Joris J. - Muslim Decadence / N.Strahl.N - Bewegungen (Split-CDR)

Eine Split-CD mit Titeln von zwei Künstlern, deren Beiträge in keinerlei Zusammenhang stehen. Das scheint ein neuer Trend zu sein, doch scheint mir dies - mal abgesehen von der ökologischen Sinnfälligkeit eigentlich verschenktes Potential zu sein. Wäre es nicht viel spannender, zu hören, was zwei Klangschöpfer aus dem gleichen Thema machen oder aus den Elaboraten des jeweils anderen? Nun gut, es ist halt, wie es ist, wollen wir dem Ganzen nicht allzu viel Beachtung schenken…


Den ersten Teil der CD bestreitet Joris J., der an dieser Stelle vor kurzem schon Beachtung fand. Das Werk wurde als "ausbaufähig" bezeichnet und eben darum bemüht sich der Berliner Künstler mit diesen Aufnahmen. Woran es liegt, ist mir nicht ganz klar aber es gibt schon so etwas wie einen typischen Joris J.-Sound, der mir in dieser Form auch noch nicht anderenorts untergekommen ist. Da sich die leicht veränderlichen, federnden Loops, aber durch viele Stücke ziehen, bleibt die Abwechslung ein wenig auf der Strecke. So ab Titel 5 wird es wesentlich chaotischer und damit interessanter, wenn auch weniger kompatibel für den Durchschnittshörer. Etwas krachresistent sollte man schon sein, will man die Stücke "unbeschadet" überstehen. "Cold Kadyne" geht mit seinem stoischen Rhythmus noch einmal eine ganz andere Richtung, bevor Joris J. wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrt.
Die programmatisch anvisierte Reminiszenz an Muslimgauze kann ich in keinem der Stücke feststellen, auch spielen orientalische Klänge im Allgemeinen keine Rolle. Rein mit ästhetischen Mitteln, sprich Sounds, ist es wahrscheinlich schwer möglich, das Thema "Muslim Decadence" umzusetzen. Hier hätte der gezielte Einsatz von Samples sicher mehr gebracht. Verstehen wir uns nicht falsch: Diese Veröffentlichung von Joris J. ist nicht schlecht, den hohen Anspruch kann sie jedoch meiner bescheidenen Meinung nach nicht einlösen.

Wie bereits erwähnt haben N.Strahl.N.'s mit denen seines Partners inhaltlich aber auch soundtechnisch nichts zu tun. Bekanntermaßen verwendet Mario Löhr sehr gern Field Recordings als Ausgangspunkt für seien Arbeiten und das tut er auch hier. Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass der Herr seine Sachen immer live aufnimmt. Selbstverständlich muss man auch das vorbereiten, Dilettantismus ist tödlich. So stelle ich mir eine Konzeptionsphase vor, an die dann die "konzertante" Umsetzung anschließt. Anders ist der typische Sound kaum zu erklären...
N.Strahl.N steht für abstrakte Musik, die trotzdem fließend in "Bewegung" ist und nicht abgehakt, gekünstelt wirkt. Variationen vollziehen sich langsam, häufig im Fluss kaum wahrnehmbar. Zu tragenden Loops gesellen sich das eine Mal pulsierende Sounds, das andere Mal Kratz- oder die typischen "Spannungs"-Geräusche. Das Ganze bewegt sich immer irgendwo im Spannungsfeld von Ambient und Noise und verlangt vom Hörer schon einigen guten Willen zur Beschäftigung, denn die Musik ist nie wirklich leicht "konsumierbar". Auf der anderen Seite ist die Klangkunst stets sehr flüchtig, denn wirklich hängen bleibt nach Ende der Musik nichts. Wie sollte es auch, ohne Melodie und Rhythmus. Stimmungen kann man halt nur beschreiben, nicht aber festhalten...

Insgesamt eine interessante CD, die des Aufhängers Muslimgauze nicht bedurft hätte.


Titel:
1. Joris J. - Enter The Grand Serail
2. Joris J. - Execution in The Rosegarden
3. Joris J. - Deathwish Of an Odalisque
4. Joris J. - Galante Conduite
5. Joris J. - Unknown Grandmother Of Abd al-Aziz ibn Soud
6. Joris J. - Mamluks Heartness
7. Joris J. - Mamluks Revenge
8. Joris J. - Cold Kadyne
9. Joris J. - Leave The Grand Serail
10. N.Strahl.N - Bewegungen I
11. N.Strahl.N - Bewegungen II
12. N.Strahl.N - Bewegungen III
13. N.Strahl.N - Bewegungen IV
14. N.Strahl.N - Bewegungen V

 

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