V.A. - Looking For Europe - The Neofolk-Compendium


"Looking For Europe" heißt das Standardwerk für Anhänger des Neofolks. Neben dem Buch gibt es die 4-CD-Compilation mit insgesamt über 50 Hörbeispielen, darunter eine ganze Menge echter Perlen.

CD 1 beginnt sehr schön mit den Veteranen des Genres bzw. mit den großen Idolen der ersten Generation. SCOTT WALKERS etwas schmalziger Song wird sicher manchen anfangs überraschen, doch nach Lektüre des Buches wird schnell klar, wie der Mann an diese exponierte Position kommt.
Im Einzelnen auf alle Titel einzugehen soll hier nicht Aufgabe sein. Der große Teil der Stücke rechtfertigt die Veröffentlichung auf dem Sampler (Ausnahmen s. CD 2). Neueinsteiger erhalten einen guten Überblick über das Genre, Kenner finden den einen oder anderen Leckerbissen, wie ein unveröffentlichtes Stück von BLOOD AXIS, eins von SONNE HAGAL usw. Das Compendium steckt dabei gut die verschiedenen Substile und verwandten Musikstile ab von Folk über Pop bis Klassik, präsentiert Künstler aus aller Herren Länder. Mit nur wenigen Ausnahmen (z.B. Current 93) ist alles vertreten, was Rang und Namen hat. Mal unabhängig von allen Zuordnungen enthält die CD-Zusammenstellung zahlreiche wirklich wunderschöne Stücke, die die Anschaffung auf jeden Fall lohnen, zumal sich der Preis für diesen Umfang in Grenzen hält. Wer also etwas über die Szene wissen will, sollte hier unbedingt zugreifen. Diese mpfehlung wird allein schon durch die aufwändige Aufmachung (ein kleines Brown Book - ein Schelm, wer Böses dabei denkt) und das umfangreiche Booklet gerechtfertigt.

Natürlich gibt es bei so viel Licht auch einigen Schatten. Das meiste weniger Erfreuliche findet sich auf CD 2 der Compilation. Das Anfangsstück von NICO ist noch eine angenehme Überraschung, doch dann beginnt Frau AGNIVOLOK zu leiern. Die Musik ist ja in Ordnung, wenn die Dame dazu nur nicht singen würde! Auch das darauf folgende SORROW-Stück muss ich trotz der Begeisterung für Rose McDowell als Ausfall bezeichnen. Übelster Bubblegum-Pop in entnervender Stimmlage, aber dafür war die Band ja bekannt. Die späteren Werke (z.B. mit Spell) stehen Rose wesentlich besser zu Gesicht.
Als nächstes folgt wieder ein Highlight - eine bisher unveröffentlichte Version von SOL INVICTUS Stück "Looking for Europe", das der Compilation ihren Namen gab. Dann wird's aber gruselig. Das fürchterliche ERNTE-Lied eröffnet den Reigen, es folgen HEKATE, ORPLID und FORSETI, auf die ich gut und gern hätte verzichten können. Immerhin sorgt HEKATE mit dem links-revolutionären "Trotz alledem" für einen Lichtblick im Kontext der Genre-typischen Texte. Gesanglich ist die Band trotzdem reichlich gewöhnungsbedürftig. DARKWOOD klingt dagegen unerwartet gut, mit ihrem Beitrag sind sie eindeutig die Erstplatzierten der Neofolk-Bundesliga. Dann geht es wieder international weiter mit dem fantastischen "The Miscarriage of Paradise" von ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO - ein absolut starkes Stück, nur leider viel zu kurz. Nach dem energetischen Synthie-Hit "Erinnerung" von KIRLIAN CAMREA folgt mit LEAKH ein durchschnittliches, folkiges Stück, das weder Begesiterungsstürme hervorruft, noch nervt. Den Abschluss der CD bilden LAIBACH mit ihrem Bombast-Elektro. "Predictions Of Fire" ist ein bisher unveröffentlichtes Stück, das sich mit seinem Stampf-Rhythmus aber ohne Problem in die Werke der letzten Zeit (Tanz mit Laibach) einreiht. Ein Brüller ist die Stöhnorgie jedoch nicht.
Wie bereits erwähnt, sind aus meiner Sicht vor allem die deutschen Beiträge Tiefpunkte der Compilation. Das mag daran liegen, dass ich die Texte unmittelbar verstehe und deshalb dem Ganzen kritischer gegenüberstehe als z.B. einem italienischen Beitrag. Auf der "Suche nach Europa" ist es, denke ich, legitim, die "eigenen" Künstler etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. So auch die deutschen/deutschsprachigen Beiträge auf CD 4. Der ALLERSEELEN-Titel "Tanz die Orange" ist zwar reichlich skurril aber eingängig. Das es sich bei dem Text um ein Gedicht von Rilke handelt, hätte ich nicht vermutet, vielmehr hätte mich nicht gewundert, wenn die abgefahrenen Zeilen auf Kadmons Mist gewachsen wären. So kann man sich täuschen. Ähnlich verhält es sich mit dem WALDTEUFEL-Beitrag. Auch hier liegt eine literarische Vorlage zugrunde, das daraus entstandene Stück wirkt nicht weniger "strange" als das vorhergehende. Schlecht sind deswegen beide jedoch nicht, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig. EMPYRIUM geben sich auf der Jagd nach den "Schwänen im Schilf" sehr liedhaft-klassisch, die Chöre wirken ein wenig verkitscht. Spätestens wenn der Gesang in Metal-Growls umschlägt, ist der Spaß dann vorbei. Das ist zwar typischer Empyrium-Stil, wirklich passend finde ich es aber nicht, macht es doch das an sich schöne Lied kaputt. Dies Natalis umgehen alle Probleme mit der eigenen Sprache, indem sie Englisch singen. Kein schlechtes Stück, auch wenn mir mein Sprachkenntnisse verraten, dass da wieder reichlich Pathos im Spiel ist. Aber das gehört ja dazu zum Neofolk.


