Sensuum Mendacia +++ Language Of Flames And Sound +++Emotional Engramm

Maeror Tri

Das deutsche Trio Maeror Tri gehörte zu den bekanntesten und erfolgreichsten Vertretern des Drone-Ambient. Unter diesem Namen aktiv waren Stefan Knappe und Martin Gitschel, die später als Troum weitermachten, und Helge Siehl (jetzt Tausendschoen) wischen 1988 und 1996. In dieser Zeit entstanden über 20 Maeror Tri-Alben, viele davon erschienen im Original auf Tapes. Nach dem Split der Gruppe folgten einige posthume Veröffenlichungen sowie eine große Zahl an Wiederveröffentlichungen.
Die Besonderheit an Maeror Tri bestand darin, dass die Musiker ausschließlich elektronische Gitarren verwendeten, die mit zahllosen Effekten verarbeitet wurden und die einzelnen Schichten dann überlagert werden. Dabei entsteht ein fließender, oftmals sehr druckvoller Sound mit zum Teil noisigen Passagen.



Sensuum Mendacia (CDR, L. White Records)

Das 2005 wiederveröffentlichte Album aus dem Jahre 1991 enthält sechs recht unterschiedliche Titel. „Antrum“ ist eine stimmungsvolle Drone-Nummer, die Bilder eines nächtlichen, meist ruhig dahinfließenden Stromes evoziert, der an manchen Stellen aber durch Strudel einen wilderen Charakter bekommt. „Soma“ startet erst einmal mit scharfen Soundspitzen, um dann ebenfalls in einen breiten Dronefluss zu münden. Hier ist die Stimmung insgesamt schon etwas heller, die Backwards-Sounds sorgen für eine mystische Komponente, als wenn jemand die Zeit zurückdrehte. Während bei den ersten beiden Stücken die Sounds soweit verfremdet sind, dass sie auch aus dem Keyboard stammen könnten, sind bei „Choir Of Transcedence“ die Gitarren als Quelle gut erkennbar, gegen Ende ergibt sich eine regelrechte „Wall of Sound“, die durch leichtes Knistern perforiert wird. „Mental Electricity“ hört sich an wie in einer Höhle über dem Meer aufgenommen, verhallte Wassergeräusche und ein seltsames metallische Schleifen sorgen für eine etwas beklemmende Atmosphäre. „Aegritudo“ geht noch ein Stück weiter als der Vorgänger-Track und verzichtet völlig auf die Verfremdung der Gitarre, die in steter Wiederholung einige wenige Akkorde spielt. Dazu gesellen sich düstere Soundflächen, die räumlich durch Gehör und Gehirn driften und gelegentliche, weit entfernte Gewitterentladungen. Der letzte Titel des Albums, „Animorum Post Mortem Ab Aliis Ad Alios Transitio“ bewegt sich sehr zurückhaltend auf ähnlichen Pfaden: Zu den driftenden, düsteren Soundflächen gesellen sich rückwärts laufende Hihat-Klänge und synthetisch klingende Echos. Das Stück selbst bleibt dabei sehr in der Schwebe. So wird der Konsument am Schluss der CD von der plötzlich eintretenden Stille ein wenig überrascht.

 

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Language Of Flames And Sound
(CD, Old Europa Cafe)

Bei der vorliegenden CD handelt es sich um die 2008 erschienene Wiederveröffentlichung eines Albums, das bereits im Jahre 1996 erschien. Offensichtlich bestand noch genügend Nachfrage, „Language Of Flames And Sound“ mit Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1992 und 1996 erneut aufzulegen. Schon das außergewöhnliche Äußere – eine Papphülle in Gehirnform, dürfte bei den Sammlern für Verzückung gesorgt haben. Inhaltlich plädieren Maeror Tri für die Benutzung der rechten Hirnhälfte, die in der heutigen Zeit vernachlässigt würde. Die Überbetonung der linken Hemisphäre, kurz gesagt des logischen und zergliedernd-analytischen Denkens bei Vernachlässigung der „ganzheitlichen“ Weltbetrachtung und Empathie, solle durch die Musik ausgeglichen werden. Ob dies nun tatsächlich in der Praxis funktioniert, weiß ich trotz zahlreicher Selbstversuche nicht zu sagen. Doch überdenkenswert ist die Theorie allemal.

