V.A. - Tanz der Nacht (uliketodance_01)

"Tanz der Nacht" heißt eine Veranstaltungsreihe, die von den Szeneaktivisten Teasy und Jörg vor sieben Jahren ins Leben gerufen wurde und ihren Ursprung in den "legendären Tanznächten im Kulturzentrum GEMS in Singen" hat, so verlautbart zumindest das Presseinfo. Als weit vom Schuss Ansässiger muss ich das akzeptieren und eigentlich ist es auch egal, was "Tanz der Nacht" einmal war, augenblicklich bewegt sich das Projekt in Richtung einer Booking Agentur. Soweit zu den Hintergründen der Compilation, kommen wir jedoch zur Musik. Die CD beginnt mit einer vollen Ladung Future Pop mit Namnambulu (Ist das ein Seitenprojekt von VNV Nation?), Eurocide (volle Kanne mit Brechstange), FAQ (ohne Gitarren ginge das auch als Synthiepop durch) und Blutzukker. Schön für Freunde dieser Musik, für mich eher eine Tortur. Als in den 80er Jahren Aufgewachsener bin ich zwar Synthie-Pop-sozialisiert aber ebenso ein innbrünstiger Feind der so genannten Dance-Kultur, des dauerhaften Stampf-Stampf, das nur mit einer schwachbrüstigen Keyboardmelodie verziert wird. Was haben "Club-Kracher" und "Dance Floor Filler" in der Schwarzen Szene zu suchen? Natürlich sind die Nummern nett zum Tanzen und auch der Untertitel der CD "U like To Dance (in unseliger MTv-Schreibweise) suggeriert die funktionelle Bestimmung dieses Tonträgers. Ich frage mich allerdings, ob in unserer Szene zur körperlichen Ertüchtigung einen zum "Future Pop" umfirmierten "Euro Pop" braucht mit den immer gleichen Sounds, penetranten Beats und Null-Aussagen. Das ist genau der von mir (und sicher auch vielen anderen) gehasste Szenemainstream zwischen Synthiemucke und Billigtechno mit scheelem Blick auf die Chartsnotierung, der sich immer mehr ausbreitet. Hier wird offensichtlich, dass die Szene ihre Wurzeln vergessen hat. Dass es auch anders geht, beweist Sara Noxx mit ihrer Anne Clark-Reminiszenz "Colder & Colder". Zweifler könnten behaupten, dass sich das Stück musikalisch nicht von den anfangs kritisierten unterscheidet und soundtechnisch mögen sie Recht haben. Den Unterschied macht aber der Vortrag. Während die Sänger von Eurocide, The Cascades und Metallspürhunde z.B. so rüberkommen, als hätten sie zu enge Schlüpfer an und intonieren infolgedessen mit gepresster Stimme ihre "ich bin böse"-Texte (ist das ein neuer Trend???), strahlt Sara Noxx' Gesang Wärme und Popappeal aus. Man könnte den charakteristischen Gegensatz einfach auf den Nenner "Glaubwürdigkeit" bringen. Hier wirkt nichts aufgesetzt oder gar peinlich, Künstler(in) und Kunst sind eins. Bei den Bands, wo das nicht so ist, frage ich mich allerdings, warum sie eigentlich Musik machen. Um Erfolg zu haben? Dann sollten sie ein Unternehmen gründen und irgendetwas Wichtiges herstellen. Weil sie ihr Instrument beherrschen? Dann können sie ja als Session-Musiker arbeiten. Um Groupies rumzukriegen? Das geht sicher auch anders…

Der vorliegende Sampler beantwortet meine Fragen nicht, denn ein Großteil der hier versammelten Stücke pendeln irgendwo zwischen einfallslos und nervend. Klanglich fallen aus dem schwarzen Einerlei neben Sara Noxx nur der sperrige "Der Eremit"-Titel (Subway To Sally, Letzte Instanz), das poppige "Râ" von Cell Division und das fast schon punkige "Monster" von Access Denied heraus. Die restlichen Titel sind kaum einer Erwähnung wert. Die Stücke von DIORAMA und den einstmals so innig geliebten DIARY OF DREAMS ändern diesen Eindruck nicht nachhaltig.

Titel:
1. Namnambulu - Memories 2. Eurocide - Jenseits der Leidenschaft 3. FAQ - The World Is Cold Enough 4. Blutzukker - Alldibah 5. Diary Of Dreams - Panik 6. Sara Noxx - Colder and colder 7. Metallspürhunde - Heute Nacht 8. Der Eremit - Lichtbringer 9. The Cascades - Ihr werdet sein 10. Cell Division - Râ 11. The Last Dance - Terrible Why 12. Access Denied - Monster 13. Dark Entries - Grosny 14. Diorama - A Few Days Off

 

zurück        nach oben