Cd 1
1. Scott Walker - The Angels Of Ashes
2. The Strawbs - The Hangman And The Papist
3. Changes - Fire Of Life
4. Blood Axis - The Ride
5. Magnet - Willow's Song/Wicker Man Soundtrack
6. In Gowan Ring - The Wind That Cracks The Leaves
7. Thee Majesty/Genesis P. Orridge - Thee Little Black Boy
8. The Royal Family And The Poor Feat. Peter Hook - Voices
9. Paul Roland - Wyndham Hill
10. Death In June - Runes & Men
11. Ordo Equitum Solis - Playing With The Fire
12. T.A.C. - The End Of Day
13. Sieben - Love's Promise
14. Mother Destruction - Ride, Rune Ride

Cd 2
1. Nico - You Forget To Answer
2. Agnivolok - Henbane
3. Sorrow - Nomadic Man
4. Sol Invictus - Looking For Europe
5. Ernte - Stolze Herzen
6. Hekate - Trotz Alledem
7. Orplid - Stille
8. Forseti - Der Graue König
9. Darkwood - Der Falken Flug
10. Ordo Rosarius Equilibrio - The Miscarriage Of Paradise Regained
11. Kirlian Camera - Erinnerung
12. Leakh - Desire (You Know I'm Gonna Leave You Soon)
13. Laibach - Predictions Of Fire

Cd 3
1. Andrew King - Have You News Of My Boy Jack?
2. Test Department - Arddyledog Ganu
3. Camerata Mediolanense - Il Trionfo Di Bacco E Ariana
4. Argine - Lucente Anima
5. Ataraxia - Filava Maelis
6. Hagalaz Runedance - Hel - The Goddess Of The Underworld
7. Werkraum & Lady Morphia - Ornament
8. Sonne Hagal - The Blank Rune
9. :Of The Wand And The Moon: - My Devotion Will Never Fade
10. Der Blutharsch - Untitled
11. Gae Bolg - (Black) Sabbath
12. Regard Extreme - Résurgence
13. Scivias - Passion
14. Ain Soph - Uljanov
15. Boyd Rice & Friends/Non - Total War

Cd 4
1. Fire + Ice - Dragons In The Sunset
2. Lux Interna - Horizon
3. Romowe Rokoito - Weilawei
4. Ostara - Transsylvania
5. Allerseelen - Tanz Die Orange
6. Waldteufel - Wolfsstund
7. Tenhi - Kielo
8. Empyrium - Die Schwäne Im Schilf
9. Neun Welten - Valg
10. Dies Natalis - Angels Of Babylon
11. Shining Vril - The Stark Burns Out

 

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