Musikalisch beginnt das Werk mit „Viurunge“ entrückt schwebend, bevor ein massiver, druckvoller Sound verzerrter Gitarren einsetzt, der mit der Zeit immer „breiter“ und krachiger wird. Nach etwas über zwölf Minuten endet das Stück abrupt. Das zehnminütige „Diving In The Moment“ nimmt verhallte Gitarrenklänge zum Ausgangspunkt, um diese mit extrem verzerrte E-Gitarren-Drones zu überlagern. Durch aufsteigende Tonfolgen wird eine fast unerträgliche Spannung erzeugt, die dann am Schluss durch ein dezentes Ausklingen aufgelöst wird. Hier hört man deutlich, dass neben den Saiteninstrumenten auch menschliche Stimmen zum Einsatz kommen.
„Entrance Of Reality“ beginnt erneut verhalten, bevor unverständliche Stimmen eine etwas unheimliche Atmosphäre erzeugen. Hier scheint ein wirre Klänge erzeugendes Akkordeon wichtigster Tongeber zu sein, zumindest bis zum erneuten Einsetzen, diesmal sehr sparsamer Gitarrendrones. Insgesamt ist das Stück jedoch eher statisch, ohne rechte Entwicklung.
Von „Onus“ lässt sich das Gegenteil behaupten, beginnt der Titel doch mit stampfenden Noises und verzerrten Gitarrenklängen, die ein wenig an „Viurunge“ erinnern. Der Gesamteindruck gestaltet sich jedoch Dank zahlloser überlagerter Layer ein ganzes Stück chaotischer.
Nach den beiden eher kurzen Stücken folgt das mehr als halbstündige „Origo“, das mit einer Art Meeresrauschen eröffnet, das aber bald in Maschinengeräusche aus einer Werkhalle transformiert wird. Dann wird es wieder atmosphärisch etwas heller, fast klingt es nach Flötentönen, die Maeror Tri hier dem Hörer beibringen, unterlegt selbstverständlich mit Welten strukturierten Krachs. Gelegentlich gewinnen die auch die Oberhand, wie metallisch brüllende Tiere in einem Kampf. Im Mittelteil geht die Intensität etwas zurück, Trommeln und verzerrte Trompeten sind zu hören. Gegen Ende wird das Ganze wieder etwas krachiger. Insgesamt finde ich die meisten Sound der Platte, etwas zu roh, soll heißen über Gebühr verzerrt. Etwas weniger wäre aus meiner Sicht mehr gewesen, entsteht doch so ein seltsames Gefühl der „Leere“ beim Hören. So laut man die Musik auch dreht, so kommt sie einem doch irgendwie unvollständig vor, wahrscheinlich durch die Auslöschung bestimmter Frequenzen. Aber vielleicht ist genau das der Trick, der für die gleichmäßige Anregung beider Hirnhälften sorgt.

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An older English version I found on my computer:
Maeror Tri - Language Of Flames And Sound (CD, Old Europa Café)

First of all I love the artwork of this release. The CD comes in a cartoon folded brain – easy made but a great idea. So it’s more about the intellectual than the material input... And you can see, that the artists invested some brain on the inside of the cover – there is a text about the left and the right hemisphere of our brains and “Maeror Tri supports the theory that it’s necessary to stimulate and chalenge the right hemisphere...”
Though I’m not able to measure any changes in my mind after listening to this CD, I can say it’s very impressing. Maeror Tri are well known for their mostly static Drone ambient, but this work is a bit more dynamic. There are not only Drone layers – noisy and clear – there also is an extensive use of E-guitar riffs, sometimes harsh and distorted, as well as chanting vocals. The whole is very dark and intense, sometime a little bit scaring. To feel the whole impact you should listen “Langue Of Flames And Sound” as loud as you can bear it...
The five titles are all rather long, from 6 to 33 minutes. You won’t find any “hits” on the CD but it’s a very fine trip, if your willing to let loose...

