlagrhythmen, das zweite kratzig, sehr reduziert, roh und etwas
spooky.
Ziemlich ungewöhnlich klingen auch Atrox, beginnt doch ihr Stück
mit einer synthetisch verzerrten Stimme, die klingt wie aus einem SF-Film.
Sehr lange hält die Verwirrung jedoch nicht an, denn es setzt ein
tieffrequenter, kratzender Loop ein, zu dem sich mit laufender Spielzeit
weitere Schichten gesellen. Am Auffälligsten ist dabei eine sehr
zurückhaltende, melancholische Synthiemelodie, die das Ganze in die
Atmosphäre eines - hier würde ich einfach mal Bezug auf den
Titel des Stückes nehmen - kosmisch-kalte Atmosphäre taucht.
Es folgen Wach und die sind gewohnt düster, wenn auch nicht ganz
so statisch wie sonst. Der Sound ist soweit zurückgedreht, dass er
fast nur noch wie ein Störgeräusch wirkt. Wüsste man nicht,
dass die CD läuft, könnte man auch vermuten, man hört von
nebenan die Waschmaschine und eine ganz entfernte Musik durchs Fenster.
Gegen Ende werden die Geräusche immer lauter und man fühlt sich
in zunehmenden Maße bedroht.
Moral Fraktal sind mir vor allem durch ihre abgefahrenen, 80er-inspirierten
synthetischen Kompositionen in Erinnerung geblieben, doch auch dieses
Projekt zeigt sich hier von einer anderen Seite. Es rauscht gewaltig,
ein Herzschlagrhythmus, Kratzen, Scherbeln, unverständliche Stimmen
und ziemlich weit im Hintergrund einige wenige Keyboardakkorde. Mit der
Leichtigkeit und Verspieltheit der mir von Moral Fraktal bisher bekannten
Stücke hat das wenig zu tun. Recht harter, psychoaktiver Stoff.
Wer jetzt nicht schnell die Anlage leiser dreht, der hat bestimmt bald
die Polizei vor der Tür stehen, denn Antracots Inferno beginnt passend
mit einem wilden Schrei des Protagonisten. Diese schmerzgetränkte
Lautäußerung geht in eine stählerne Krachwand über,
die dann mit Winkelschleifern abgetragen wird. Gelegentlich scheint dabei
eine elektrische Leitung im Wege oder ein Mitstreiter zu sein, was die
Arbeitenden zu neuerlichen Schreiattacken animiert. Ganz schön infernalisch!
"Verdrängen wir die wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft",
fordern dann Vronthor von uns und peitschen mit einem stählernen
Werkzeug diese Forderung ein. Die Basis des Tracks bilden gurgelnde Noiseloops
und ein langsamer, immer wieder stockender Rhythmus. Tanzen lässt
es sich also nicht zur Verformung der Gesellschaft, maximal mit dem Kopf
nicken.
Ebenfalls mit einem Sample beginnen "Kadaver" - nur versteh
ich nicht allzu viel. Irgendwas eher Sexuelles, oder? Dann pfeift es metallisch
schrill und trommelt wenig vorwärts drängend auf großen
Eisenfässern. Es klingt wie eine Maschinenhalle kurz vor der Überlastungsexplosion.
Fazit: Ein abwechslungsreicher
Labelsampler, der auch durch sein verrücktes, knallbuntes Cover positiv
auffällt.
Titel:
1. Steel Hook Prostheses - Choosing Death
2. MX Nihil - Antisexassault
3. N.Strahl.N - Antidot
4. Noiseconcrete - Harakiri
5. Brechen - Narbe
6. Errare Humanum Est - Naked Religious Truth
7. Tod Durch Arbeit - Happy Workers
8. Praying For Oblivion - Umspanner II
9. Atrox - Shadow On Phobos
10. Wach - Experiment Heimat
11. Moral Fraktal - Mantra
12. Antracot - Inferno
13. Vronthor - Deformity Society
14. Kadaver - The Pale Face Of Horror
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