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Christian
Wolz - todaycom
(Vocalart)
"Das scheinbar
reale Leben auf dem Bildschirm wird zur neuen Kommunikations- und Erlebnisform
des 21. Jahrhunderts. Die Selbstinzenierung als Lebensinhalt ... Es scheint,
dass der Mensch sich seines Lebens ohne diese elektronischen Kontaktmedien
entledigen will ... um seiner Sterblichkeit zu entgehen" (Auszug aus dem
Promotext).
"todaycom"
ist ein Tanzstück, das Nobert Kliesch als Abschlußarbeit seines Choreographiestudiums
an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" inzeniert hat. Für
die musikalische Umsetzung des Werkes, dessen zentraler Inhalt die Wahrnehmung
des eigenen Körpers in der medialen Welt ist, konnte Kliesch den Avantgarde-Musiker
Christian Wolz gewinnen. Und der löst diese Aufgabe meisterlich.
Die "Schmerzarie" hat Christian Wolz einem breiteren Publikum bekannt
gemacht. Vergleiche zu Diamanda Galas ("Schrei X", "Plague Mass") wurden
gezogen, ging es doch Wolz ebenso wie Madame Galas darum, mit seiner Stimme
einen äquivalenten Ausdruck für Schmerz und Verzweiflung zu finden, diese
Empfindungen bis zu ihren Grenzen und ohne Kompromiss auszuloten. Das
kam weder dem Bedürfnis der meisten Mitmenschen nach Harmonie nach, noch
war das kommerziell. Mit "todaycom" geht Wolz seinen Zuhörern ein Stück
entgegen. Er verzichtet vollständig auf Dissonanzen, setzt vielmehr auf
eindringliche, meist elektronisch erzeugte Strukturen. Wolz' wichtigstes
Instrument bleibt jedoch seine Stimme: magisches Flüstern, orientalische
Gesangsmuster, Atemgeräusche. Vor allem durch diese unmittelbar menschliche
Ebene entsteht ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Trotz
des Titels "todaycom" wirkt Wolz' Musik nicht modern, vielmehr atavistisch,
einem schamanischen Ritual entnommen und entführt den Zuhörer in die ältesten,
noch immer unerforschten Bereiche seiner Psyche.
"todaycom" wird sicher niemals in den Diskos laufen, auch wenn die Musik
zum Tanzen geschrieben wurde. Das Werk verlangt nach Aufmerksamkeit und
Konzentration. Wer sich die Zeit dafür nimmt, bekommt mehr als nur eine
knappe Stunde gute Unterhaltung. Wo Diamanda Galas auf "Devine Punishment"
sich völlig vom Göttlichen löst, heilt Wolz mit seiner Musik ein kleines
Stück von der eigenen Zerissenheit. Was kann ein Künstler mehr erreichen?
Titel: 1. Spider
Net 2. Goliath 3. Fragmenton 4. Hilium Ex 5. Segretation 6. Fossalia Godnac
7. Rebirth 8. Nassun 9. Stories About
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