Blood Axis- Born Again (CD, Tesco)

Die Enttäuschung beim ersten Durchhören war gewaltig. Der erste Teil von "Born Again", der neuen Platte von Blood Axis, wirkte auf mich einfach so schwach, dass ich mich schon fast ärgerte, das Geld für diese CD ausgegeben zu haben. Zwar war ich nicht völlig überrascht, dass sich die Amis auf ihrer bei genauer Betrachtung zweiten regulären Album-Veröffentlichung, in Richtung folkloristischer Klänge bewegten. Das hatte sich schon lange abgezeichnet - eine "Neuauflage" des unübertroffenen Debüts "Gospel Of Inhumanity" war kaum zu erwarten. Auch deuteten die ersten Bilder von der CD - Bandchef Michael Moynihan in Albrecht Dürers Selbstbildnis-Pose - daraufhin, dass Blood Axis das "mittelalterliche" Liedgut für sich entdeckt haben. Dudelsäcke und Trommeln sollte man bei dieser Beschreibung nicht erwarten, vielmehr sehr elegische, handgemachte Musik mit Geigen, Gitarren und minimalem Klaviereinsatz. Die Elektronik ist fast vollkommen verschwunden, kommt, wenn überhaupt mal zur Geräuscherzeugung zum Einsatz.
Was mich anfangs so schockierte, war die komplett blutleer wirkende Atmosphäre, die "Born Again" erzeugt - oder sollte man lieber "hinterlässt" schreiben. Moynihan, früher immer ein Garant für unterschwellige Aggressivität und ausladenden Pathos wirkt lustlos und schlapp wie ein stundenlang ausgekochtes Kohlblatt. Beim zweiten Durchhören fällt die Kritik nicht mehr ganz so heftig aus, doch um ganz ehrlich zu sein: Wirklich empfehlen kann ich die CD nur denen, die Blood Axis nicht von früher kennen. Alte Fans werden das Album als eine Art Selbstdemontage empfinden. Moynihan & Co. haben endgültig den Weg des Neofolk eingeschlagen, der auch die alten Helden durch so manches Tal der Peinlichkeit führt und das Epische bis zur Schmerzgrenze ausreizt. Dass es Blood Axis doch noch draufhaben, zeigen vor allem die Stücke im zweiten Teil der CD: "Hard Iron Age" und "Churning And Churning" sind ein erster Lichtblick, das achtminütige "The Vortex" eine echte dunkle Hymne, die mit ihrem Mollakkorden ein wenig an Current 93 erinnert und wenigstens einmal das aufblitzen lässt, was Blood Axis so einzigartig machte. Und statt wie viele Neofolkjünger sich mit schmalem Stimmchen durch die Stücke zu zittern, spricht Moynihan hier so kraftvoll wie eh und je. Ja, so muss das sein! Einen letzten Höhepunkt bildet "The Path", ein schönes psychedelisches Stück mit dem ätherischen Gesang Annabelle Lees, der hervorragend mit der dunklen Stimme Michael Moynihans kontrastiert.

Selbstverständlich sind die Texte Moynihans - so viel versteht man, zumindest, wenn er englisch singt - noch immer zivilisationskritisch und misanthropisch. Eine eingehende Beschäftigung tut sicher Not, wenn man das denn will. Die "Lyrics" sind alle im Booklet abgedruckt, eine weise Entscheidung, denn so kann man auch ein wenig Altdeutsch (oder was das bei "The Dream" ist) lernen. Überhaupt ist diese Gründlichkeit und die schöne Gestaltung einer der Pluspunkte der CD. Persönlich wünschte ich mir nur, die Band hätte etwas mehr Kraft in die Musik investiert. So ist "Born Again" eher ein durchwachsenes Vergnügen…

Titel:
1. Invocatio
2. Song Of The Comrade
3. Mâdhu
4. Wulf And Eadwacer
5. The Dream
6. Hard Iron Age
7. Churning And Churning
8. The Vortex
9. Erwachen In Der Nacht
10. The Path
11. Born Again
12. Exvocatio

 

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