V.A. - Birds Of Prey (2CD-R, Mandarangan Recordings)

34 Titel von 30 Projekten - diese Doppel-CD hat den Mengenbonus auf ihrer Seite. Aber nicht nur den: Das musikalische Spektrum könnte kaum breiter sein. Von Synthiepop bis zum Industrial und Ambient ist so ziemlich alles vertreten, was den Liebhaber elektronischer Klänge anspricht. Geboten wird der hauptsächlich von unbekannten Projekten, Ausnahmen wie Xotox, Sikhara oder Big City Orchestra bestätigen die Regel.

CD1 beginnt mit einem typischen, von archaischen Trommelrhythmen getragenen Sikhara-Track, Stream Angel zeigen sich verträumt, melancholisch. Ihr Werk ist ein elektronisch unterstütztes Chorstück ganz ohne Worte. Longdreamed geben sich ebenso wie Ras.al.ghul und Xotox schleppend triphoppig, Epileptic türmen über ein "Nebengeräusch" seltsame Glockentöne. Aus dem reichhaltigen Angebot herausragend zeigt sich der klassisch-experimentelle Track von Fosc. Celloklänge, düstere Atmosphären, Chorgesang und eine finstere Stimme schaffen den perfekten Soundtrack für einen Mysteryfilm im Stile von Rosemary's Baby. Ganz eigentümlich kommt hingegen (der die das) KGB daher: ein flottes Liedchen, gespielt auf der heimischen Elektroorgel. Damit lässt sich jeder Familiennachmittag bereichern. Man könnte das Stück auch albern nennen. Ehi hingegen sind auf jeden Fall "seriös". Sie schaffen eine düster-ambiente Stimmung und überlagern diese mit hohen, flirrenden Tönen. Tool Of Man steuern ein leicht martialisches Synthiestück mit Midtempo-Rhythmus bei. Syndrom stellen sich mit einer noisigen Klangcollage mit verschiedensten Einsprengseln vor, von jazzig bis folkloristisch, deathsquad - übrigens nicht das fast gleichnamige Projekt von Michael Contrereas - mixen Break Core mit wirrem Noise. Insomnia langweilen hingegen mit einer schmerzhaft synthetischen Litanei, die eher nach Fingerübung denn nach durchkomponiertem Werk klingt. Big City Orchestra haben da schon wesentlich mehr drauf, ihr Beitrag ist treibend, intensiv, melancholisch, mit leicht orientalischem Einschlag. Von Karl Ray kommt ein experimentell-ambientes Stück, das mit selbst aufgenommenen Scheppersounds arbeitet, dem allerdings ein wenig die Höhepunkte fehlen. The Man With The Spiders In His Room halten sich extrem kurz, nach knapp anderthalb Minuten sind sie durch ihre kurzweilige Electronica-Miniatur gestürmt. Den Abschluss der CD bilden Clutter, die spacige Klänge ohne Ziel und Richtung zu Gehör bringen. Es klingt so, als lausche man in ein Science Fiction Labor, in dem eine seltsame Chemikalie blubbernd kocht, während sie mit synthetischen Glockentönen bestrahlt "wird". Sehr "strange", das Ganze.

