V.A. - Pangaea Noise (CD, Syrphe)

Wie schon im ersten Teil dieser Samplerreihe "Beyond Ignorance and Borders" (die bisher leider nicht fortgesetzt wurde) geht es darum, Freunden experimenteller Klänge Musiker und Projekte vorzustellen aus Ländern, die man hierzulande mit diesem Genre eher nicht verbindet. Der Untertitel des "Pangaea Noise" ist diesmal aber etwas offener gehalten, er heißt einfach "an international compilation".

Selbige wird eröffnet von Nyctalllz aus dem Iran, die uns einen mystisch-spacigen Ambient mit viel Echo und einigen Backwardssounds präsentieren, ein sehr intensives Hörelebnis. Die slowenischen Aluviana bewegen sich in eine ähnliche Richtung, kommen aber deutlich abstrakter daher. Die kalten Sounds sind zudem mit allerhand Kratzern versehen. Heart Burnt To Ashes aus Tunesien setzen auf einen noisigen Ambient, verziert mit einer gehörigen Portion schmerzhafter Sounds und gequälten Stimmen. Zum Glück ist das Stück sehr kurz.
Cornucopia aus Puerto Rico legen noch eine Schippe drauf; über eine hintergründige Atmosphäre decken sie wirre Noisesamples, ein stampfender Rhythmus bestimmt mit zunehmender Laufzeit das Klangbild. Der Track der Luxemburgischen Switchonoff besteht anfangs aus sehr zurückhaltenden, leicht gurgelnden Drones, die dann jedoch über die Noise-Schleifscheibe gezogen werden. Aus Singapure kommen Mindfuckingboy und deren Track beginnt mit wenig manipulierten Fieldrecordings. Dann setzt unerwartet ein hirnerweichendes Elektronikkreischen ein, das die Musiker mit der Zeit zwar etwas mäßigen, jedoch nicht in harmonische Klänge überführen.
Li Jianhong aus China wartet dann mit richtig feinem, komplett gestörten Free Noise mit reichlich Geplärre auf - das Ganze klingt irgendwie sehr japanisch. Mit Aneka Digital Safari kann der Hörer dann erst einmal wieder ein bisschen Luft holen, denn das Stück beginnt mit dem Sample einer Kinderstimme. Dann geht's aber sofort richtig zur Sache, dass die Ohren bluten. Sehr abstrakt, mit ständigen Richtungswechsel, mal mit Rhythmus, mal mit blankem Gefietsche strapazieren die Indonesier gekonnt das Trommelfell ihrer Kundschaft. Sehr geiles Stück! Richtig schön wirr und verrückt mögen es auch Osci-Vibra-Tor aus China. Ein Basis-Klappern, darüber Soundexplosionen, Schleifgeräusche, Geschepper - keine Gnade fürs Gehirn!
Einfach nur "10" heißt das Projekt aus Süd Korea und Japan, das uns hier mit rhythmisch ambientem Sound eine Verschnaufpause gönnt. Wobei nur ernsthaft Noisegeschädigte das Stück mit seinen leicht knattrigen Klängen und abgefahrenen Weltraumgeräusche wie aus SciFi-Serien als entspannend empfinden könenn. Wenn dann später noch ein heuliger Gesang, hinzu kommt, sorgt das nicht gerade für Freude. Das kurze Stück von Dave Phillips fällt mir seiner wirren Sprachspielerei komplett aus der Reihe. Der Schweiz kommt vollständig ohne Instrumente und "Musik" aus. Die Algerier Nihil Humanum präsentieren dann einen Noise-Ambient der ruhigen Art, der vor allem aus verschiedenen Schleifgeräuschen besteht. So ganz ohne Störgeräusche - in diesem Falle hochfrequentes Brutzeln und Transformatorbrummen - wollen sich die Musiker aber auch nicht zufrieden geben.
Ganz still beginnen Szkieve aus Kanada. Zu den Dschungelgeräuschen gesellt sich ein sanfter Drone, der zunehmend an Intensität zulegt und immer maschineller wird. Sehr schönes Stück.
Die lettischen Error beteiligen sich mit einem recht schrägen, irgendwie mystischen Stück, mit vollständig synthetischen Sounds, das auf jeden Fall das Siegel "experimentell" verdient.
Der dem Namen nach polnische Zbigniew Karkowski, der sich selbst "everywhere/nowhere" verortet, bringt einen maschinelle Rhythmus mit übermodulierten Höhen und mit einigen "hohlen" Sounds garniert, zu Gehör, was eher wenig Abwechslung schafft.
Und bei Gokkun aus Bulgarien scherbelt's einfach nur so dahin, fast ohne große Höhen und Tiefen.
Crno Klank haben eine Krachmonster im Breitwandformat geschaffen aus Brummschleifen, Metallgescherbel und Gefietsche, das vor allem Dank eines schlagartigen Endes erschreckt. Die französischen Planet Aldol und C-drík (Der Belgier steckt der auch hinter dem vorhergehenden Projekt.) lassen es zusammen viel ruhiger angehen: Sie verbinden ein Klangschalendrone mit seltsamen Field Recordings und Samples. Schwer zu sagen, was denn da eigentlich im Hintergrund passiert. Die Krähen verkünden auf jeden Fall Unheil.
Grosz Ear aus Malta setzen auf knarzige elektronische Beats; dazu gibt's periodisch wiederkehrende Beilagen aus der Synthieküche. Ist so ein bisschen Click & Cut-Ästehtik aber aus meiner Sicht nicht so spannend. Der letzte Titel kommt von den ecuadorianischen Industria Masoquista, die ein sehr ruhiges, fast schon klassisch angehauchtes Stück zum Besten geben.

Fazit: Wie auch schon "Beyond Ignorance and Borders" ist "Pangaea Noise" ein sehr vielseitiger und interessanter Sampler, der den Freunden des Genres Augen und Ohren öffnet. Dass nicht alle Beiträge gleich gut sind, ist kaum verwunderlich; wirklich Schlechtes gibt es nicht zu hören. Auf jeden Fall erhoffe ich eine Fortsetzung der Reihe / der Reise um die Welt.


Titel:
1. Nyctalllz - Esion 1
2. Aluviana - Vodna Bitja
3. Heart Burnt To Ashes - All Shall Perish All Shall Die All Shall Finish
4. Cornucopia - High
5. Switchonoff - Intravertical (Short Version)
6. Mindfuckingboy - Destruction Of The Entire Planet
7. Li Jianhong - Brassiere
8. Aneka Digital Safari - Immature Anal Pleasure (2nd Version)
9. Osci-Vibra-Tor - A Song For Monks
10. 10 - Hauruharu
11. Dave Phillips - Drinking Song From The Tomb
12. Nihil Humanum - M Punis
13. Szkieve - Maras Atravesando El Usumacinta
14. Error - Death Of Industrial Civilisation
15. Zbigniew Karkowski - Brownian Motor
16. Gokkun - Non Compos Mentis
17. Crno Klank - Chéngyì (Excerpt)
18. Planet Aldol & C-drík - Mautrix
19. Grosz Ear - Le Poumon
20. Industria Masoquista - El Zumbido Del Pajaro Azul (Excerpt)

 

 

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