This CD was originally release in 1996 by OEC and rereleased by the same label in 2008. If you ask me, it this work still has some relevance, I would say yes. Though the band itself doesn’t even exist any more for more than ten years. Both musicians went on as Troum...

 

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Emotional Engramm (CD, Zahorum)

Auch diese CD ist ein Re-Release, einer der posthumen Veröffentlichungen Maeror Tris aus dem Jahre 1997, diesmal remastered und mit neuen Artwork aufgelegt vom polnischen Label Zahorum. „Emotional Engramm“ gilt als das letzte offizielle Werk des Trios. Die „emotionalen Inschriften“ umfassen sieben Titel bzw. „Figuren“, sechs davon benannt mit griechischen und lateinischen Begriffen, die metaphorisch bestimmte Zustände beschreiben (schwebend, in den Wellen rauschend...). Über 76 Minuten geht der Hörer auf Reisen durch eine „Landschaft visionärer Gedanken“. „Prima Figura: Landscape Of Visionary Thoughts“, zugleich mit 16 Minuten der längste Track der CD beginnt verhalten mit atmosphärischen Geräuschen. Nach einiger Zeit setzen Akkordeonsounds ein, die allerdings keiner Melodie folgen, sondern leicht chaotisch dahinschweben, um dann wieder in Nichts zu verschwinden. Später tauchen die Klänge erneut in verzerrter Form auf. Bis es soweit ist, kommen erst einmal andere Klangelemente zum Einsatz. Ein Schleifen hier, ein angestrichenes Cello da, ein übersteuerter Bass dort sowie gelegentliche Einwürfe von Vocoderstimmen: Das Stück bleibt über weite Strecken recht statisch, der Hörer erwartet geradezu, dass jeden Moment etwas passieren muss. Doch es passiert nicht wirklich etwas, sieht man einmal von einem metallischen Kreischen ab. Der Track ist mehr „Klangumfeld“ als Musik im eigentlichen Sinne. Über „Secunda Figura: Sublimis“ lässt sich das nicht mehr sagen: Mehrere überlagerte Drone-Schichten, ein vorwärtstreibender Gitarren-Loop, „schreiend“ verzerrte Klänge, die sich zum Teil in heftige Höhen aufschwingen, sowie zahlreiche Nebengeräusche machen das Stück interessant. Bei „Tertia Figura: Nebulos“ dominieren anfangs die Pfeifftöne, die hier auf ein „Bandrauschen“, Gitarrendrones und Wassergeräusche treffen. Später kommt Vogelgezwitscher, Regentropfenplätschern etc. hinzu. Auf „Quarta Figura: Vadum“ sind anfangs Glocken-Drones zu hören, die mit rückläufigen Sounds kombiniert und durch schneidend-metallische Klänge zerrissen werden. Eine sehr dumpfe, in den Hintergrund gemischte Bassmelodie sowie an exotische Vögel erinnernde Triller tragen den Track dann über weite Strecken, das vielleicht „musikalischste“ Stück der CD.
Mit „Quinta Figura: Chymos“ bewegen sich Maeror Tri wieder in Richtung reiner Ambient Musik: martialische Rotor-Drones, entfernte Echos gewaltiger Maschinenhallen und verspulte Akkordeonklänge schaffen eine unheimliche Atmosphäre, die schon ins Bedrohliche kippt. Die Länge des Stücks und die zunehmende Massivität des Sounds tuen ein Übriges dazu. Bei „Sexta Figura: Undisonus“ wird ordentlich Wasser geschöpft, so zumindest klingt das, was über dem Basis-Drone zu vernehmen ist. Später bleibt nur noch das Fundament übrig, das leicht verhallt vor sich dahin dröhnt. Ähnlich geht es mit dem abschließenden „Septima Figura: Sphaira“ weiter, wenn auch ein, zwei Lagen tiefer und einen Tick symphonischer. Hier ist auch wieder das Bandrauschen zu hören. Das Ende kommt dann etwas plötzlich und unmotiviert.

 

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