CD 2 beginnt mit einem grausamen Synthiepopstück, wie es sich auch auf einer Ballermann-Kollektion zu finden sein könnte. One By One attackieren den Hörer mit einem simplen Ufftata-Ufftata-Rhythmus, der nachgerade den Griff zur Skip-Taste einfordert. Mykos schlagen zum Glück in eine andere Kerbe: Sie beginnen mit einem "bösen" Sample und hängen daran ein wenn auch vollsynthetisches so doch klanglich wesentlich ansprechenderes Stück, das sich teilweise dem Ambient zuordnen lässt aber durch dezente Rhythmen und recht simple Keyboardflächen angereichert wird. Aspect Worms liefern ein sehr skurriles Stück mit im Hintergrund zirpenden Grillen und simplen elektronischen Tonfolgen und Klavierakkorden ab, über denen ein hörbar unentspannter Mensch seinen inneren Monolog dem interessierten Hörer zugänglich macht. Das Ganze endet mit Balkanfolklore, die klingt, wie von Herrn Lavey auf seinem Vibraphon gespielt. Der Beitrag von Far From Mind besteht aus einer düstere, leicht jazzige Basslinie, die mit hohen Gitarrentönen kontrastiert, dazu gibt es sägeartige Geräusche. Auf CD 2 zeigen sich Toll Of The Man etwas rauer als sonst, die glatten Synthieklänge sind leicht angeschrägten Sounds gewichen, die über einen verlangsamten Break Core-Rhythmus liegen und gelegentlich mit elektronischen Bläsern akzentuiert werden. Die Grenzlandreiter lassen sich eindeutig mit dem Prädikat "experimentell" versehen, ihre Cut-Up-Kollage entzieht sich gängigen Vorstellungen von Melodie und Rhythmus. Von letzterem reichlich bieten One Eyed Cyclops, die in 50 Sekunden ihr Stück durchtrommeln. Zum Schlagwerk gibt es ein wenig verzerrte Gitarren und das war's schon. Wenige Zutaten benötigen Fuck The Facts, die Windgeräusche mit verspulten Klaviertönen vereinen. Gegen Ende wartet das sehr dunkle Ambientstück mit einem trippigen Rhythmus auf. One By One schlagen in eine andere Kerbe als am Anfang, sie zeigen sich hier musikalisch wesentlich abwechslungsreicher - dröhnender Bass, Gesang der Marke NIN, sich langsam ausbreitende Keyboardsounds, Wassergeräusche, heftige elktronische Drums, bretzelnde E-Gitarren - der Vergleich zu Meister Raznor drängt sich förmlich auf.
D-503 haben ihren Beitrag "Train" genannt und so klingt er auch, namlich so, als ob man einfach das Aufnahmegerät in eine Reparaturhalle für Züge gehalten hätte. Da schleift, krächzt und schmirgelt es, dass es eine wahre Freude ist. Als Geräuschkulisse OK, Musik ist das nicht wirklich. Seltsam verzerrt und kratzig präsentiert sich Zweitschuldners Stück als eine akustische Schussfahrt durch den Kosmos. Auch hier ist die Bewegung Alles, das Ziel nichts. Xotox zeigt sich da ein wenig konzentrierter - ein federnder Rhythmus bildet die Basis, dazu gesellen sich weitere, vor allem rhythmische Elemente. So recht tanzbar ist das Ganze jedoch nicht, dafür klingt es zu sehr nach Marsch. Bei @#@#! Geht es ein wenig "unmilitärischer" zu, für die gepflegte Körperbewegung ist das Stück mit verzerrten Gitarren jedoch etwas langsam, über ein Kopfnicken kommt der Hörer nicht hinaus. Trotzdem ganz nett das Stück und mit seinen Tempowechseln auch auf keinen Fall langweilig. Der zweite Beitrag von Big City Orchestra ist wesentlich experimenteller als der erste. Der Rhythmus ist kaum zu vernehmen, dafür jedoch das Gekratze und Gequietsche aus der Steckdose umso deutlicher. Mit der Zeit ändert sich das ein wenig. Ein recht simpler, kaum veränderlicher elektronischer Beat bestimmt zunehmend das Klangbild. Wesentlich harmonischer klingt es bei Onq, die mit einer ständig aufsteigenden und abfallenden romantischen Synthiemelodie dabei sind. Board At The House trommeln ziemlich entrückt auf elektronischem Gerät herum, höchstwahrscheinlich haben sie einen ordentlichen Halleffekt aufgelegt. Das Endresultat klingt dann so, als wenn man von Ferne der Zeremonie in einem Tempel lauschte. Den Abschluss bilden - wie passend - Exit, mit einem recht "poppigen" Stück, das ein wenig an Marylin Manson erinnert aber so, als ob man seine Musik durch eine Wand hindurch hörte.

Fazit: Der Riesenhit ist vielleicht nicht dabei, doch insgesamt ist "Birds Of Prey" eine sehr abwechslungsreiche Doppel-CD mit allerhand Schrägem und einigem ziemlich Bescheuerten. Ein wenig lästig ist, dass die CDs nicht auf jedem Player läuft. Irgendwann schalten sie sich einfach ab. Woran's liegt? Schwer zu sagen. Vielleicht würde das Label nicht perfekt draufgeklebt - obwohl es eigentlich ganz ordentlich aussieht oder beim Brennen ist was schief gegangen. Selbst das erneute Brennen der Tonträger wird zur Tortur, denn der Rechner stürzt ständig ab. Vielleicht ist das ja ein besonders raffinierter Kopierschutz, vielleicht aber auch nur ein Fehler…

Titel CD1:
1. Sikhara - Without Gravity
2. Stream Angel - The Forgotten Mind Captured
3. Longdreamed - Betrayal
4. Epileptic - Life Is A Cigarette
5. Fosc - Galacris
6. Ras.al.ghul - Ohmic
7. KGB - Rage Against The Sky
8. Ehi - Beyond The Sun's Rays
9. Tool Of The Man - e-ki=station
10. Xotox - Die Wiederkunft des Magiers
11. Syndrom - Tyrosinose Hepatorenale
12. Deathsquad - The Victim Mentality
13. Insomnia - Song Of Bienviedo
14. Big City Orchestra - Ub Of Pray
15. Karl Ray - Insomnia in NC
16. The Man With The Spider In His Room - Life
17. Clutter - Fluid


Titel CD2:
1. One By One - Fragile
2. Mykos - Atena
3. Aspersive Worm - Nightmare To Jessie
4. Far From Mind - Waterfall For My Anger
5. Tool Of The Man - Le Jouet Du Diable
6. Die Grenzlandreiter - Metal Children Song
7. One Eyed Cyclops - Untitled
8. Fuck The Facts - Crawl The Spine
9. One By One - Decisions
10. D-503 - Train
11. Zweitschuldner - You're Addicted To Her
12. Xotox - Des Verlies
13. @#@#! I Don't Want Any (Extra Life Mix 09)
14. Big City Orchestra - Ub Of Prey
15. Onq - Meditativo Cronologio 2000
16. Board At The House - Case Of The Mondays
17. Exit - Grains

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