Kopfdelay +++ Deinstallation


The Ancient Gallery - Kopfdelay (CD, Noiseworks)

Acht Jahre dauerte es von der Gründung der Band bis zur Veröffentlichung des ersten offiziellen Albums. Nur wenig länger als ein Jahr haben The Ancient Gallery gebraucht, um ihr Zweitwerk "kopfdelay" vorzulegen. Wie bereits auf "dEINSTALLATIOn" pflegt das Dresdner Quartett darauf seinen originären Stil, der am ehesten noch als "moderne Rockmusik" zu bezeichnen ist. Elektronische Rhythmen verbinden sich mit harten Gitarren und aggressiven Sprechgesang. Von Nu Metal ist das so weit entfernt wie Eppendorf von Los Angeles, auch Vergleiche zur 100-prozentig durchkonstruierten Klangwelt von NIN-Mastermind Trend Raznor oder zum Haudrauf-Rock von Rammstein greifen nicht. The Ancient Gallery sitzen zwischen allen Stühlen und Stilen. Die blubbernden Drumsamples sind der elektronischen Tanzmusik entlehnt, variieren von ambient, midtempo-technoid bis hin zu triphoppig. Das Ganze wird mit elektrisch-subtilem Klangbeiwerk aus der Schmiede des Ancient Gallery-Alter Egos scatology.de garniert. Die deutlich nach vorn gemischten Gitarren knallen volle Kanne aufs Trommelfell und animieren zum Schütteln des noch vorhandenen Haupthaares. Damit dieses nicht auch noch den Weg alles Irdischen geht, sorgen eingestreute Tempowechsel für genug Zeit zum Durchatmen. Robin Weinhold, seines Zeichens Sänger der Formation, schreit sich dazu seine intelligent-verspielten Texte aus dem Leib, wispert entrückt oder rezitiert seine Botschaft. Auch wenn man beim ersten Durchhören nicht alles versteht, so zeigt ein kurzer Blick ins Booklet, dass sich die Beschäftigung mit The Ancient Gallery über die Musik hinaus lohnt.
Frühere Veröffentlichungen von The Ancient Gallery litten meist daran, dass die Band nicht in der Lage war, die Spannung, die sie bei Live-Auftritten erzeugt, über die Länge einer CD zu halten. Davon kann bei "kopfdelay" jedoch keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Die Platte gewinnt mit jedem Durchhören. Stücke wie "25 Torr" (mit Gastsängerin Antje Dieckmann von Mortalia), das dadaistische "November Euka" oder "jemand geht" durchbrechen gewollt den stilistischen Rahmen und erschweren die einfache Konsumierbarkeit - The Ancient Gallery sind wesentlich unberechenbarer geworden. In Zeiten des ewigen Wiederkäuens eines der besten Komplimente für eine Band. Hoffentlich kapieren das irgendwann auch mal die Plattenfirmen. Einige bekanntere Musikerkollegen scheinen jedenfalls das Potential der Galleristen erkannt zu haben. So ließen sich Lars "Rudi" Rudell, Gitarrist der "Blind Passengers", B.Broiler, Sänger der Inchtabokatables und tec_dc, seines Zeichens Produzent von Tanzwut, zur Mitarbeit an "kopfdelay" überreden.

Titel:
1. Alles 2. Destinations 3. Teil des Ganzen 4. Ohne Wissen 5. Druck (25 Torr) 6. Ultima Ratio (kopfdelay) 7. Jemand geht 8. November Euka 9. Nirgendwann 10. Va Banque 11. Nichts


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The Ancient Gallery - dEINSTALLATIOn (CD, Noiseworks)

Wahrscheinlich haben sie schon selber nicht mehr so recht daran geglaubt: Nach über acht Jahren erscheint das erste Album von The Ancient Gallery. Die Band aus Eppendorf in Sachsen hat sich in dieser Zeit nicht nur weiterentwickelt sondern nachgerade einen Quantensprung vollzogen. Anfangs als Doors-Coverband ("He took a face from the ancient gallery ...") unterwegs, haben die Mannen um die Gebrüder Weinhold ihren eigenen Stil gefunden: Moderne Rockmusik, die elektronische Rhythmen kombiniert mit zum Teil brachialen Gitarren. Das Ganze wird untermalt von flächigen Keyboardmelodien und sparsam eingesetzten Samples.
Vergleiche lassen sich nur schwer finden und das ist Fluch und Segen für die Band gleichermaßen. Bisher hat sich noch kein Labels gefunden, das The Ancient Gallery unter Vertrag nimmt, passen doch die elf Songs, die sich auf "deinstallation" finden, ebenso wie ihre Macher in keine Schublade. "Nachwelt", das auf einer Textadaption Hermann Hesses beruht, kommt mit leicht schleppenden Beat und männlich-weiblichen Wechselgesang verträumt und entrückt daher, "Ich leer" und "laughing" rocken, dass es kaum jemanden auf dem Stuhl hält. Doch The Ancient Gallery machen nicht nur Musik für's Tanzbein.
Für die starke Resonanz beim sonst eher wenig experimentierfreudigen schwarzen Publikum in Dresden und Umgebung dürften wesentlich die intelligenten Texte von Sänger Robin Weinhold verantwortlich sein. Fernab aller Klischees zeichnet Weinhold seine Befindlichkeit voller Aggressionen, Wut, Trauer, Schmerz; sucht seine unverwechselbare Identität. Mal flüstert, mal schreit er, immer im routinierten Zusammenspiel mit seiner Band, wovon man sich besonders gut bei Liveauftritten überzeugen kann.
The Ancient Gallery haben den Weggang ihres Schlagzeugers nicht nur gut verkraftet, sondern den notwendigen Einsatz eines Drumcomputers als Chance genutzt. Im neuen Klangbild finden sich Einflüsse aus verschiedensten Stilrichtungen zeitgemäßer Tanzmusik: Die Band hat diese Elemente integriert, ohne die Grundstruktur ihrer Songs über den Haufen zu werfen. Würden Radiosender öfter Musik von The Ancient Gallery spielen, könnte es sich glatt lohnen, mal wieder das zum Dudelkasten verkommene Gerät einzuschalten.

Titel:
1. durch 2. sleep 3. feuer 4. laughing 5. ziel weiter 6. new dawn fades (Joy Division-Coverversion) 7. nachwelt 8. nurda 9. sleep 10. vielleicht 11. dreh dich


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